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„Hurra, ich lebe noch“

Von Marina Mayrböck, 18. Juni 2020, 09:24 Uhr

INNVIERTEL. Eine HIV-Diagnose in den 80ern war meist ein Todesurteil. Emanuel Reithofer hat überlebt.

„… und dann war es zu spät. Wir hatten uns alle infiziert.“

Wien in der ersten Hälfte der 80er Jahre: Aufgewachsen im Innviertel, freut sich der knapp 20-jährige Bursche auf seine Verabredung mit dem freieren Großstadtleben. Begonnen hat aber ein Wettlauf gegen den Tod. Emanuel Reithofer aus Aurolzmünster war einer der ersten HIV-Infizierten in Oberösterreich – und hat überlebt.

Der erste Aids-Fall in Österreich wurde im Frühjahr 1983 bekannt. Reithofer weiß seit 1986, dass er „positiv“ ist. „Aids war noch kein Thema. Wir hatten uns infiziert, wussten es aber nicht. Es war furchtbar. Ich war mehr auf Begräbnissen als sonst wo. Wir wussten, irgendwann erwischt es uns alle“, sagt der heute 56-Jährige. Dass er seine Geschichte überhaupt erzählen kann, grenzt an ein Wunder, denn damals war die Krankheit meist ein Todesurteil. „Bei mir ist es relativ schnell gegangen, bis ich erste Symptome hatte. Fieber, Bauchschmerzen. Die Krankheit hat mich ausgezehrt.

Kaposi-Sarkom, das sind diese Flecken auf der Haut… Dass ich positiv bin, hat sich verbreitet wie ein Lauffeuer.“ Mehrmals sei er im Sterben gelegen, erzählt der sympathische Wahl-Linzer. „Diese Todesangst. Ich habe schon oft nachgedacht… das Ganze hält man eigentlich gar nicht aus.“ Durchgehalten hat er mit Hilfe seines Freundeskreises und seiner geliebten Ziehmutter in Aurolzmünster. Koma, künstliche Ernährung, 48 Kilo Körpergewicht. „Jeder Kampf, den ich gewonnen hatte, machte mich härter. Jede Besserung war wie ein Strohhalm, an dem ich mich festgehalten habe“, sagt Reithofer.

Von einem Leben in ständiger Todesangst erlöste ihn schließlich die Errungenschaft moderner HIV-Therapie. Vor zehn Jahren begann er sich dank der Medikamente „wohler“ zu fühlen. Vor fünf, sechs Jahren dann der endgültige Durchbruch: „Seither bin ich unter der Virusnachweisgrenze, das heißt, ich bin nicht mehr infektiös und für andere nicht gefährlich. Man will es gar nicht glauben, dass man überleben kann. Dass der Druck weg ist, nach 30 Jahren.

Reithofer ist Frührentner und engagiert sich sozial. Auch bei der Aids-Hilfe Oberösterreich, er hält Vorträge an Schulen, gibt Interviews. Er wird nicht müde, seine Leidensgeschichte zu erzählen und kämpft gegen Diskriminierung und für Akzeptanz, denn Ausgrenzung kennt er leider allzu gut.

Ausgrenzung war schmerzhaft

„Aids war damals eine soziale Erkrankung. Die sind mit uns hart ins Gericht gegangen, es war die Schwulenkrankheit. Ich durfte nicht mehr zu den Nachbarn, der Pfarrer meinte, es sei die Strafe Gottes für mein sündiges Leben. Im Krankenhaus haben sie mich abgelehnt. Ich erinnere mich, als die geistliche Schwester daraufhin sagte: ‚Und der Bua kummt eina, der braucht Hilfe’. Karriere war undenkbar, keiner hat dich genommen. Von der Gesellschaft links liegen gelassen zu werden, tut am meisten weh. Dass das niemand anderem mehr passiert, dafür setze ich mich ein“, sagt der gelernte Bürokaufmann – und denkt an seine Ziehmutter: „Sie war eine sehr liberale Frau und hat sich für mich eingesetzt. Sie sagte immer‚ einen Kampf muss man kämpfen, damit man Erfolg hat. Und deshalb rede ich darüber und hoffe, die Leute zu erreichen.“

3 Fragen an Erik Pfefferkorn

Mitarbeiter der Aidshilfe Oberösterreich

In den 80er Jahren war HIV meist ein Todesurteil. Was kann eine Therapie heute?

Menschen mit HIV haben bei frühzeitiger, effektiver Therapie eine annähernd gleiche Lebenserwartung wie Menschen ohne HIV-Infektion – und das bei guter Lebensqualität. Die Therapie schafft es innerhalb kurzer Zeit die Viruslast im Blut unter die Nachweisgrenze zu senken. Menschen unter der Nachweisgrenze können das Virus nicht übertragen, gesunde Kinder kriegen, Aids bricht nicht aus. Leider sind Menschen mit HIV im Alltag nach wie vor Diskriminierungen ausgesetzt. Hinsichtlich Schutz vor HIV gibt es drei Möglichkeiten: 1. Kondome. 2. Prä-Expositions-Prophylaxe – hier werden bestimmte HIV-Medikamente vor einem Risiko eingenommen, um eine Infektion mit HIV zu verhindern. Voraussetzung ist eine Testung auf HIV, Hepatitis B und ein Nierenfunktionstest sowie regelmäßige Screenings auf HIV, Geschlechtskrankheiten und die Nierenfunktion. 3. Die PEP (Postexpositionsprophylaxe) ist eine Möglichkeit für HIV-negative Menschen, eine Infektion mittels Einnahme der HIV-Therapie direkt nach der Risikosituation mit großer Wahrscheinlichkeit zu verhindern.

Werden die Leute dadurch sorgloser?

Da kaum jemand einen Betroffenen kennt und das Thema in der Öffentlichkeit wenig präsent ist, gerät HIV häufig in Vergessenhei. Auch verwechseln manche behandelbar mit heilbar. Dies fördert Sorglosigkeit. In Oberösterreich wurden 2019 40 HIV-Infektionen neu diagnostiziert.

Was sind die häufigsten Irrtümer dieser Krankheit?

HIV sei heilbar, kann durchs Küssen, durch Trinken aus demselben Glas etc. übertragen werden. Die Aidshilfe Oberösterreich bietet Workshops für Schüler, Jugendliche und alle Interessierten zu diesen Themen an. Sie können unter office@aidshilfe-ooe.at gebucht werden. Auch bieten wir kostenlose, anonyme Testungen auf HIV, Hepatitis und Syphilis an (Voranmeldung unter 0732/2170 ist aufgrund von Covid-19 erforderlich), für 30 Euro kann man sich auf Chlamydien und Tripper testen lassen. Infos unter www.aidshilfe-ooe.at

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Autorin
Marina Mayrböck
Redaktion Innviertel
Marina Mayrböck
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10  Kommentare
10  Kommentare
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Selten (13.716 Kommentare)
am 24.06.2020 18:36

Ich finde es beruhigend, dass es seit einiger Zeit Medikamente gibt, mit denen es gelingt, unter die Nachweisgrenze zu kommen und nicht mehr infektiös zu sein. Das macht den Umgang mit dieser Krankheit für alle leichter.

Kenne selbst ein paar Menschen, die schon viele Jahre ganz gut mit dieser Krankheit leben.

Die Betroffenen sollten aber auch einmal erwähnen, dass es unser gutes Sozialsystem samt staatlicher Pflichtversicherung ist, das diese lebenslange Behandlung mit sehr teuren Medikamenten erst ermöglicht, und dass sie als HIV-Kranke dafür nicht einmal eine Rezeptgebühr zu bezahlen brauchen, weil, und das ist sehr vernünftig, der Gesetzgeber damit verhindern will, dass sich Menschen nicht mit den zur Verfügung stehenden Medikamenten behandeln lassen.

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alleswisser (18.463 Kommentare)
am 19.06.2020 00:08

AIDS wurde anfangs in den 80ern landläufig als "Schwulenpest" bezeichnet. Um Ängste zu nehmen: Auch heute ist die Infizierungsgefahr ziemlich eindeutig gelagert.

Normale Menschen brauchen sich also nicht wirklich fürchten.

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alleswisser (18.463 Kommentare)
am 19.06.2020 00:06

"Bei mir ist es relativ schnell gegangen, bis ich erste Symptome hatte. Fieber, Bauchschmerzen"

Hintenrum hat es nicht gejuckt?

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Gruenenfreundin (3.291 Kommentare)
am 18.06.2020 20:30

Gratuliere zum Erfolg!

Dennoch eine leise Anregung: Man könnten die (jungen) Leuten auch raten, Verkehr nur mit einem wahren Freund, einer richtigen Freunding zu genießen. Promiskuität ist sowieso keine Erfolgsrezept, weder emotional noch sozial noch mezinisch gesehen. Beispielsweise verursacht Untreue in Liebschaften auch in "modernen" Zeiten noch (zurecht) viel Herzeleid.
Man kann natürlich Partner wechseln - aber auf ehrliche Weise: Wenn man sich neu in andere verliebt, sauber mit dem Partner abschließen und einfühlsam eine neue Beziehung entwickeln statt - wie in Filmchen immer öfter propagiert - vergnügungssüchtiges Betthupferl spielen oder gar in Fernost billige Abenteuer erkaufen...

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Gruenenfreundin (3.291 Kommentare)
am 18.06.2020 20:32

Achtung Tippfehlerteufelchen:

... einer richtigen Freundin...

... kein Erfolgsrezept...

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EIB (97 Kommentare)
am 18.06.2020 10:40

Gratuliere zum Sieg über die Krankheit und besten Dank für das soziale Engagement! Alles Gute für den weiteren Lebensweg!

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pepone (60.622 Kommentare)
am 18.06.2020 13:23

schliesse mich an ! 👍😉

Es ist somit erwiesen dass JEDE Krankheit heilbar ist .
Es ist NUR die Frage der Zeit wann es geschieht.
Somit bin ich zuversichtlich dass der jetzt wütenden Coronavirus auch bekämpft werden WIRD .

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Linzzza (167 Kommentare)
am 18.06.2020 13:58

gut gelesen..... traurig .... HIV ist NICHT heilbar, sondern "nur gut behandelbar".
Ist meiner Meinung nach schon ein Unterschied.

Toll ist auf jeden Fall, dass diese Menschen dann wieder (halbwegs) normal leben können und eine Zukunft haben grinsen

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pepone (60.622 Kommentare)
am 18.06.2020 17:17

ok , angenommen 👍😉😜

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alleswisser (18.463 Kommentare)
am 19.06.2020 00:09

Pepone, du hast wie immer auch diesmal NICHTS begriffen. HIV ist nicht(!) heilbar. Mann hat es hintenrum drinstecken und es geht nur darum, ob mann an AIDS erkrankt.

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