Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Drohende Implosion in Äthiopien: Konflikt spitzt sich drastisch zu

Von nachrichten.at/apa, 07. November 2021, 17:22 Uhr
bilder_markus
Bild: (APA/AFP/EDUARDO SOTERAS)

ADDIS ABEBA / MEKELLE. Afrikas zweitgrößtes Land Äthiopien droht zu implodieren. Der Konflikt zwischen der Regierung und Rebellen aus der nördlichen Region Tigray erfasst wachsende Teile des Landes.

Die Konfliktparteien liefern sich immer härtere Gefechte. Hunderttausende sind bereits vor der Gewalt geflohen; etwa 400.000 Menschen sind akut vom Hungertod bedroht. Die Zivilbevölkerung beider Seiten wünscht sich vor allem eines: eine Rückkehr zum Frieden.

Hunderttausende zogen in von der Regierung organisierten Protesten am Sonntag in zahlreichen Städten des Landes friedlich durch die Straßen, um gegen die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) zu protestieren und der Armee ihre Unterstützung zu geloben. Die Regierung hatte vor einigen Tagen den Ausnahmezustand verhängt, der Ministerpräsident Abiy Ahmed eine Reihe von Sondervollmachten gibt. Zudem forderte er die Bevölkerung auf, gegen die Rebellen zu den Waffen zu greifen. Demonstranten riefen Slogans wie "Ich bin Schutzherr meines Landes" und "Die Junta (gemeint ist die TLPF) ist Äthiopiens Feind Nummer 1".

Der Druck auf Abiy wächst allerdings. Die TPLF steht nach eigenen Angaben weniger als 350 Kilometer vor der Hauptstadt. Am Freitag unterzeichneten neun äthiopische Oppositionsfraktionen in Washington ein Bündnis gegen Abiys Regierung. Man wolle den Ministerpräsidenten durch "Verhandlungen oder mit Gewalt" dazu bringen, eine Übergangsregierung zu bilden, hieß es. "Abiys Zeit läuft ab", sagte Berhane Gebrekristos, ein TPLF-Anführer und ehemaliger äthiopischer Botschafter in den USA (1992-2002). "Wir wollen dieser schrecklichen Situation in Äthiopien ein Ende setzen, die im Alleingang von der Regierung Abiys geschaffen wurde."

Abiy hatte vor einem Jahr eine Militäroffensive gegen die TPLF begonnen, die bis dahin in der nördlichen Region Tigray an der Macht war. Die TPLF dominierte Äthiopien mit seinen rund 115 Millionen Einwohnern gut 25 Jahre lang, bis Abiy 2018 an die Macht kam und sie verdrängte. Führende Mitglieder der äthiopischen Armee kamen aus Tigray und liefen zur TPLF über, wodurch die Rebellen sehr schnell große Erfolge erzielen konnten. Die gut ausgebildeten Kämpfer der Rebellengruppe sind praktisch seit Juli auf dem Vormarsch.

Die von der Regierung organisierten Proteste richteten sich auch gegen die internationale Gemeinschaft. Auf Plakaten war zu lesen: "Wir brauchen keine Einmischung aus dem Ausland". Der UNO-Sicherheitsrat hatte am Freitag ein Ende der Gewalt gefordert. Für die kommenden Tage, möglicherweise bereits Montag, hat der Sicherheitsrat eine weitere Sitzung anberaumt. Das mächtigste UNO-Gremium verlangt von den Konfliktparteien, einen Waffenstillstand auszuhandeln. "Auf hetzerische Hassreden und Aufstachelung zu Gewalt und Spaltung" müsse verzichtet werden.

Hunderte von Flüchtlingen aus den Konfliktregionen Tigray, Amhara and Afar trafen am Wochenende in der Hauptstadt Addis Abeba ein. Eine davon, Misganaw Abera, berichtete der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass sie während des mehrwöchigen Fußmarsches brutale Gewalt und Vergewaltigungen gesehen habe. Nun hofft sie auf Sicherheit in der Hauptstadt - doch fürchtet sie sich vor den Regierungssoldaten. Viele der aus Tigray stammenden Menschen sind in den vergangenen Tagen verhaftet und in Militärfahrzeugen aus der Stadt gefahren worden. Die Polizei bestätigte am Samstag, dass es eine "Aufräumaktion" gegeben habe.

Die Rebellen konnten sich inzwischen Zugang zu einer der wichtigsten Autobahnen im Land verschaffen und haben nach einigen Angaben die strategisch wichtigen Städte Dessie und Kobolcha unter ihre Kontrolle gebracht. Berichten zufolge sollen die Milizen auch versuchen, die wichtige Versorgungsroute vom Hafen im Nachbarland Dschibuti nach Addis Abeba zu kappen.

Die US-Botschaft in Addis Abeba zog US-Regierungsangestellte und ihre Familienangehörigen ab und riet US-Bürgern, das Land schnellstmöglich zu verlassen. Israels Außenministerium bestätigte am Sonntag, man habe angesichts der angespannten Lage mit der Evakuierung von Familien israelischer Diplomaten in Äthiopien begonnen.

Das österreichische Außenministerium warnt mittels partieller Reisewarnung auf seiner Homepage vor Reisen in und durch die Regionalstaaten Somali, Gambella, Tigray, Benishangul-Gumuz, Afar und Amhara. Verwiesen wird auch auf den über das ganze Staatsgebiet verhängten Ausnahmezustand. "Es wird allen AuslandsösterreicherInnen und Reisenden geraten, eine Auslandsregistrierung vorzunehmen."

Papst Franziskus zeigte sich besorgt über den eskalierenden Konflikt. Beim Mittagsgebet am Sonntag auf dem Petersplatz forderte er laut Kathpress alle Beteiligten zu Dialog und Frieden auf. Die anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Rebellen hätten zu einer "schweren humanitären Krise" mit vielen Opfern geführt, so das katholische Kirchenoberhaupt.

mehr aus Außenpolitik

Österreich gibt Gelder an UNO-Palästinenser-Hilfswerk wieder frei

AfD-Landtagsabgeordneter in Mecklenburg-Vorpommern angegriffen

Xi Jinping und Wladimir Putin – die Rollen "Koch und Kellner" sind klar verteilt

Israelisches Kriegskabinett vor Zerfall: Gantz stellt Ultimatum

Interessieren Sie sich für dieses Thema?

Mit einem Klick auf das “Merken”-Symbol fügen Sie ein Thema zu Ihrer Merkliste hinzu. Klicken Sie auf den Begriff, um alle Artikel zu einem Thema zu sehen.

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

6  Kommentare
6  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
2good4U (17.892 Kommentare)
am 08.11.2021 12:39

"Afrikas zweitgrößtes Land Äthiopien droht zu implodieren."

Und wie bitte implodiert ein Land?
Ich bin jetzt kein Physiker, aber ich glaube das ist nicht möglich.

lädt ...
melden
antworten
jamei (25.514 Kommentare)
am 08.11.2021 11:09

Aus dem Artikel:

"Abiy hatte vor einem Jahr eine Militäroffensive gegen die TPLF begonnen, die bis dahin in der nördlichen Region Tigray an der Macht war. Die TPLF dominierte Äthiopien mit seinen rund 115 Millionen Einwohnern gut 25 Jahre lang, bis Abiy 2018 an die Macht kam und sie verdrängte."

Und dieser ABIY ist Friedensnobelpreisträger 2019 weil ER

"„für seine Bemühungen um Frieden und internationale Zusammenarbeit und insbesondere für seine entschlossene Initiative zur Lösung des Grenzkonflikts mit dem benachbarten Eritrea“

Schon Irre - Säbelrassler der Unterschiedlichsten Länder werden in letzter Zeit immer öfters solche "Friedensnobelpreisträger" ......

lädt ...
melden
antworten
LASimon (11.507 Kommentare)
am 08.11.2021 12:37

Abiy hat in der Tat Frieden mit Eritrea geschaffen. Was dabei unterging, waren fortlaufende Kämpfe innerhalb Äthiopiens, die er nicht in den Griff bekam. Daher begann er letztes Jahr eine Offensive gegen die Rebellen aus Tigray, denen es um die Wiedererlangung der Macht über ganz Äthiopien geht. Dass sie mit dem Aufstand den wirtschaftlichen Aufschwung Äthiopiens in den letzten Jahren gefährden (Aufbau einer Textilindustrie durch Auslagerung aus CHN), scheint gleichgültig.

lädt ...
melden
antworten
fai1 (6.039 Kommentare)
am 07.11.2021 23:15

Ja und, wo ist das Problem? Österreich ist eh ein Einwanderungsland sagen die Gutis. Das werden wir doch für 1-2 Millionen Menschen von Äthiopien doch noch ein Platzerl haben.

lädt ...
melden
antworten
Lerchenfeld (5.195 Kommentare)
am 07.11.2021 18:17

Viele dieser EU Kasperln in Brüssel, wissen ja nicht einmal wo Äthiopien liegt, und das wird ein großes Problem.

lädt ...
melden
antworten
Allegra (445 Kommentare)
am 07.11.2021 18:41

Ich war öfter dort, aber der Unterschied zwischen Leuten aus Tigray und Amhara ist mir nach wie vor schleierhaft!

lädt ...
melden
antworten
Aktuelle Meldungen