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Ein Benzinbruder als elektrischer Reiter

Von Christoph Zöpfl, 07. Februar 2023, 00:04 Uhr
Ein Benzinbruder als elektrischer Reiter
Zweimal Mustang, und der Herr Franz steht in der Mitte: Seine erste Wahl ist unübersehbar die Benzinkutsche. Bild: chz

Was passiert, wenn ein bekennender Fan des legendären Ford Mustang inklusive Achtzylinder-Motor den zeitgenössischen Mustang mit dem Elektro-Antrieb ausprobiert.

Zum Franz würden sie in den USA "Car Guy" oder "Petrolhead" sagen. Auf gut Deutsch: Der Pädagoge hat Benzin im Blut und ein Herz für starke Autos. Bei einem beruflichen Auslandsaufenthalt in Südamerika konnte er seinen Bubentraum verwirklichen und das Einsatzfahrzeug von Hollywood-Legende Steve McQueen erwerben. Aber nicht den Original-Ford-Mustang aus dem Action-Film "Bullitt" – dieser wurde vor zwei Jahren um rund 3,4 Millionen Euro versteigert, was knapp oberhalb der finanziellen Möglichkeiten eines Mittelschullehrers liegt –, sondern einen nicht astrein typisierten Gebrauchtwagen mit dem legendären Wildpferd-Logo auf dem Kühlergrill.

Bei seiner Rückkehr nach Oberösterreich nahm der Franz zwar eine charmante Sehenswürdigkeit Südamerikas – seine Frau Hileana – mit in die Heimat, der Mustang musste aber drüben bleiben. Die Kiste hätte hier weder ein Bleiberecht und schon gar kein Nummerntaferl bekommen. Als Burnout-Prophylaxe legte er sich nach langem Hin und Her daheim dann doch wieder einen Mustang zu. Dieser war fast neu, ein kleiner Unfall-Depscher drückte aber den Preis auf ein erträgliches Niveau. Aber als der Franz den Achtzylinder hörte, war es sowieso vorbei mit rationalen Abwägungen der Kategorie "Brauche ich das wirklich?" Auch seine Frau Hileana war glücklicherweise so klug, die Mustang-Begeisterung des Herrn Franz nicht zu hinterfragen, sondern uneingeschränkt zu teilen.

Zwei Schönheitsfehler

Ob es klug war, den Benzinbruder zu fragen, für die OÖNachrichten den Ford Mustang Mach-E zu testen, steht auf einem anderen Blatt beziehungsweise Typenschein. Unser Testauto hatte aus der Franz-Perspektive betrachtet nämlich mindestens zwei Schönheitsfehler: erstens aufgrund der SUV-artigen Karroserie-Form plus Batterie ziemlich viel Übergewicht, und zweitens einen Elektromotor statt des fossilen Achtzylinder-Heizkraftwerks. Die Reaktion auf die Testfahrer-Anfrage war dementsprechend nicht gerade vertrauensbildend. "Darfst überhaupt etwas Negatives über ein Testauto schreiben?" Meine unmissverständliche Antwort lautete "räusper" oder so. Dann merkte ich an, dass der Mustang Mach-E GT eine maximale Systemleistung von 487 PS zur Verfügung hat (der Franz-Achtzylinder leistet schlappe 421 PS). Folgerichtig wurde umgehend ein Termin vereinbart. "Naja, immerhin: Die Farbe ist cool", meint Franz beim ersten Blickkontakt mit dem blitzblauen Elektro-Mustang. Auch beim Einstieg in das Cockpit gibt der Car Guy den toleranten Nice Guy. "Da sitzt man ja wirklich hoch. Das taugt sicher vielen Leuten."

Die Armaturen benotet der Herr Lehrer, der auch schon deutlich mehr als ein halbes Jahrhundert auf seinem Tacho hat und ein bisserl retro tickt, eher nicht mit einem Sehr gut. Sein Benzin-Mustang ist zwar hier auch schon in der digitalen Welt angekommen, die Rundinstrumente simulieren aber noch die analoge Vergangenheit. Im OÖN-Testauto gibt es neben einem kleinen Digital-Display mit den wichtigsten Infos ein großes Tablet oberhalb der Mittelkonsole, was tatsächlich nicht nur optisch sehr gewöhnungsbedürftig ist.

Die Wisch-Handy-Generation dürfte ihre Freude mit so einem Bildschirm haben, aber sonst schaut die Mattscheibe aus wie ein Fremdkörper. Gut, dass sich Steve McQueen nicht im Grab umdrehen kann. Seine Asche wurde ja posthum über dem Pazifik verstreut.

Das lautlose Triebwerk

Ich starte vom Beifahrer aus per Knopfdruck den E-Mustang. Franz schaut mich fragend an. Ich frage zurück: "Wartest du auf ein Motorgeräusch?" Der Gast-Testfahrer überlegt kurz, schüttelt den Kopf und schaltet die Automatik per Drehknopf auf "Drive". Als er erstmals den Achtzylinder seines Mustangs zündete, bekam er es laut eigener Angabe mit der Angst zu tun, während seine Hileana eine Panikattacke veratmete. "Meiner Frau würde das gefallen", meint Franz über die Lautlosigkeit des E-Triebwerks. Und dann steigt er auf das Gaspedal (oder heißt es Strompedal?). Der Mustang setzt sich nicht in Bewegung, er macht vielmehr einen Sprung vorwärts. Mein Benzinbruder kommentiert diese Fahrdynamik fachmännisch mit "Boah" und grinst wie ein Honigkuchenpferd. Das Display zeigt in Sekundenschnelle eine dreistellige Zahl, worauf der Franz in die Eisen steigt und es sichtlich erleichtert zur Kenntnis nimmt, dass das übergewichtige Wildpferd neben dem "Hü" auch das "Hott" recht souverän beherrscht.

"Vom Stand weg beschleunigt er schon fast dynamischer als mein Mustang", gibt Franz zu. Auch das Fahrverhalten scheint ihm zu gefallen, was einigermaßen erstaunlich ist, da der Elektrische im Vergleich zum Verbrenner fast auf Stelzen geht. Dass das Elektronische Stabilitätsprogramm erst sehr spät das ausbrechende Heck einfängt, nimmt Franz Steve-McQueen-mäßig cool mit einem Hochziehen der linken Augenbraue zur Kenntnis. Wider Erwarten scheint ihm der Ausritt mit dem E-Mustang doch Spaß zu machen. Als ich dann noch das künstliche Motorengeräusch aktiviere, zeigt er sogar sein ewig jugendliches Lausbubengrinsen.

Der Ford Mustang Mach-E GT hat den Franz-Test also bestanden.

Ford Mustang Mach E GT

Preis:  ab 61.900 Euro
OÖN-Testwagen 77.500 Euro

Motor:  Dual-Elektromotor
drei Fahrmodi (zahm, aktiv, temperamentvoll) 
Leistung  358 kW (487 PS)
max. Drehmoment  860 Nm
Batteriekapazität 91 kWh

Verbrauch (WLTP)
Kombiniert  21,2 kWh
OÖN-Test  28,4 kWh
Ladezeiten (10 bis 80 Prozent)
Wallbox (3-phasig) 7:10 h
Schnell (150 kW) 45 Min.
Max. Reichweite 490 km
Test-Reichweite 320 km

Antrieb:  Allrad
Getriebe  Automatik

Fahrleistungen:
0 auf 100 km/h in 4,4 sec
Spitze  200 km/h

Abmessungen & Gewichte:
L/B/H  4743/1881/1613 mm
Radstand 2948 mm
Leergewicht  2348 kg
Zuladung  369 kg
Kofferraum  402-1445 l
Anhängelast 750 kg

Garantie: zwei Jahre, acht Jahre auf die Hochvolt-Batterie

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Autor
Christoph Zöpfl
Leiter Sportredaktion
Christoph Zöpfl
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