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Hochsicherheits-Camp statt Hörsaal

Von Martin Dunst, 11. Mai 2013, 00:04 Uhr
Hochsicherheits-Camp statt Hörsaal
Oskar Lehner feiert heuer ein Jubiläum: 20 Jahre internationaler Dienst.

Wahl-Mission in explosivem und mittelalterlichem Umfeld – Alltag eines Linzers in Afghanistan.

„Wir arbeiten unter anderem mit Beamten des Justizministeriums in Kabul zusammen, helfen beim Verfassen eines Wahlgesetzes, beim Entwerfen der Stimmzettel und versuchen sicherzustellen, dass Frauen von ihrem Wahlrecht auch tatsächlich Gebrauch machen können.“ Erfahrung in all diesen Belangen hat der promovierte Jurist genügend: er bestritt unter anderem UN-Missionen in Ruanda, Bosnien, Tansania oder Kirgisistan. „Im internationalen Einsatz muss man eine viel größere Bandbreite an Fähigkeiten abrufen, als das an der Uni der Fall war.“

2014 wird zum Schlüsseljahr für Afghanistan. Es wird ein Nachfolger von Präsident Hamid Karzai gewählt, die NATO-Truppen ziehen sich zurück, die finanzielle Hilfe von außen wird drastisch reduziert werden. Schon jetzt stehen die Zeichen auf Sturm. Während die Oberbefehlshaber der Nordatlantikpakt-Staaten davon sprechen, dass die radikalen Taliban besiegt seien, der Militäreinsatz beendet werden könne, kündigen die Taliban ihrerseits eine Frühjahrsoffensive an und behaupten, dass die feindlichen Kreuzritter überwunden wären und die Flucht ergreifen würden. Das Ergebnis ist blutig. „Zwei bis drei Anschläge pro Woche in Kabul sind traurige Realität“, schildert Lehner. Der Linzer fürchtet nicht um sein Leben. „Die UN legt hohen Wert auf Sicherheit, ich weiß, dass ich nicht einfach durch Kabul spazieren kann.“

Die Taliban gegen die USA und ihre Verbündeten, das ist brutaler Guerilla-Krieg: Sprengfallen gegen Drohnen. Selbstmordattentäter gegen eine technisch hochgerüstete Armee. „Die militärische Intervention unter Führung der Vereinigten Staaten muss als gescheitert angesehen werden, die Taliban haben heute mehr Einfluss im Land als vor drei Jahren“, stellt Lehner fest.

Viele Afghanen sind vom Westen enttäuscht, stellen die Frage, was ihnen mittlerweile 13 Jahre internationale Intervention gebracht hätten. Den Amerikanern wirft man vor, Afghanistan nach dem Abzug der Sowjets 1989 sich selbst überlassen zu haben, das hatte einen Bürgerkrieg zur Folge. Obwohl die Staatengemeinschaft viel Geld in das Land am Hindukusch pumpt, ist von wirtschaftlichem Aufschwung wenig zu spüren. „Es ist zudem auch nicht gelungen, unabhängige Richter bis in die Dörfer zu bringen. Die Taliban füllen in ihren Gebieten diesen rechtsfreien Raum mit ihren Mullahs aus“, sagt Lehner. Die Leute würden denken: Die Taliban sind zwar schlimm, aber zumindest gibt es keine Verbrechen.

Exportschlager Opium

Die Taliban beschützen außerdem die Opiumbauern, verdienen am Drogenhandel kräftig mit. „Heuer werden die Bauern wieder eine Rekordernte einfahren, Opium ist mit Abstand das wichtigste Ausfuhrprodukt des Landes.“ Die Staatengemeinschaft muss bei dem blühenden Geschäft hilflos zusehen. „Es wäre ein Leichtes, die Mohnfelder aus der Luft abzufackeln, doch dann stünden die Taliban wie die Robin Hoods der kleinen Bauern da.“

In diesem komplexen Umfeld demokratische, faire Wahlen abzuhalten, scheint unmöglich. Dennoch kämpfen Lehner und sein Team darum, genau das zu ermöglichen. Eine Sisyphusaufgabe – nicht zuletzt deshalb, weil Afghanistan ein sehr traditionelles Land ist, dessen ländliche Gesellschaft Parallelen mit jener im deutschsprachigen Raum des Frühmittelalters aufweist.

Frauen werden behandelt wie Tiere

Noch mehr als der Islam zählt in vielen Landstrichen das Stammesrecht. Der „Paschtunwali“, eine Art Verhaltenskodex, ähnlich dem mittelalterlichen Sachsenspiegel, regelt das Zusammenleben. Die Ehre steht über allem. Um verloren geglaubte Ehre wiederherzustellen, werden noch heute in Afghanistan Mädchen zwangsverheiratet, Schulden mit dem Verkauf von Kindern beglichen. „Afghanistan hat aber internationale Konventionen – zum Beispiel den Schutz von Frauenrechten – unterschrieben. Die UNO pocht auf das Einhalten dieser Verträge, leitet daraus auch ihr Mandat ab. Die UN versteht sich in Afghanistan nicht als verlängerter Arm des Westens.“ Dennoch müssen die zivilen Blauhelme in einem Camp hinter Stacheldraht und bewacht von Soldaten leben.

„Hinter diesem Zaun trifft sich die ganze Welt. Einsamkeit ist im UN-Camp ein Fremdwort. In so einem Lager leben Menschen aus 20 Nationen zusammen.“ Da gehe es zu wie in einem Studentenheim, brauche es ein hohes Maß an Toleranz. „Aber alle Kollegen ziehen an einem Strang, haben das gemeinsame Ziel – reguläre Wahlen zu ermöglichen – im Blick.“ Das schweiße zusammen. „Dieses gemeinsame Ziel aller habe ich an der Uni immer vermisst.“

Ob Bürgerkrieg oder Besserung – was die Wahlen bringen werden, wagt Lehner nicht vorherzusagen. „Noch zeichnet sich kein Kandidat ab, der zur Integrationsfigur für alle Volksgruppen werden könnte.“ 42 Tage am Stück arbeitet der Linzer in Afghanistan. Dann geht es für 14 Tage heim nach Oberösterreich. „Nach dem Kofferauspacken habe ich mich sofort aufs Rad gesetzt. Ich wollte Grün sehen, frische Luft atmen, mich frei bewegen.“

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