So schaden atomare Strahlen dem Körper
Die Störfälle in den japanischen Atomkraftwerken wecken Erinnerungen an die Katastrophe von Tschernobyl. Dort wird auch noch 25 Jahre nach dem atomaren Unfall ein Anstieg der Krebserkrankungen verzeichnet.
Gesundheitliche Auswirkungen als Folge von Radioaktivität sind schwer absehbar. Von den körperlichen Nachwehen des Unfalls im Atomkraftwerk Tschernobyl weiß man bis heute wenig. „Man hat aber festgestellt, dass vor allem Kinder und Jugendliche gefährdet sind, weil ihre Schilddrüse noch empfindlicher ist“, sagte Alexander Becherer, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Nuklearmedizin.
Nach Tschernobyl seien bei den Heranwachsenden signifikant mehr Schilddrüsenkarzinome aufgetreten. „Zumindest dieser Gefahr kann man mit Jodtabletten entgegenwirken“, sagt Primar Werner Langsteger, Leiter der Nuklearmedizin am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz. Geschützt sei man durch diese Tabletten aber nur, wenn man sie rechtzeitig und in ausreichenden Mengen einnimmt. Auf diese Weise sei die Schilddrüse mit Jod gesättigt und lagere kein weiteres, radioaktives Jod mehr ein.
Der unsichtbare Feind
Jeder Mensch ist tagtäglich der natürlichen radioaktiven Strahlung im Boden oder der Atmosphäre ausgesetzt. Der menschliche Organismus hat Abwehrmechanismen entwickelt, um sich vor diesen Belastungen zu schützen. Er kann geschädigte Strukturen in der Zelle reparieren. Bei einer atomaren Katastrophe stoßen diese Schutzfunktionen jedoch sehr schnell an ihre natürliche Grenzen. Das Unheimliche daran: Radioaktive Strahlung ist unsichtbar, der Mensch atmet die Luft ein, bemerkt absolut nichts – und trotzdem breiten sich die radioaktiven Partikel wie Cäsium-137 aus, lagern sich im Gewebe ab und entfalten hier ihre zerstörerische Kraft – zum Beispiel in Form der Strahlenkrankheit, die sich in vielerlei Symptomen zeigen kann. Wie schwer diese sind, hängt davon ab, wie stark die Strahlung ist.
„Je höher die Dosis, desto heftiger ist die Reaktion mit Unwohlsein, Kopfschmerzen Übelkeit und Erbrechen. Im schlimmsten Fall kommt es zu Blutbildveränderungen und damit verbundenen unstillbaren Blutungen“, sagt Primar Werner Langsteger.
Gefahr auch Jahre danach
Wenn keine unmittelbaren gesundheitlichen Folgen auftreten, heißt das nicht, dass die Gefahr für den menschlichen Körper für immer gebannt sei. „Aufgrund erhöhter Strahlung kann es durchaus einige Jahre danach zu Veränderungen am Erbmaterial kommen, die der Körper nicht mehr reparieren kann“, sagt Langsteger.
Die bekannteste aller Spätfolgen ist der Blutkrebs (Leukämie). Der Grund dafür: Durch die radioaktive Strahlung kann die Blutkörperchenbildung außer Kontrolle geraten. „Wir wissen auch von Menschen, die bei den Atomtests in den Wüsten dabei waren und Jahre danach überdurchschnittlich oft an Lungenkrebs erkrankt sind, da sie kleinste Partikel eingeatmet haben“, sagt Langsteger, der betont, dass medizinische Studien weltweit zeigen würden, dass viele Krebserkrankungen bei strahlenexponierten Personen gehäuft auftreten.
Erste Symptome: Kopfweh, Übelkeit
Offizielle Meldungen über schwere Strahlenkrankheiten oder gar Tote als Folge radio-aktiver Strahlung hat es in Japan bisher nicht gegeben. Wie qualvoll eine akute Strahlenkrankheit enden kann, zeigen die Opfer der Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki und die Katastrophe von Tschernobyl. Haarausfall, unkontrollierte Blutungen, ein zerstörtes Knochenmark, Koma, Kreislaufversagen und andere dramatische Auswirkungen können tödlich enden.
Menschen mit leichter Strahlenkrankheit erholen sich in der Regel wieder, leiden aber unter geschwächtem Immunsystem.
Gesundheitsrisiken durch Strahlenbelastung: