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Die Männer mit der eisernen Maske

Von Von Marlies Czerny, 10. Oktober 2009, 00:04 Uhr
Die Männer mit der eisernen Maske
Zwischen Schwimm- und Laufstrecke: Vucko, Jürgen, Roman und Ain-Alar (von vorne) Bild: czm

Der legendäre Ironman auf Hawaii lässt heute beinharte Triathleten flehen, sie wären nie ins Südsee-Paradies gereist. Die OÖN besuchten in Kailua-Kona vier Sportler, die ihre Maske ablegten und aus der Welt ihrer Leiden und Leidenschaften erzählten.

Gerade war im Strandcafé „Lava Java“ im Ironman-Ort Kailua-Kona die Welt noch in Ordnung. Der Macadamia-Nusskuchen lacht aus der Vitrine, auf dem Pazifik spielen sich Surfer mit den Wellen und auf der Küstenstraße Alii Drive dazwischen laufen unter Palmen durchtrainierte und braungebrannte Triathleten vorbei.

Der Kaffee aus den lokalen Röstereien auf Big-Island schmeckt süß. Bitter hingegen wird es langsam für die vier Sportler, die den Countdown zu einem der brutalsten Rennen der Welt zählen. Wenige Tage vor der Ironman-WM liegt Anspannung in der feucht-heißen Luft. Noch treiben Ain-Alar Juhanson, Stephan Vuckovic, Jürgen Stilgenbauer und Michael Weiß Späßchen im Strandcafé. Bald werden sie neun Stunden lang schwimmen (3,86 Kilometer), radeln (180 km) und laufen (42,195 km).

Tsunami, na und?

Plötzlich tragen die Mumuku-Winde eine Nachricht an den Pier der größten Hawaii-Insel: Erdbeben und Tsunami auf Somalia, denen ein Beben noch größeren Ausmaßes auf Sumatra folgen sollte. Hunderte Tote, mehr als tausend werden befürchtet. Sofort sperren Security-Männer die Strände in Kailua-Kona und verscheuchen die Badegäste. „Was soll ma tun?“, fragt der niederösterreichische Neuankömmling Michi Weiß in die illustre Runde.

Nichts. Abwarten. Kaffee trinken.

Vielleicht sind die Ironmen abgestumpft. Das ist durchaus nachvollziehbar, wenn sie ihre Maske ablegen und ihre prägenden Geschichten erzählen.

Ain-Alar Juhanson, der im Vorjahr unter den 1800 Ironmen die schnellste Radzeit gefahren war, schaut aufs Meer. Sein Blick streift über das Kreuzfahrtschiff „Rhapsody of the Seas“, das eine Sprintdistanz weiter ankert. Das Schiff muss etwa doppelt so groß sein wie die Estonia damals. Die Hochseefähre ist vor 15 Jahren im Baltischen Meer gesunken. Ain-Alar hat überlebt – als einer von wenigen Passagieren.

Auf der Radstrecke, die 180 Kilometer lang durch brütend heiße Lavafelder führt, wird der Blick Ain-Alars spätestens auf dem Alii Drive ins Meer ein- und mit der alten Erinnerung auftauchen. Seine beiden Triathlon-Freunde Jaan Pehk und Kristian Raiend sind beim Estonia-Untergang – wie 850 andere Menschen – gestorben. „Ich möchte Ironman-Weltmeister werden“, sagt der Este. „Und ich möchte die unerfüllten Träume meiner toten Freunde erfüllen.“

Das Sterben in der Lava

Der Ironman findet üblicherweise an jenem Samstag im Oktober statt, der am nächsten zum Vollmond liegt. Damit die Athleten, die für ihr Rennen eine halbe Nachtschicht einlegen müssen, noch gute Lichtverhältnisse haben. Der Deutsche Stephan Vuckovic dürfte bei Tageslicht ankommen. Er ist der Olympia-Silbermedaillengewinner von Sydney. Seine Glatze glänzt in der Sonne. Körperbehaarung hat er keine. „Frauen beneiden mich darum“, sagt er und lacht. Der Neid verflüchtigt sich, wenn „Vucko“ den Grund für seine Windschlüpfrigkeit preisgibt. Er hat die Legionärskrankheit, eine Infektionskrankheit mit einer Sterberate von bis zu 20 Prozent.

Wenn Vucko vom „großen Sterben“ spricht, dann meint er den Ironman. „Nach dem Rad-Wendepunkt bei Hawi beginnt es“, sagt er und beschreibt die Qualen auf der Landstraße durch die Lava-Landschaft: „Diese Einsamkeit, der Wind, der flimmernde Asphalt. Extrem.“ Große Kämpfe hat er auch mit dem Meer ausgefochten – mit den Wellen, mit den Hunderten anderen Startern, die in der Hitze des Gefechts Hand- und Fußtritte austeilen. 2006 musste Vucko aus dem Wasser gerettet werden, weil sein Magen mit dem verschluckten Salzwasser nicht mehr zurande kam.

Hang loose!

Einer, der sich selbst wundert, im Strandcafé unter den Weltklasse-Triathleten zu sitzen, ist der Deutsche Jürgen Stilgenbauer. „Meine Ärzte haben zu mir gesagt, ich würde nie Kinder bekommen können, an Sport sei überhaupt nicht zu denken.“ Nach einem Motorradunfall musste ihm die Milz entfernt werden. Dennoch irrten die Ärzte mit ihrer Prognose. Stilgenbauer tourt mit seinem Perchtoldsdorfer Manager-Freund Roman Kratochvil von Ironman zu Ironman und will auf Hawaii explodieren wie die Vulkane manchmal oberhalb Big Islands: „Ganz klar. Ich will Weltmeister werden!“

Zur Erholung ist Michael Weiß nicht auf Hawaii. Obwohl: Pumperlg’sund schaut der 28-Jährige aus Gumpoldskirchen nicht aus. Sitzt man ihm gegenüber, erkennt man die schiefe Nase, die lädierten Ellbogen und die Knie, die lange Narben tragen. Als sich der Mountainbike-Europameister 2007 fast den Kiefer zertrümmert hatte, fand er keine Antwort auf die Frage: „Warum tu ich mir das alles an?“ Er wechselte zum Triathlon. Ob das gesünder ist? Weiß kennt Schauergeschichten. Zur Akklimatisation an die Hawaii-Hitze trainierte er zwei Wochen lang in San Diego. Dort wurde vor zwei Jahren ein Triathlet von einem Hai gefressen. „Der war ausgerechnet Tierarzt“, erzählt Weiß.

Es sind die Geschichten, die dem Ironman den Mythos verleihen und erklären, warum sich die Athleten gegenseitig wünschen: „Hang loose“ – „Bleib locker“.

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