Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

30 Jahre nach Attentat auf Giovanni Falcone: "Mafia vergisst nicht"

Von nachrichten.at/apa, 17. Mai 2022, 12:08 Uhr
giovanni falcone paolo borsellino
Anschlagsopfer: Giovanni Falcone (l.) und Paolo Borsellino Bild: dpa

PALERMO. Im Frühjahr 1992 reißt eine Bombe den Anti-Mafia-Kämpfer Giovanni Falcone in den Tod. Nun jährt sich der Mord zum 30. Mal.

An einem Samstagabend im Mai 1992 fahren Giovanni Falcone und seine Frau Francesca Morvillo Richtung Palermo, der bekannte Mafia-Jäger im Staatsdienst am Steuer. Gegen 18.00 Uhr explodieren auf der A29 nahe dem Ort Capaci 500 Kilogramm Sprengstoff unter der Straße. Der Begleitwagen wird in die Luft geschleudert, Falcones Auto kracht in den Bombenkrater. Der 53-Jährige und seine Frau sterben, ebenso drei Leibwächter. Sie sind Opfer der sizilianischen Cosa Nostra geworden. 

Wer die Mafia jagt, begibt sich in Lebensgefahr - damals wie heute. Jüngst wurde bekannt, dass in Kalabrien ein Anschlag auf den Staatsanwalt Nicola Gratteri verübt werden sollte. Jahrestage wie jener der "Strage di Capaci", des Blutbads von Capaci am 23. Mai 1992, sind manchmal besondere Anlässe für die Mafia, um zu zeigen, dass es sie noch gibt.

Wie Gratteri stand auch Falcone unter ständigem Personenschutz. "Die Cosa Nostra vergisst nicht", sagte der 1939 in Palermo geborene Mafia-Jäger in einem Interview nur wenige Tage vor dem Anschlag. Damals warb der Jurist für seine Idee einer "Superprocura", eine Super-Staatsanwaltschaft, damit sich die Mafia-Bosse nicht weiter ausbreiten können, inzwischen gibt es diese. Er und seine Kollegen legten damals Grundsteine im Kampf gegen die gefürchtete Cosa Nostra.

"Richter Falcone hat eine neue Ermittlungsmethode, später bekannt als "Follow the money" (Folge dem Geld), erarbeitet", sagt Lorena Di Galante, Chefin des zweiten Reviers der nationalen Antimafia-Ermittlungsdirektion (Dia). Dadurch sei es möglich gewesen, Banküberweisungen der Mafia zu verfolgen und Bewegung von illegal beschafftem Geld zu rekonstruieren. Derartige Ermittlungen seien heute Eckpfeiler der Untersuchungen, sie legten die Verflechtungen in der Gesellschaft, auf politischer, wirtschaftlicher und unternehmerischer Ebene offen.

Wenige Wochen nach dem Mordanschlag von Capaci tötete die Mafia auch den Juristen Paolo Borsellino - ein Freund Falcones aus Kindheitstagen - mit einer Autobombe in Palermo. Die Anschlagserie riss Italien aus der Gleichgültigkeit gegenüber dem organisierten Verbrechen. Die Justiz ermittelte später die Drahtzieher, Zeugen packten aus und brachen die Omertà, das Gesetz des Schweigens innerhalb der Mafia gegenüber den Behörden. Viele landeten danach hinter Gittern. So auch der mächtige Mafia-Boss Salvatore "Toto" Riina, der "Boss der Bosse" aus dem kleinen Ort Corleone, dessen Name vielen aus dem Film "Der Pate" ein Begriff ist.

Wöchentlich berichten Finanzpolizei, Carabinieri oder die Staatspolizei von Festnahmen und beschlagnahmten Gütern in Millionenhöhe. Wie viele Mafia-Kriminelle in Italien schätzungsweise aktiv sind, gibt Di Galante nicht preis, dafür aber Ermittlungserfolge seit 1992: Mehr als 11.000 Menschen wurden demnach im Zusammenhang mit der Mafia festgenommen und rund 7,68 Milliarden Euro an Gütern beschlagnahmt.

Mehrere Organisationen teilen sich den Süden auf: die Camorra in Kampanien, die 'Ndrangheta in Kalabrien, die Cosa Nostra auf Sizilien und verschiedene Mafiaclans in Apulien. Ihre Ableger sind im ganzen Land und teils auf der ganzen Welt verteilt.

Während der 1980er und Anfang 1990er wurden noch blutige Mafia-Kriege mit rund 1.000 Toten ausgefochten, wie der Staatsanwalt der Antimafia-Direktion, Salvatore Dolce, sagt. Heute zögen es die Clans vor, "still" zu operieren. "Als gefährlichste Mafia wird schon seit einigen Jahren die 'Ndrangheta angesehen", erklärt Dolce. Sie sei auch in den reichen Regionen des Nordens wie der Lombardei mit der Hauptstadt Mailand, in Venetien, Ligurien und Piemont aktiv, ebenso wie im Ausland - in Deutschland und Österreich, der Schweiz, Kanada und sogar Australien, vor allem im Handel oder der Gastronomie. Die 'Ndrangheta verfüge über beträchtliche wirtschaftliche Ressourcen aus dem internationalen Drogengeschäft, Glücksspiel, Handel mit Erdölprodukten sowie Erpressung und der Infiltration bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge.

Die Cosa Nostra änderte der Antimafia-Ermittlungsdirektion zufolge seit den 1990er-Jahren ihre Strategie und tauchte ab. Sie habe sich in der Wirtschaft breit gemacht, etwa auf dem Feld der erneuerbaren Energien oder bei der Abfallentsorgung in den Städten, erklärt Di Galante. Die Camorra funktioniere dagegen wie eine Holding aus mächtigen Mafiaclans, die im Gesellschaftsgefüge verwebt seien.

Der 23. Mai ist für Italien ein wichtiger Tag des Gedenkens und des Mahnens. Staatspräsident Sergio Mattarella, gebürtig aus Palermo, wird sich anlässlich des Anschlags äußern. Für ihn hat der Jahrestag eine persönliche Bedeutung: Sein Bruder Piersanti wurde 1980 als Regionspräsident von Sizilien von der Mafia ermordet.

mehr aus Weltspiegel

Windmühlenflügel des Pariser Wahrzeichens Moulin Rouge abgestürzt

Venedig verlangt als erste Stadt der Welt Eintrittsgeld von Tagestouristen

Palästinenser: 73 Leichen aus Massengrab geborgen

Marathon: Schweizer Topläufer (34) starb nach Herzinfarkt

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen