"Herr der Finsternis" lockt in die Stadt

Die tiefstehende Sonne taucht an diesem Sommerabend den Innenhof des Schlosses Starhemberg in idyllisches Licht. Unter dem Gewölbe des Arkadenganges steht Hubert Krexhammer – seit sieben Jahren Nachtwächter in Eferding – und erzählt die Legende des "Wilden Mannes".

Zwölf Teilnehmer seines Rundganges hängen an seinen Lippen, während er von einer Belagerung der Stadt durch ein wildes Reitervolk erzählt. Der 62-Jährige erzeugt eine Dramatik, als ob jetzt tatsächlich feindliches Volk vor den Toren Eferdings lagern würde. Die Gäste sind von dem Schauspiel angetan.

Krexhammer erzählt auch vom Bau der Spitalskirche auf dem Schiferplatz und wie Handwerker auf ihre Art und Weise gegen ausbleibende Bezahlung durch den Dombaumeister protestierten. Sie wehrten sich mit dem Götz-Zitat – allerdings nicht verbal: Bei den Regenabfall-Rohren des Kirchturms gibt es einen Speier, der wie ein menschliches Gesäß geformt ist. "Ob der Baumeister dann gezahlt hat, wissen wir freilich nicht", erzählt der Nachtwächter schmunzelnd.

Ein neuer Blick auf Eferding

Solche Details über Geschichte und Architektur fallen bei den Zuhörern auf fruchtbaren Boden: "Ich pendle seit fünf Jahren nach Eferding, heute habe ich aber völlig neue Dinge gesehen", sagt Gerald Köck aus Ottensheim, der mit Freundin Lisa Mittmannsgruber den lauen Abend in Österreichs drittältester Stadt genießt. Eferding hat seit 1222 das Stadtrecht.

"Wir sind die Herren der Finsternis", sagt Krexhammer über die Nachtwächterzunft. Stolz ergänzt der gebürtige Grieskirchner, dass in seiner Heimatstadt Oberösterreichs letzter Nachtwächter aktiv war – bis 1936. "Sie kümmerten sich nach Einbruch der Dunkelheit um die Sicherheit in den Städten – was Eigentum und drohende Feuersgefahr betraf." Nun sind Führungen mit dem schwarzen Mann Tourismus-Attraktionen.

Krexhammer bittet seine Gäste, den Blick aufs Haus Stadtplatz 5 zu richten. Hier gehen auch schwarz gekleidete Menschen aus und ein: Das Haus der Rauchfangkehrerfamilie Emmerstorfer verdient aber aus einem anderen Grund Aufmerksamkeit: Es ist das einzige Jugendstil-Gebäude auf dem 210 Meter langen Stadtplatz.

Eferdings Besiedlung reicht bis in die Römerzeit zurück: Das Schloss Starhemberg steht auf dem Areal einer ehemaligen militärischen Befestigung. Hier wohnt nun Georg Starhemberg mit seiner Familie und öffnet das Schloss immer wieder für die Öffentlichkeit (Stadtmuseum, Eferdinger Schloss-Advent ...). An der Westseite war das Schloss früher durch einen Wassergraben und vermutlich durch eine Zugbrücke gesichert. "Während der Barockzeit gab es hier ganz schöne, prunkvolle Teiche", erzählt der Nachtwächter. Was wäre eine Stadtführung ohne Hinweis auf den Mathematiker und Astronomen Johannes Kepler? Er hat 1613 in der Stadtpfarrkirche seine zweite Frau, die Eferdinger Bürgerstochter Susanne Reuttinger, geheiratet und war ein Freund von Erasmus von Starhemberg.

Lange vor allen diesen Ereignissen war aber der "Wilde Mann" der Held der Eferdinger: Ein kleines, tapferes Schneiderlein hatte die Idee, eine überlebensgroße Figur anzufertigen, die dann über die Stadtbefestigung hinaus zu sehen war. Das Reitervolk bekam es mit der Angst zu tun und beendete die Belagerung, Eferding war gerettet. Und Nachtwächter Krexhammer erntete ob der perfekten theatralischen Darbietung viel Beifall.

 

Führungen

Hubert Krexhammer aus Wels schlüpft für Rundgänge durch die Eferdinger Altstadt auch in das Kostüm eines Nachtwächters. Kosten: neun Euro/Person. Infos www.nachtwaechter-wels.at.

Der „Original 1. Nachtwächter zu Lintze“ Wolfgang Liegl bietet seine historischen Führungen in Linz jeden Freitag ab 19.30 Uhr an. Preis: 16 Euro/Person mit Mahl. www.nachtwaechter-zu-lintze.at

 

"Ich pendle seit fünf Jahren nach Eferding, heute habe ich hier aber völlig neue Dinge gesehen.“
Gerald Köck, Ottensheim, mit Partnerin Lisa Mittmannsgruber

 

"Wir waren bereits auf der Schaunburg, die Nachtwächterführung passt perfekt und ist faszinierend.“
Lucia und Herbert Ortner, Linz

 

 

"Hubert erzählt gut und hat eine angenehme Stimme: Wir sind begeistert.“
Eva und Wolfgang Reifmüller, Stroheim