Alarm im Paradies
Ein Bio-Gut mit Rindern und Schweinen, seltenen Tierrassen und 600 Hektar Forst hat Eva Hofmann geschaffen. Ein bedrohtes Idyll.
Eva Hofmann wirkt in diesen Tagen ziemlich zerknirscht: Der Borkenkäfer zerstört großflächig ihre Fichtenwälder an Aschach und Donau, die sie erst vor fünf Jahren gekauft hat. Sie sitzt in ihrem prächtigen Forsthaus am Hörzingerwald in Natternbach (Bezirk Grieskirchen). Das ist der Stammbetrieb ihres Bio-Gutshofes mit Rindern und Schweinen, mit seltenen Tier- und Pflanzenarten und rund 750 Hektar Grund, davon rund 600 Wald.
Bäuerliche Gene
Wieso werkt die Industriellentochter, Erbin der Kirchdorfer Zementwerke, als Land- und Forstwirtin? Es ist offensichtlich nicht die Sehnsucht von Eliten nach dem Landleben. "Ich glaube, bei mir sind es die Gene", sagt die attraktive Mittfünfzigerin. Ururgroßvater Adolf Hofmann hat 1875 das Gut am Rande des Sauwalds gekauft und ein romantisches Forsthaus errichtet. Auch der Urgroßvater habe in seiner Kunstmühle in Linz bereits eine Landwirtschaft betrieben.
Als sie 18 Jahre alt war, brachen diese Gene durch. Seither führt sie das ursprünglich 360 Hektar große Anwesen. Und sie hat es zu einem stattlichen Betrieb ausgebaut. Mit hohem persönlichen und finanziellen Einsatz ließ sie die Gebäude sanieren bzw. erneuern. Sie stieg in die Tierhaltung ein, erwarb oder pachtete angrenzende Höfe, um mit den Weiden, Wiesen und Feldern eine eigene Futterbasis für ihr Vieh zu gewinnen.
Ökologische Ideale
2011 tat sie den größten Wachstumsschritt. Sie kaufte die Forstgüter Stauf und Donauleiten der Familie Dreihann-Holenia (Schloss Aschach) mit rund 400 Hektar. Sie wollte ein Ideal verwirklichen: eine ökologische Land- und Forstwirtschaft mit biologischer Vielfalt, mit artgerechter Tierhaltung.
Alles wirkt auf den ersten Blick gelungen. Das Paradies ist aber bedroht. Am schmerzhaftesten sei das Auseinanderklaffen von Traum und Wirklichkeit im Forst, sagt Eva Hofmann. Sie will statt Fichtenmonokulturen starke Mischbestände, mit Einzelstamm-entnahme, mit Naturverjüngung statt Aufforstung. Doch der massive Befall mit Borkenkäfern hat die Rückkehr zu Kahlschlägen erzwungen. Vor zwei Jahren seien sechs Hektar zerstörter Fichtenwald mit Eichen aufgeforstet worden. Alle Pflanzen seien verdorrt: "Es ist alles vertrocknet, alles hin."
"Das wäre das Ende"
Die Fichte sei ein Auslaufmodell. "Die können wir in den niedrigen Höhenlagen vergessen." Doch die vermeintlich starken Alternativen seien im Klimawandel auch in Gefahr: "Wenn die Tanne nicht aufgeht, dann wäre das das Ende", sagt Hofmann. Über der viel gepriesenen Douglasie stünden Fragezeichen, sagt ihre Tochter Maria Christina, die an der Universität für Bodenkultur in Wien Forstwirtschaft studiert: "Ohne Fichten geht der Borkenkäfer an Douglasien."
Der Wald wird zum finanziellen Grab, weil die angepriesenen Laubbäume nur schlechten Ertrag bringen. "Der Großteil ist nur als Hackgut geeignet", sagt Evas Partner Gerald Aichinger. Das hochwertige Bau- und Konstruktionsholz der Fichte, das vor 30 Jahren noch 1000 Schilling pro Festmeter gebracht habe, nehme die Sägewirtschaft höchstens noch um 45 Euro ab, sobald der Käfer da sei.
Geradezu ins Schwärmen kommt Eva Hofmann dagegen, wenn sie von ihren Tieren erzählt. Ihr Stolz sind die rund 120 Angus-Rinder, die am Rande des Hörzingerwalds weiden. Die Kälber werden im Gras geboren und bleiben bei den Müttern.
Im Tierparadies
Gestartet hatte sie mit der ebenfalls schottisch-stämmigen Rasse Galloway; aber die Angus brächten mehr Ertrag. "Ihr Fleisch ist unvergleichlich", sagt die Chefin. Außerdem hält sie mehr als 100 Wollschweine, die köstlichen Speck geben. Dazu kommen Schafe und Ziegen seltener Rassen, Sulmtaler Huhn und Cröllwitzer Pute. "Mich faszinieren vom Aussterben bedrohte Haustierrassen", sagt Hofmann. Da lohne es sich, zu arbeiten, denn diese Arten seien unwiederbringlich: "Ich sehe mich als Artensammlerin."
Sie pflanzt eine Vielzahl von Tomaten, und sie hat heuer 15 Sorten Erdäpfel gesetzt, vom Blauen Schweden bis zum Großen Tannenzapfen. Das Gut ist Sortenerhalter für "Arche Noah". "Mich begeistert die Geschmacksvielfalt. Vielfalt bedeutet mehr Arbeit, aber alles, was Arbeit macht, wird ja in der Lebensmittelproduktion heute weggezüchtet."
Der Klimawandel ist auch ein Alarmsignal in der Tierhaltung. Im Vorjahr waren wegen der Dürre Gras und Stroh knapp. Die Gutsfrau musste um 20.000 Euro nachkaufen. Ihre Tiere stehen im Stall ausschließlich auf Stroh. Ihre schärfste Kritik am Agrarsystem: "Erst bemühen sich die Bauern um die Tiere, dann werden die auf einen Lkw gepfercht und irgendwo getötet - ein Schock für die Lebewesen. Bei uns sind die Tiere hier geboren, und sie sterben hier. Das ist die Philosophie."
Getötet werde stressfrei. Anfangs erledigte das ein Fleischer aus der Umgebung. Dann wurde ein eigener, kleiner Schlachthof gebaut. Vertrieben wird das Fleisch ab Hof und in Bio-Läden. Hygieneauflagen und Kosten seien hoch, aber bei ihren ethischen Ansprüchen sei nur dieser Weg gangbar. Jedes Tier verdiene ein würdevolles Leben. Der Tod gehört für Eva Hofmann aber zum Leben dazu. Sie ist auch leidenschaftliche Jägerin.
Bio-Gut statt Karibik-Jacht
Tierhaltung sei die große Herausforderung im Agrarwesen: "Es gibt keinen freien Tag. Es muss gefüttert werden, kontrolliert werden. Es stehen Geburten an. Ein Tier verletzt sich. Die Wasserleitung fällt aus. Es ist wunderschön, die Tiere anzuschauen, aber es fordert." Unterstützt wird sie von Helfern des Maschinenrings. Wenn sie Sorgen und Mühen mit der Landwirtschaft beklage, werde sie gerne belächelt. Sie sei ja die Zementerbin: "Die hat es ja!" Ihr Partner schätzt ihr Engagement auf dem Lande: "Andere würden mit dem Geld in der Karibik auf ihrer Jacht liegen."
Tatsächlich investiere sie den Ertrag aus der Hofmann-Holding in Kirchdorf, in der sie Mehrheitseigentümerin ist, in ihr Gut, sagt Eva Hofmann. "Hätte ich das Geld nicht, würde ich sehr schlecht schlafen. Ich könnte die vielen Spompanadeln mit Stroh und hochwertigem Futter und Schlachthof und Blühstreifen nicht mehr machen." So gehe es sich halt "mit Ach und Krach" aus. Der Lohn sei das Leben mit der Natur.
Ob der Herr Wirtschaftsredakteur Lehner auch bei einem Biobauern in den Mittfünfzigern betonen würde, dass dieser "attraktiv" ist?
Journaille par excellence.
Ich wünsche der Frau viel Kraft und Ausdauer. In vielen jetzt sterbenden Fichtenwäldern ist der humuszustand katastrophal und Neupflanzungen von jeglichen Forstpflanzen ohne Bewässerung in niederschlagsarmen Jahren zum Scheitern verurteilt. Hier muss durch Pionierpflanzen und weitere Maßnahahmen zuerst eine einigermaßen gesunder Boden mit einer gesunden Krautschicht erzeugt werden. Diese Bracheflächen gehören gefördert und müssen vom Einheitswert abgezogen werden können.
Die Fehler der Vergangenheit den Ertrag pro ha Wald zu maximieren schlägt nun zurück.
https://www.umweltbuero-klagenfurt.at/sos/wp-content/uploads/Teilbericht%205c_Nutzungspotenziale_Wald_Schoerghuber_et_al_062011.pdf
Den Gewinn einzustreifen und wenn es eng wird die Steuerzahler zur Kasse zu rufen ist schlimmster Kapitalismus. Das Interesse vieler Waldbauern ist eben nicht nachhaltig. Aus der oben verlinkten Studie geht es ja klar hervor was Sache ist die Klmaveränderungen sind vorgeschoben um die eigenen Verfehlungen und der Vorfahren zuzudecken.
Wünsche dieser Frau viel Freude und auch kaufmännischen Erfolg. Ihre Arbeit mit der Natur ist eine Kompensation der schlechten Umweltbilanz des Betriebes aus dem sie kommt. Das ist sehr lobenswert.
Vielleicht bin ich einfach zu blöd, aber ich verstehe weder den Sinn noch die Aussage dieses Artikels.
Vielleicht!
"Ohne Fichten geht der Borkenkäfer an Douglasien."
"Der Wald wird zum finanziellen Grab, weil die angepriesenen Laubbäume nur schlechten Ertrag bringen. "
Genau so ist es.
Auch wenn es die besonders gebildeten Urbanumweltfreunde nicht glauben wollen.
Im ausführlichen Bericht fehlen drei wesentliche Fakten:
1. Der 2011 gekaufte Wald von der Fam. Dreihann hat keine besonderen Kosten verursacht, weil es sich teilweise um ein Naturreservat (Natura 2000) handelt und ein 99-jähriger Nutzungsverzicht entschädigt wurde,
2. vom verlorenen Gerichtsverfahren wegen des abgesperrten Wanderweges von St. Agatha zur Ruine Stauf wurde nichts erwähnt und
3. von der üblen Safarijagt (auf Youtube) einsehbar wäre ebenfalls zu berichten gewesen . Passt überhaupt nicht zu dem tierfreundlichen Bericht.