Fluchen, zucken, schmatzen: Tics machen auch Promis das Leben schwer
"Du schaust krank aus." Dass man Menschen ihr Leiden ansieht, ist schnell dahingesagt. Jetzt beweist aber auch eine Studie, dass Menschen tatsächlich schon auf einem Foto erkennen, ob der Abgebildete krank ist.
Dass eine Störung einem nicht unbedingt die Karriere vermasseln muss, beweisen Promis mit dem Tourette-Syndrom: Schauspieler Dan Aykroyd (Blues Brothers, Ghostbusters) hat die Erkrankung genauso wie Eminem, der sogar angibt, dass er in seinen Songs so viele Schimpfwörter einbaut, weil diese nur so aus ihm heraussprudeln. Auch Wolfgang Amadeus Mozart soll Grimassen geschnitten haben, wie es bei Tics typisch ist. Und Ex-Fußballer und Sex-Symbol David Beckham gibt an, dass er an Tourett leidet – in Kombination mit einer Zwangsstörung: Er erträgt keine ungerade Anzahl von Dosen im Kühlschrank und braucht penible Ordnung, um gut leben zu können.
"Oft treten Tics bereits in frühen Jahren auf", sagt Primaria Johanna Winkler vom Neuromed-Campus am Kepler Universitätsklinikum Linz. Ab vier, fünf Jahren sind immerhin fünf bis 15 Prozent der Kinder betroffen. Typisch sind unwillkürliche Muskelzuckungen oder Bewegungen genauso wie Lautäußerungen. Bei Letzterem kann sich die Erkrankung durch Rülpsen, Spucken, Räuspern, Zungenschnalzen, bellende Geräusche, Quietschlaute oder durch Fäkalausdrücke äußern.
Das Umfeld informieren
"Am wichtigsten ist Aufklärung", rät Winkler, das Umfeld möglichst lückenlos über die Erkrankung zu informieren. Bis der Mensch erwachsen ist, geben sich die Tics bei einem Drittel der Betroffenen ganz, bei einem Drittel schwächen sie sich ab, und beim Rest bleiben die Auswirkungen bestehen. "Wenn bei Kindern ein Trauma vorliegt, kann man eine Psychotherapie machen. Mit Medikamenten würde ich Tics erst im Erwachsenenalter behandeln", so die Psychiaterin. Wenn nur kleine Muskelgruppen wie die Augenbrauen betroffen sind, kann auch Botox Erleichterung bringen – allerdings nur für rund drei Monate. Auch Stress zu reduzieren, kann die Situation verbessern. Günstig ist auch alles, was hilft, den Körper zu kontrollieren, zum Beispiel Tanz. Während das Tourette-Syndrom mit heftigen Zuckungen und verbalen Attacken einhergeht, gibt es auch vergleichsweise harmlose Tics. Beim amerikanischen Ex-Präsidenten Barack Obama hat Winkler zum Beispiel beobachtet, dass er immer wieder die Zunge unter die Lippe streckt oder herausstreckt. Auch das häufige Hochziehen von Augenbrauen oder das Wickeln der Haare um einen Finger können Auswirkungen sein. "Am häufigsten ist Blinzeln", so die Expertin.
Männer sind drei- bis viermal so häufig von Tourette betroffen wie Frauen. "Das lässt auf eine genetische Veranlagung schließen", sagt Winkler. Auch wenn das Baby im Mutterleib zu wenig Sauerstoff bekommt oder die Mutter raucht oder Alkohol trinkt, tritt die Krankheit öfter auf. Genauso können sich Tics nach Mittelohr- oder Mandelentzündungen ausbilden.