Masochist, Talkmaster, Prediger: Hermes Phettberg wird 70
WIEN. Hermes Phettberg feiert heute seinen 70. Geburtstag: Der Aktionskünstler, Schauspieler und "Extrem-Neurotiker", der einst die "Nette Leit Show" moderierte, lebt sehr zurückgezogen.
"Eigentlich diskriminiert die Bibel uns LGBTIQys! Immerhin hat Gottvater den Menschen kreiert, und aus diesen Leuten erwuchs ihnen dann unter anderem das Jeansboyige", schreibt Hermes Phettberg jüngst in seiner "Falter"-Kolumne "Phettbergs Predigtdienst". Seine Sadomasochismus-Sehnsüchte könne er nicht mehr ausleben, beklagt er. "Ich kann eigentlich nur noch im Bett liegen und im Rollstuhl sitzen." Heute, Mittwoch wird der Extalkmaster 70 Jahre alt. "Meine Unattraktivität hat niemanden auf mich richtig geil gemacht. Und wo keine Geilheit ist, geschieht auch kein Echo", benannte Phettberg das Problem einmal im APA-Interview. Nach mehreren Schlaganfällen lebt Phettberg, der mit bürgerlichem Namen Josef Fenz heißt und sich selbst als "Elender" bezeichnet, zurückgezogen. Dafür wurde der "Extremneurotiker" in den letzten Jahren von mehreren jungen Bands entdeckt: Er wirkte zum Beispiel im Musikvideo "High Castle" der österreichischen Band Nancy Transit und in "Metropolis" der Hamburger Black-Metal-Band Fäulnis mit, die zum Drehen in seine Wohnung in Wien-Mariahilf kam. Auch von der Berliner Band Drangsal und von Dagobert und Band wurde er besucht. "Junge Bands scheinen mich zu mögen", so sich Phettberg.
Vom Bankangestellten zum Pastoralassistenten
Im Alltag braucht Phettberg Hilfe, aufgrund der Beeinträchtigung von Feinmotorik und Sprachvermögen selbst beim Schreiben. Dennoch erscheint im "Falter" nach wie vor "Phettbergs Predigtdienst", bis vor kurzem schrieb er auch für die Straßenzeitung "Augustin" die "Fisimatenten". Bis 2018 schrieb er auch täglich seine "Gestionsprotokolle", eine Art Internettagebuch. Als jährlicher Fixpunkt galt lange Zeit auch sein Auftritt auf der Regenbogenparade am Wiener Ring.
Geboren wurde Hermes Phettberg am 5. Oktober 1952 in Hollabrunn. Der Sohn von Weinbauern arbeitete zunächst als Bankangestellter, bevor er nach einer theologischen Fortbildung Pastoralassistent in der Erzdiözese Wien wurde. Mitte der 80er-Jahre war er Mitbegründer des Vereins "Libertine Sadomasochismusinitiative Wien" und des Projekts "Polymorph Perverse Klinik Wien". Öffentlich bekannt wurde er mit sadomasochistischen Kunstaktionen (wie seiner "Verfügungspermanenzen") gemeinsam mit Walter Reichl im Rahmen von "ErotiKreativ" im WUK.
Viele Leit in der "Nette Leit Show"
In der Theatergruppe "Sparverein Die Unz-Ertrennlichen" rund um Kurt Palm spielte er ab Anfang der 90er-Jahre verschiedene Rollen, seit 1992 schreibt Phettberg seine wöchentliche "Falter"-Kolumne. Eine Sammlung der "Falter"-Kolumnen erschien als Faksimile der Typoskripte unter dem Titel "Hundert Hennen. Katechesen 1992 - 2003".
In seiner Talkshow "Phettbergs Nette Leit Show" begrüßte er ab Ende 1994 verschiedene Prominente, darunter etwa Marcel Prawy, Hermann Nitsch, Manfred Deix oder Josef Hader. Gemeinsam mit Kurt Palm gab er 1996 das Buch "Frucade oder Eierlikör" mit Interviews und Monologen aus der Show heraus. 2003 und 2004 strahlte ATV die Sendung "Beichtphater Phettberg" aus.
Phettberg erhielt 1993 den Franz-Grillparzer-Preis der "Anonymen Aktionisten" und 2002 den Preis der Stadt Wien für Publizistik. Der damalige Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) nannte Phettberg damals einen "radikalen und subjektiven Beobachter des Wiener Alltagslebens", mit seiner "Nette Leit Show" habe er Kulturgeschichte geschrieben. 2007 widmete ihm sein alter Freund und Entdecker Kurt Palm den Dokumentarfilm "Hermes Phettberg, Elender", in dem die beiden das Leben der einstigen bunten Wiener Szenefigur im Zwiegespräch Revue passieren lassen.
Öffentliche Fesselungen und große Aufregung
Mit "Garten der Lüste", einer öffentlichen Fesselungsaktion im Rahmen der "Wienwoche" sorgte er 2012 für Aufregung, im selben Jahr erschien im Sensationsverlag das Künstlerbuch "Alles Erschreckliche! Ausgewählte Texte". Als im Sommer 2013 die mit dem Max-Ophüls-Preis 2012 ausgezeichnete Schwarz-Weiß-Doku "Der Papst ist kein Jeansboy" von Sobo Swobodnik über Phettbergs Alltag im Wiener Stadtkino an 28 Abenden gezeigt wurde, wohnte der Protagonist trotz Gehbehinderung jeder einzelnen Vorführung bei.
Aus den in diesem Zeitraum entstandenen Einträgen in sein "Gestionsprotokoll" machte Walter Fröhlich eine Graphic Novel: 2015 erschien "Blue Jeans. Der Phettberg-Comic" abseits des Buchmarktes, finanziert durch eine Crowdfundingaktion. Ebenfalls 2015 spielte Phettberg in dem Spielfilm "A Perception" des deutschen Regisseurs Daniel Pfander mit.
Ich wünsche ihm alles Gute - er tut mir leid. wie jeder Mensch, der leiden muss, ausser ganz bestialischen Typen. Die Sache mit dem Heinz Conrads hätte er sich allerdings sparen können, was hat das für einen Sinn gehabt, jemanden verstorbenen so anzupatzen, selbst wenn das wahr sein sollte.
einfach ein unappetitlicher Mensch!
Der Waraschitz Poldi und der Waluliso waren als Wiener Originale viel sympathischer.
Den hams auch wieder einmal aus der Versenkung geholt?
Da waren aber schon länger nicht in der Kirche,
in der Hermes wöchentlich amüsant predigt!
Vinzerl...
In so eine Kirche gehe ich nicht. Gottseidank kann ich sie mir aussuchen.
Die Nette Leit Show war wirklich eine gute Sendung, Phettbergs unkonventionelle Art hat viele Menschen aus der Reserve gelockt.
Gibt einiges davon auf Youtube
Vielleicht könnte Phettberg seinen Lieblingssender Radio Maria kontaktieren und eine Gebetsaufruf veröffentlichen: für eine Marienerscheinung bei Vladimir Putin. Die könnte letzterer ja dann als Erklärung nennen, warum er die Terrortruppen aus der Ukraine und sich selbst aus der Politik in ein unbekanntes Kloster zurückzieht.
Ob der Bedauernswerte auch etwas von den 157 Mio Euro Coronahilfen bekommen hat, wie andere Staatskünstler ?
Den gibt es noch?
Ja, warum denn nicht?
Sehr interessanter Artikel, ein wunderbarer Mensch, dessen große Bedeutung in der Gesamtheit des menschlichen Seins erst klarer erscheint
Die nette Leit Show war gut! Happy Birthday, Frucade oder Eierlikör! 💥
Irgendwie ein armer Mensch, der allerdings selbst nicht unschuldig ist an seiner Situation.
Jawohl und Fettberg schreibt man wie von mir geschrieben. smw(ien) irgend wie abartig