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Was ist das, was in uns mordet?

Von Christian Schacherreiter, 12. März 2019, 00:04 Uhr

Evelyn Grills Roman "Der Begabte" bezieht sich auf einen tatsächlichen Mord, der vor sieben Jahren in Taufkirchen/Pram passiert ist

Der Stoff zu Evelyn Grills neuem Roman "Der Begabte" kommt aus der blutigen Wirklichkeit. Vor sieben Jahren ermordete der damals 19-jährige Schüler Lukas Sch. aus Taufkirchen an der Pram, ein hochbegabter Musiker, seine Großmutter. Als Motiv gab er an, er sei von seinem geliebten und verehrten Großvater, einer Art "Dorfkaiser", dazu angestiftet worden.

Der Großvater bestritt zwar diesen Vorwurf, aber zu vieles sprach gegen ihn. Er wurde letztlich zu 18 Jahren Haft verurteilt, der Enkel bekam zwölf Jahre. Evelyn Grill hat sich sehr genau mit diesem Verbrechen beschäftigt, dennoch ist es nicht angebracht, ihren Text wie eine journalistische Reportage zu lesen und zu diskutieren.

Wir haben es mit einem Roman zu tun, und zwar mit einem ziemlich guten. Der konkrete Vorfall wird im literarischen Text zum fiktiv gestalteten Fall. Konsequent bezieht die Autorin die subjektive Perspektive des jugendlichen Täters und imaginiert, was in seinem Kopf nach der ersten Verhandlung vorgehen könnte. Noch arbeitet die zerstörte Normalität, die Zeit vor der Tat in ihm weiter. Immer wieder macht er sich Sorgen um seine Laufbahn als Pianist und Organist. In Alpträumen und Augenblicken endloser Einsamkeit brechen Furcht und Schrecken über ihn herein. Angesichts des Abgrunds, in den er auch aus eigener Schuld gestürzt ist, ringt der Mörder um eine neue, eine tragfähige Selbstinterpretation.

Zur Gänze kann man das Vorgefallene wahrscheinlich nie verstehen. Das Tragische bleibt bis zu einem gewissen Grad immer numinos. Das wussten schon die alten Griechen, und Georg Büchner ließ seinen Danton rätseln: "Was ist das, was in uns hurt, lügt, stiehlt und mordet?"

Plausibel wird in Evelyn Grills Roman, wie sehr eine pädagogische Autorität Macht über eine unreife Seele bekommt. Was der Opa sagt, über Musik, über Psychologen und über die Oma, setzt sich alles hartnäckig im Kopf des Enkels fest und gebiert das Ungeheuerliche.

Letztlich bestätigt die literarische Version dieses Verbrechens die Sichtweise des Gerichts – und so schließt sich der Kreis zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Hoffentlich wird die Diskussion, die "Der Begabte" zweifellos auslösen wird, sachlich und fair geführt. Fair gegenüber der Autorin, die viel gewagt hat, aber auch gegenüber den Betroffenen. Wie groß ihre Schuld auch sein mag.

Evelyn Grill: "Der Begabte", Roman, Residenz Verlag, 150 Seiten, 20 Euro

OÖN Bewertung:

 

Lesung: Evelyn Grill präsentiert ihren Rom "Der Begabte" heute, 19.30 Uhr im Linzer StifterHaus

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3  Kommentare
3  Kommentare
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sol3 (13.727 Kommentare)
am 12.03.2019 18:44

Das passiert mittlerweile wöchtentlich.

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pepone (60.622 Kommentare)
am 12.03.2019 14:07

so wie JEDE/R Mensch die Krebszellen in seinem Körper hat ,so hat auch JEDE/R Mensch die Lust zum morden in sich .Die Einen tun es sogar .

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Zahnschleiferl (2.727 Kommentare)
am 12.03.2019 14:56

Jetzt nur noch den wissenschaftlichen Beleg für diese ungeheuerliche Behauptung, dann glaub ich's.

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