"Gaza ist ein Friedhof für Kinder geworden"
JERUSALEm. Bei dem Hamas-Terrorüberfall am 7. Oktober auf Israel sind nach israelischen Armeeangaben mindestens 240 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden.
Darüber seien die Angehörigen informiert worden, teilte der Sprecher der israelischen Armee, Daniel Hagari, am Dienstag mit. Das Militär geht eigenen Angaben zufolge davon aus, dass die meisten der Geiseln noch am Leben sind. Zuvor hatte die Familie der Deutschen Shani Louk am Montag mitgeteilt, dass die junge Frau tot ist.
Darüber habe sie die israelische Armee informiert. Die Eltern waren zunächst davon ausgegangen, dass die 22-jährige nach dem Terrorüberfall verletzt, aber lebend in den Gazastreifen verschleppt worden war. Nach Militärangaben gelten seit dem Terrorüberfall immer noch 40 Menschen als vermisst. Wegen des schlimmen Zustands vieler Leichen ist auch die Identifikation noch nicht abgeschlossen.
Unterdessen trieb Israel nach eigenen Angaben die Bodeneinsätze im Gazastreifen voran. "Hunderte Ziele der mörderischen Hamas-Terrororganisation" seien bei "koordinierten Luft- und Bodenangriffen" attackiert worden, teilte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari am Dienstag mit. Dabei sei auch ein führender Kommandant des Terror-Überfalls im Süden Israels am 7. Oktober getötet worden.
Angaben zu den Standorten der Truppen oder einer Verstärkung der Einheiten machte er nicht. "Während wir sprechen, kämpfen unsere Soldaten auf dem Schlachtfeld, (...) beteiligen sich an heftigen Nahkämpfen, bei denen sie Terroristen beseitigen", sagte er. "Die kommenden Wochen werden Widerstandsfähigkeit und Geduld von uns allen verlangen", sagte er.
Israels Armee hatte am Wochenende eine neue Phase im Krieg gegen die im Gazastreifen herrschende Hamas eingeläutet. Neben massiven Luftangriffen weiteten die israelischen Truppen auch ihre Einsätze am Boden aus. Medienberichten zufolge sollen sie am Montag etwa drei Kilometer in den Gazastreifen vorgestoßen sein.
3450 Kinder getötet
Laut UNICEF wurden in Gaza bis dato 3.450 Kinder getötet. "Gaza ist ein Friedhof für Kinder geworden", sagte Sprecher James Elder am Dienstag während eines Briefings in Genf. Eine Quelle für die Zahl nannte er nicht. Ohne Lieferungen von Treibstoff, Medikamenten, Wasser und Lebensmitteln könnten die aktuellen Zahlen bald "nur die Spitze eines Eisbergs sein", so Elder weiter.
Treibstoff werde unter anderem gebraucht, um die Generatoren der Kliniken zu betreiben, Wasser aufbereiten zu können und für die Rettungsfahrzeuge, sagte ein WHO-Sprecher. Die UNO-Vertreter forderten erneut eine sofortige Waffenruhe.
Auch Kuwaits Kronprinz Sheikh Meshaal Jaber Al-Ahmad Al-Sabah forderte eine Feuerpause. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu lehnte eine solche im Krieg gegen die Hamas ab.
Nach Angaben von Augenzeugen das Privathaus wurde eines Hamas-Kommandanten im Westjordanland zerstört. Dabei handelt es sich um den Familiensitz von Saleh al-Aruri, ein im Exil lebender Anführer der Hamas-Kampfeinheiten in dem teilweise von Israel besetzten Gebiet. Vermutet wird, dass Aruri im Libanon lebt. Er ist Stellvertreter von Hamas-Chef Ismail Haniyeh. Aruri gehört zu den Führungsfunktionären der radikal-islamischen Organisation, die von Israel als Ziele für Vergeltung der Angriffe vom 7. Oktober benannt wurden. Nach Aussagen von Anwohnern war das Haus zum Zeitpunkt der Zerstörung unbewohnt. Die palästinensischen Gebiete des Westjordanlands werden von der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas kontrolliert, die Hamas versucht allerdings, auch dort stärker Fuß zu fassen.