Kapitalspritzen für den Arzneimittelhandel
AMSTETTEN. Neben dem Pharma-Großhandel finanziert eine lokale "Immopharm" neue Apotheken. Zuletzt eine im City-Center.
"I denk, i hätt Apotheker werden sollen", sinnierte Helmut Qualtinger als "Travnicek" im Kabarett der 60er Jahre. "Um den Mitmenschen zu helfen?", frug Gerhard Bronner. – "Naa, damit i a Gschäft mach!" In Amstetten ist der Freiberufler, der sich in langer Familientradition der Heilmittelkunde widmet, fast von der Bildfläche verschwunden, wobei es an Drogerien nicht mangelt. Bei vier Apotheken im Amstettner Stadtgebiet (ohne Katastralen) herrschten schon Bedenken einer Überversorgung, jetzt kommt noch eine fünfte hinzu, die im Einkaufszentrum CCA im Dezember auf 190 m2 Verkaufsfläche aufsperrt. In dem Geschäftszweig sind die Weißkittel nicht mehr unter sich.
Kapitalgeber für die Neugründung im CCA ist die "Immopharm GmbH", eine Gesellschaft in der Preinsbacherstraße, die dem Direktor der Amstettner Raiffeisenbank Andreas Weber gehört. Weber sieht seinen Nebenberuf, der ihm von der Obrigkeit bei Raiffeisen gestattet worden sei, als Marktbelebung für die Patienten. Gemeinsam mit der Elias-Apotheke in der Reichsstraße, die er vor sieben Jahren finanziert hatte, wollte er Mittagsöffnungszeiten durchsetzen, was nach dem Apothekengesetz am Veto des Mitbewerbes scheiterte.
Der Prellbock, an dem längere Öffnungszeiten zerschellten, ist Jörg Mitterdorfer, Inhaber der Stadtapotheke, die sich als einzige in Amstetten ausschließlich in Familienbesitz befindet. Mitterdorfer sieht bittere Pillen auf die Zunft zukommen. Wenn es fünf Apotheken im Kerngebiet der Stadt gibt, werde man unter den Schlüssel von 4000 Patienten fallen, den die Apothekerkammer für eine Gesetzesnovelle als Rentabilitätsgrenze vorgebe: "Eine Denkvariante wäre dann, dass es irgendjemand auf einen Verdrängungswettbewerb anlegt."
Dass mittlerweile der Pharma-Großhandel selbst verstärkt als Geburtshelfer für Apotheken investiert, könne man so deuten, dass die Konzerne auch noch am Ladentisch mitkassieren wollten, meint Mitterdorfer: "Aber junge Pharmazeuten haben Probleme, schnell Kredite bei einer Bank zu bekommen. Sie brauchen einen Kapitalgeber." An der Amstettner Stadion-Apotheke und an der Mariahilf-Apotheke ist beispielsweise die "HC Beteiligungsgesellschaft mbH" als Kommanditistin beteiligt. Wenn man die Kette ihrer Mutterfirmen zurückverfolgt, gelangt man über die "Herba Chemosan Apotheker AG" die in Österreich rund 140 Apotheken finanziert hat und an diesen beteiligt ist, an den Riesen im Pharma- und Gesundheitssektor "McKesson Europe".
Weber sieht seine "Immopharm" im Vergleich dazu "als Winzling". Der Bankdirektor, der in eine Apothekerfamilie eingeheiratet hat, hat es zumindest im Arzneimittelhandel zu regionaler Größe gebracht: Mit dem Kapital der "Immopharm" hat in Wieselburg die "Meridian"-Apotheke und in Pöchlarn die Apotheke "Lebensfreude" aufgesperrt. Natürlich wird jede Niederlassung von einem ausgebildeten Apotheker als Konzessionär betrieben – dem niemand absprechen möge, dass er Mitmenschen helfen will …