3 Fragen an ... Christian Schaumann
Der gebürtige Vöcklabrucker Christian W. Schaumann (35) spricht im OÖN-Interview über die Beweggründe für seine Gletscher-Studie und was er sich davon erhofft.
OÖN: Wie kamen Sie auf die Idee, den Wert eines Gletschers zu berechnen?
Schaumann: Ich habe aufmerksam Studien über die Auswirkungen des Klimawandels auf Gletscher verfolgt. Die Frage nach dem ökonomischen Schaden blieb meist unberücksichtigt. Auf den ersten Blick hat ein Gletscher keinen Geldwert, da er nicht auf freien Märkten gehandelt wird, aber es besteht ein Wert und dieser lässt sich auch abschätzen.
OÖN: Was erhoffen Sie sich durch Ihre Arbeit?
Schaumann: Die Studie soll zum Problembewusstsein beitragen, dass alle Ökosysteme einen monetären Wert haben, die bei Entscheidungen über Eingriffe berücksichtigt werden sollten.
OÖN: Sind Sie mit den Ergebnissen Ihrer Studie zufrieden?
Schaumann: Das Ergebnis ist eine erste Annäherung an das Thema. Es gäbe noch viele spannende Fragen, etwa welchen Wert die Oberösterreicher mit dem Hallstätter Gletscher verbinden.
Hintergrund der Ausführungen ist der Hinweis auf die Wichtigkeit und gleichzeitig Sensibilität des Einsatzes von Zinsfaktoren. Die im Artikel genannten EUR 700 Mio ergeben sich bei folgenden Annahmen:
1) Der Wert des Schmelzwassers pro Jahr ergibt bei Anwendung von marktpreisbasierten Bewertungsmethoden rund EUR 2,2 Mio.
2) Bei gleichbleibendem Abschmelzen wäre der Gletscher in 66 Jahren verschwunden.
Nimmt man eine Preissteigerung von z.B. 4 % an, betragen die aufsummierten Jahreswerte über 66 Jahre rund EUR 700 Mio. Wie im Kommentar von Galliharry richtig dargestellt, ist dies nicht der NPV. In der Literatur besteht große Skepsis, ob für derartige Bewertungen überhaupt ein „richtiger“ Abzinsfaktor gewählt werden kann – der Hebel einer Entscheidung über den Abzinsfaktor ist jfls. enorm: Zieht man die jeweiligen Jahrespreise auf Grundlage der Preissteigerung von 4 % heran, schwankt der NPV bei Anwendung von Abzinsfaktoren zwischen 1% und 4 % zwischen EUR 450 Mio und EUR 145 Mio.
Dieser durchaus interessante Artikel beinhaltet leider einen schweren Rechenfehler: Die Berechnung, dass € 145 Mio. auf 66 Jahre aufgeteilt heute mehr als € 700 Mio. wert sind, ist gravierend falsch, da künftige Werte abgezinst und nicht aufgezinst werden müssen. Der richtige Wert liegt bei unter € 40 Mio.
Für Nichtmathematiker mit Hausverstand eine banale Erklärung. Was zählt mehr - wenn ich z.B. € 1.000 jetzt bekomme, oder erst in z.B. 30 Jahren, wo man für diese € 1.000 viel weniger als heute kaufen kann? € 900 heute sind viel mehr wert als € 1.000 in 30 Jahren. Deshalb sind künftige Werte abzuzinsen.