"Nicht umsetzbar": Österreich wird EU-Lieferkettengesetz nicht zustimmen
WIEN. Wirtschaftsminister Martin Kocher (VP) wird sich bei der am Freitag in Brüssel geplanten Abstimmung zum EU-Lieferkettengesetz enthalten. Das gab sein Büro gestern bekannt. Die Enthaltung kommt einer Ablehnung gleich.
Kurz zuvor hatten gestern noch die Grünen bei der ÖVP auf Zustimmung gedrängt. Kocher (VP) solle "endlich Farbe bekennen und sich zu diesem wichtigen europäischen Vorhaben erklären", hatte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Vormittag gefordert.
Die schwarze Enthaltung kommt nicht überraschend. Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer (VP) hatte wiederholt gefordert, dem Gesetz in dieser Form nicht zuzustimmen. Auch Oberösterreichs schwarz-blaue Landeskoalition hatte vor einem "enormen bürokratischen Aufwand" gewarnt (siehe auch untenstehender Artikel).
Dem schloss sich Kocher gestern an. Er unterstütze zwar die Ziele der Richtlinie. Der aktuelle Entwurf sei aber "nicht umsetzbar" und wirke sich "negativ für Unternehmen aus", begründete Kocher die Entscheidung.
Auch Deutschland enthält sich
Gewerkschaft, Arbeiterkammer und Umweltschützer sind für das EU-Vorhaben. Kein Verständnis für Kritik am Lieferkettengesetz zeigten gestern daher auch Oberösterreichs SPÖ und Grüne. Kochers Enthaltung im EU-Rat würde "Tür und Tor für Kinderarbeit öffnen und Umweltzerstörung zulassen", sagte Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne). Ein "Nein zum EU-Lieferkettengesetz heißt Ja zu Umweltzerstörung und Kinderarbeit", sagte Mario Haas, Europasprecher der Landes-SP.
Auch Deutschland wird – wie berichtet – nach Widerstand der FDP dem Lieferkettengesetz am Freitag in Brüssel nicht zustimmen.
Durch das europäische Lieferkettengesetz sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Auch die Einhaltung von Umweltstandards entlang der Lieferkette soll dadurch garantiert werden.
Die Kritik von Wirtschaftsseite richtet sich nicht gegen die grundsätzlichen Ziele des Lieferkettengesetzes. Man bekenne sich zu "mehr Nachhaltigkeit und Einhaltung sozialer Standards", sagte Wirtschaftskammer-Präsident Mahrer gestern. Aber: "Wer kann das garantieren?" Das seien "Regierungen und Handelsverträge". Das dürfe man nicht "in weiten Teilen den Betrieben umhängen".