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Aufstände in Frankreich: Die wichtigsten Ereignisse im Überblick

Von nachrichten.at, 06. Juli 2023, 10:30 Uhr
Schwere Unruhen in Frankreich
Bild: PHILIPPE LOPEZ (AFP)

PARIS. Frankreich kommt nach dem Tod des 17-Jährigen Nahel nicht zur Ruhe. Wie sich die Situation aktuell entwickelt und was hinter den Aufständen steckt, zeigt die folgende Chronologie.

Bei den jüngsten Ausschreitungen in Frankreich kam es zu massiven Brandanschlägen, Plünderungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Randalierern und der Polizei in mehreren Großstädten. Insgesamt wurden dabei 3500 Menschen verhaftet und 648 Polizisten und Feuerwehrleute verletzt. Bei den Aufständen beschädigten die Demonstranten außerdem 1.100 Gebäude und 200 Polizeiwachen im ganzen Land. 
Eine Chronologie zu den Ereignissen der vergangenen Tage hilft, den Überblick zu behalten. 

Donnerstag, 6. Juli: 

Marine prüft Vorfälle mit maskierten Soldaten 

Bildmaterial der Lokalzeitung "Le Telegramme" vom vergangenen Freitag verschafft Frankreich neue Probleme: Dieses zeigt Gruppierungen von Soldaten, die  während einer Ausschreitung im westfranzösischen Lorient  als "Gegen-Randalierer" in Zivil  die Protestanten angriffen.  Auf den Bildern ist zu erkennen, wie die Soldaten maskiert und in Kapuzenpullovern auf die Randalierer einschlugen. 
Die in Lorient stationierte Einheit "Forfusco" beauftragte nun die französische Marine, die vorliegenden Berichte über die Soldaten zu prüfen. Bis zum Vorliegen der Ergebnisse lehne man eine Stellungnahme ab, so das Verteidigungsministerium. 
Laut einem Medienbericht erklärte ein Polizist, dass die Beamten in Lorient die "Gegen-Randalierer" bewusst in den Tumult eingriffen ließen. Seiner Aussage zufolge dachte die Polizei, dass "die 'Gegen-Randalierer' ihnen geholfen hätten". Die Beamte hätten erst später festgestellt, dass die Gruppierung "zu hart" gegen die Demonstranten vorging. 
Trotz des  gewalttätigen Vorgehens  könnten ohne eine rechtliche Beschwerde oder "konkrete oder objektive Beweise" keine Ermittlungen gegen die Gruppierung eingeleitet werden,  so Stéphane Kellenberger,  Staatsanwalt von Lorient. 

Mittwoch, 5. Juli: 

Entspannung in Sicht 

 Laut dem französischen Innenministerium  hat sich die Lage bereits etwas beruhigt. Vergangene Nacht gab es nur wenige Festnahmen und Brandanschläge, außerdem keine verletzten Polizisten. Die Priorität der Regierung sei jetzt, schnellstmöglich Hilfe für die betroffenen Geschäfte und Kommunen bereitzustellen. Insbesondere  Beschädigungen  an der öffentlichen Infrastruktur wie an Schulen oder Rathäusern sollen rasch behoben werden, so der französische Präsident Emmanuel Macron. 
Die Händler wolle man ebenfalls unterstützen: Der Sommerschlussverkauf wurde bereits um eine Woche verlängert, damit diese ihre Umsätze nachholen können.
In der Tourismusbranche ist man zuversichtlich: Wirtschaftsminister Bruno Le Maire versicherte, dass "Frankreich  eines der beliebtesten Reiseziele der Welt bleiben würde". 

Dienstag, 4. Juli: 

Umstrittene Spendenaktion

Jean Messiha, der ehemalige Pressesprecher des rechtsextremen Politikers Éric Zemmour, beendete die umstrittene Spendenaktion für die Familie des Polizisten Florian M., der eine Woche zuvor den 17-Jährigen Nahel in Nanterre getötet hatte. 
Messiha, der diese Aktion selbst ins Leben gerufen hatte, ist für seine radikalen Ansichten bekannt, und schrieb auf der Plattform "GoFundMe", dass er Spenden für einen Polizisten sammle, "der seine Arbeit gemacht hat und nun dafür einen hohen Preis zahlt".
Innerhalb weniger Tage erwarb Messiha dadurch  bis zu 1,5 Mio. Euro. Im Vergleich dazu erreichte eine Spendenaktion zur Unterstützung von Nahels Familie bisher weniger als 200.000 Euro. 

300 Kilo Feuerwerkskörper 

Seit Beginn der Aufstände führt Frankreich verschärfte Verkehrskontrollen durch,  um weitere, gewalttätige Proteste durch den Einsatz von Pyrotechnik zu verhindern. In der Nacht auf Dienstag beschlagnahmte die Polizei 300 Kilogramm Feuerwerkskörper in einem Kleintransporter im 18. Arrondissement und nahm anschließend drei Personen fest. 
Neuerdings verstärkte Nordfrankreich  vor allem die Grenzkontrollen zu Belgien, um die Einfuhr und den Abschuss von Böllern bestmöglich einzuschränken. In ganz Frankreich gilt bis Mitte Juli ein Verbot,  Feuerwerkskörper und Benzinkanister mit sich zu führen. 

Verurteilung im Schnellverfahren

Premierministerin Élisabeth Borne traf sich diesen Dienstag mit den Fraktionsvorsitzenden der beiden Parlamentskammern, um über den Umgang mit den Randalierern zu beraten. Während des Treffens wurden bereits einige Verurteilungen im Schnellverfahren durchgeführt. Viele schuldig gesprochene Personen wurden  zu Haftstrafen mit elektronischer Fußfessel verurteilt.
Für minderjährige Demonstranten, die Straftaten begangen hatten, sollen die Eltern demnächst eine Geldstrafe zahlen und Schulungen zur elterlichen Verantwortung  absolvieren, so die Premierministerin. 

Macron versprach "grundlegende Antworten" 

Bei seinem Treffen mit den 241 Bürgermeistern der Städte, die am stärksten von den Krawallen betroffen waren, versprach der französische Präsident Emmanuel Macron "grundlegende Antworten" auf den Umgang mit den Unruhen zu liefern.  Er erwog unter anderem eine Blockade sozialer Netzwerke, um zu verhindern, dass die Randalierer diese zur Planung von gewaltvollen Versammlungen oder Tötungsversuchen nutzen.  Allerdings betonte Macron, dass man über diesen Schritt noch in Ruhe nachdenken müsse. 

Montag, 3. Juli: 

Aussage des 14-jährigen Zeugen

Am Montagabend veröffentlichte "Le Parisien" die Aussage des 14-Jährigen, der sich als zweiter Zeuge bei der Tötung des 17-Jährigen Nahel mit diesem im Auto befand. Laut dessen Angaben wollte ihn Nahel zu einer Schulprüfung fahren, als sie plötzlich die Polizei aufhielt. Nahel habe den Aufforderungen der Polizei, den Wagen anzuhalten, nicht Folge geleistet und sei weitergefahren. Als kurz darauf der Verkehr ins Stocken gekommen sein soll,  sollen die Polizisten den Wagen eingeholt und ihre Waffen auf Nahel gerichtet haben. Einer der Beamten habe gedroht, Nahel in den Kopf zu schießen, woraufhin dieser mit dem Fuß von der Bremse des Automatik-Wagens gerutscht und ein Stück nach vorne gefahren sei. Daraufhin soll einer der Polizisten den anderen  zum Schießen aufgefordert haben. 
 "Der ist verrückt, der hat geschossen", soll der 17-Jährige gesagt haben, bevor er in sich zusammengesackt und mit dem Auto in eine Absperrung gefahren sein soll . 
Ob diese Aussage stimmt, lässt sich nur schwer beweisen: In den Videos, die die ganze Situation zeigen, ist die Konversation zwischen den Jungen und den Polizisten akustisch schwer verständlich. 

Bildergalerie: Schwere Unruhen in Frankreich

Schwere Unruhen in Frankreich
Schwere Unruhen in Frankreich (Foto: ALAIN JOCARD (AFP)) Bild 1/57
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Sonntag, 2. Juli: 

Feuerwehrmann stirbt bei Tumulten

Während der Proteste verstirbt ein 24-jähriger Feuerwehrmann in der Nacht von Sonntag auf Montag in dem Pariser Vorort Saint-Denis, als er gerade brennende Fahrzeuge in einer Tiefgarage löschen wollte. Trotz der Rettungsversuche seiner Mannschaftskameraden, kam für ihn jede Hilfe zu spät. 
Auch im Rest des Landes kam es in dieser Nacht zu massiven Ausschreitungen: Vor allem in Lyon kämpfte die Polizei mit Tränengas gegen eine rechtsextreme Gruppierung. 

Großmutter von Nahel sendet Botschaft 

Am selben Tag wandte sich die Großmutter des 17-Jährigen mit einer Botschaft an die Randalierer. Dabei betonte sie vor allem ihren Wunsch nach einem Ende der Ausschreitungen.  Die Menschen würde ihren Enkel  nur "als Vorwand" nehmen, um zu randalieren. Sie sei zwar wütend auf den Polizisten, der Nahel getötet hatte, verallgemeinere deswegen aber nicht, so die Angehörige. 

Samstag, 1. Juli: 

Die Beerdigung des 17-Jährigen fand erst am Samstag statt, die Tumulte starteten aber schon am 27. Juni, dem Abend nach der Tötung. 
Am selben Tag erweiterte der französische Innenminister Gérard Darmanin das Polizeiaufgebot auf bis zu 45.000 Personen, da es am Vorabend vor allem in Marseille zu massiven Ausschreitungen gekommen war. 

Freitag, 30. Juni: 

Am Höhepunkt der Ausschreitungen

Massive Krawalle, Plünderungen und Brandanschläge wurden erneut in ganz Frankreich verübt: Besonders stark betroffen waren an diesem Tag Paris, Marseille, Lyon und Grenoble. Die Randalierer raubten Geschäfte aus, zerschlugen die Scheiben von Restaurants oder Geschäften und steckten diese anschließend in Brand. 

"Ich hatte Angst, dass man auf mich schießt"

Die Zeitung "Le Parisien" veröffentlichte die Aussage eines 17-Jährigen, der als erster Zeuge der Tötung von Nahel durch den Polizisten am vergangenen Dienstag gilt. Der junge Mann sagte aus, dass Nahel von den Beamten geschlagen wurde, als er deren Anweisungen, den Wagen zu stoppen, nicht gehorchte. Seinen Aussagen zufolge wollte sich Nahel nur vor einem weiteren Schlag der Polizisten schützen und sei deshalb von der Bremse des Wagens gegangen und nach vorne gefahren, ehe ihn der Polizist erschoss. Der Zeuge sagte aus, dass er Angst hatte, selbst erschossen zu werden und deshalb kurz nach der Tat geflüchtet war.  
Problematisch an der Aussage des 17-Jährigen  ist, dass  sie sich nicht mit den Videos, die die Situation zeigen, deckt.

Dienstag - Donnerstag, 27-29. Juni: 

Erstmals Aufstände im ganzen Land 

Die ersten, schweren Ausschreitungen fanden bereits am Abend nach der Tötung in mehreren, französischen Großstädten statt: Viele Polizisten wurden verletzt, Gebäude angezündet und Geschäfte zerstört. Laut Präsident Emmanuel Macron gingen  die Randalierer besonders heftig gegen "Symbole der Republik" wie Schulen, Polizeistationen oder Rathäuser vor.  Die stärksten Tumulte verzeichnete man in Nanterre, dem Wohnort des 17-jährigen Todesopfers. 

Dienstag, 27. Juni: 

Hintergrund der Ausschreitungen

Der 17-Jährige Nahel wurde bei einer Verkehrskontrolle im Pariser Vorort Nanterre vom Polizisten Florian M. getötet. Bei dem Jungen handelte es sich um einen Franzosen mit nordafrikanischer Herkunft, der gemeinsam mit einem zweiten 17-Jährigen und einem 14-Jährigen in einem gelben Mercedes unterwegs war. Florian M.  selbst hatte angegeben, dass ihn Nahel überfahren wollte und er ihn nur deshalb erschossen hätte. Das vorhandene Videomaterial konnte allerdings beweisen, dass diese Aussage nicht stimmte. Mittlerweile sitzt der Beamte in Untersuchungshaft, gegen ihn wird noch wegen Totschlags ermittelt. 

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4  Kommentare
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2good4U (17.882 Kommentare)
am 06.07.2023 12:16

Auslöser und Ursache sind meist zwei unterschiedliche Dinge.

Der Tod des 17-Jährigen war zwar der Auslöser der Krawalle, aber sicher nicht die Ursache.

Wie bei den Black Lifes Matters Ausschreitungen wurde auch hier die "Gunst der Stunde" genutzt um seinem Zerstörungsdrang freien Lauf zu lassen und um sich durch Plünderungen zu bereichern.

Die eigentliche Ursache dürfte viel tiefer liegen und unter anderem eine Ablehnung der bestehenden Gesellschaft sowie eine demokratiefeindliche Grundeinstellung sein.

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2good4U (17.882 Kommentare)
am 06.07.2023 12:11

"Einer der Beamten habe gedroht, Nahel in den Kopf zu schießen, woraufhin dieser mit dem Fuß von der Bremse des Automatik-Wagens gerutscht und ein Stück nach vorne gefahren sei."

Selbstverständlich.
Der Fahrer ist versehentlich abgerutscht und der Zeuge weiß dass da er Gedanken lesen kann.

Da glaube ich viel eher die Version dass er abhauen wollte und sich dachte der Polizist wird schon zur Seite springen.

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Grizzly999 (353 Kommentare)
am 06.07.2023 11:55

Denke klarer kann man es nicht mehr sehen, welche Auswirkungen eine liberale Einwanderungspolitk hat. NOCH kann Österreich solche Entwicklungen verhindern. NOCH... wir müssen handeln.

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DonMartin (7.510 Kommentare)
am 06.07.2023 10:41

Besonders schlimm finde ich, dass diese Form der Anarchie und Demokratieverachtung von einigen Parteien oder politischen Gruppierungen sogar unterstützt wird, nur um der aktuellen Regierung zu schaden.

Einen ähnlichen Trend beobachtet man leider auch in Österreich, nämlich dass die Opposition vieles, was dem Staat und den Bürgern schadet, unterstützt, fördert oder sich zumindest nicht gegen Straftaten ausspricht, solange es gleichzeitig auch gegen die Regierung geht.

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