"Der Tod ist dort einfach viel näher als sonst wo!"
BAUMGARTENBERG. Andrea Fellner ist seit sechs Jahren für Caritas-Projekte im Kongo, dem zweitärmsten Land der Welt, zuständig. Im Interview erzählt die Linzerin über die Gefahren, Ausbeutung und das Ebola-Virus.
Mitmenschen wichtiger nehmen als sich selbst und ihnen helfen. Dieser selbstlose Drang war es, der Andrea Fellner in jungen Jahren nach Indien und später in den Kongo verschlug. Die in Baumgartenberg aufgewachsene 38-Jährige ist seit 2010 Hilfskoordinatorin der Caritas, reist mehrmals jährlich ins Krisengebiet nach Afrika.
Frau Fellner, was sind die größten Herausforderungen Ihrer Arbeit im Kongo?
Einerseits das Klima. Der Organismus muss sich an die Temperaturen gewöhnen. Andererseits sind wir oft sehr lange unterwegs, weil es keine Straßen oder adäquate Transportwege gibt. Außerdem muss man sich eine Elefantenhaut zulegen, weil es so viele Situationen gibt, die einem Europäer fremd sind.
Welche zum Beispiel?
Menschen mit Behinderung werden in solch armen Ländern oft sehr unwürdig behandelt. Viele Kinder leiden an Unterernährung, obwohl es nur 25 Euro braucht und das Überleben wäre gesichert. Da denkt man sich schon oft, die Welt und die Verteilung der Ressourcen ist sehr ungerecht.
Eine Situation, die auch Auswirkung auf Ihre Arbeit vor Ort hat. Wie gefährlich sind Ihre Dienstreisen in den Kongo?
Unsere Projekte sind im West- und Südkongo, dort ist die Lage nicht so gefährlich wie im Osten. Ich kann mich relativ frei bewegen.
Welche Auswirkungen hatten die rasante Ausbreitung des Ebola-Virus auf die Entwicklung der Projekte und Ihre Arbeit?
Es ist in unserer Region vereinzelt zu einem Ausbruch von Ebola-Erkrankungen gekommen, aber dabei hat es sich nicht um den gleichen gefährlichen Typus wie in Westafrika gehandelt. Mich selbst hat es nicht betroffen.
Einige afrikanische Länder wie Äthiopien leiden derzeit unter einer extremen Dürre und Ernteausfällen. Wie ist die Lage im Kongo?
Der Kongo ist von der Dürre eher nicht betroffen. Hier leiden die Menschen eher unter den starken Überschwemmungen, die auch Menschenleben fordern. Auch eine mögliche Auswirkung des El-Nino. Nur dringen diese Informationen nicht bis nach Europa vor.
Themenwechsel. In der Vergangenheit wurde der Kongo wegen seiner Rohstoffvorkommen durch die Weißen extrem ausgebeutet. Wie sehr wird nun die Hilfe von den Europäern angenommen?
Die sehen das oft nicht so und wissen häufig gar nicht, was wirklich vorgefallen ist, weil die Bildung nicht so fortgeschritten ist. Wir versuchen das manchmal in Gesprächen zu erklären und wundern uns, dass sie die Europäer auf ein Podest stellen. Ich versuche dann Vergleiche herzustellen und vom Leben meiner Oma nach dem Krieg zu erzählen, die auch nichts hatte.
Die Mentalität der Afrikaner ist, von einen zum anderen Tag zu leben. Wie schwer ist es, den Menschen beizubringen, nachhaltig zu wirtschaften, um das Überleben zu sichern?
Wir sehen in unseren Landwirtschaftsprojekten, dass die Menschen oft bei null anfangen. Man merkt wirklich diesen Unterschied zu unserer Lebensform. Das hat auch damit zu tun, dass der Tod dort viel näher ist. Die Menschen nehmen diese Situation viel gelassener hin, als wir und haben trotz der schwierigen Umstände eine "Wir-schaffen-das"-Einstellung.
Die Kolonialzeit hat all die Länder ihrer Lebensstruktur/Kultur beraubt. Heute nenn sich das Kontinent überschreitende Freihandelsabkommen !
wie EPA, GAFTA, WTO oder die auf uns zukommenden TTIP/CETA
Fertilitätsrate: 6,01
Nur um es zu erwähnen.
Die Sterblichkeitsrate im Kindesalter ist wie hoch? Die Lebenserwartung?
Ein Datum alleine sagt nichts aus.
Ausser sie sind Politiker.