Mit Ritter "Falstaff" in eine "Neue Welt"
Im Linzer Musiktheater beginnt die neue Saison und neue Intendanz mit Verdis letzter Oper.
"Mit achtzig Jahren wollte er es noch einmal wissen!" – solcherart verweist Christoph Blitt, der neue Operndramaturg am Linzer Musiktheater, auf die erste Produktion des Linzer Musiktheaters unter Intendant Hermann Schneider. Am 16. September hat sie Premiere. "Falstaff" – Giuseppe Verdis 1893 in Mailand uraufgeführte, letzte Opernkomposition – markiert somit nicht nur die überraschende Hinwendung des greisen Meisters zum komischen Genre, sondern auch den Start in ein neues oberösterreichisches Theater-Zeitalter. Schneider versteht diese komische Oper in vier Akten, in der es um den Untergang einer alten Generation geht, als Symbol für sein diesjähriges Spielplanmotto "Neue Welt".
Ein aktueller Ansatz
Diese inhaltliche Klammer soll zeigen, dass man sich nicht (so Schneider) "im Kanon des Ewiggleichgespielten" bewegen will, sondern "Neues hinzugewinnen" werde. Darum bildet der "Fal-staff", der von vielen anderen Intendanten weltweit oft als Abschiedsproduktion genutzt wird, für Schneider auch die Intrada.
"Da gibt es für jeden etwas zu genießen", sagt dazu der musikalische Leiter Dennis Russell Davies, der dem Schweizer "Falstaff"-Regisseur Guy Montavon im Pressegespräch markig Rosen streute: "Wenn der kommt und zu arbeiten beginnt, schnallt man sich an!" Das Team Davies/Montavon hat ja bereits mehrfach zusammengearbeitet, neben Philipp Glass steht auch Verdi mit "Falstaff" in der gemeinsamen Biographie.
Guy Montavon will – "ohne das Stück zu verraten" – mit dieser aus Shakespeares Text über "Die lustigen Weiber von Windsor" entwickelten Geschichte des mittellosen, im Abseits lebenden und darum umso leichter durch finanzielle Zuwendung zu manipulierenden Ritters Falstaff das Ende des Rittertums und das Bild einer neuen Zeit transportieren. Den Verlust von Werten aufzeigen, den Verlust von Bildung. Ein überaus aktueller Ansatz.
Die Titelrolle wird als Gast der Italiener Federico Longhi singen, ihm zur Seite stehen u. a. Martin Achrainer (Ford), Matthäus Schmidlechner (Bardolfo) und Myung Joo Lee (Alice). Die Ausstattung wird von Hank Irwin Kittel kommen, mehr wollte das Regieteam darüber nicht preisgeben.
Eines ist ohnehin klar: das C am Schluss dieser Oper steht auch als wunderbares Amen hinter Verdis schöpferischem Opernleben.
Falstaff in Kürze
Der dicke, genussfreudige Ritter Sir John Falstaff steckt wieder einmal in finanziellen Nöten. Um sich zu sanieren, macht er sich an zwei angesehene Damen heran. Blöderweise mit zwei gleich lautenden Briefen. Die Damen kommen dahinter, planen ihre Rache, in der auch der schwerreiche Ford, der eifersüchtige Gatte von Dame Alice, sein eigenes Spiel spielen will.
Drei Fragen an Guy Montavon
Der 1961 in Genf geborene Opernspezialist, Regisseur und Generalintendant des Theaters Erfurt über seine Inszenierung des „Falstaff“ am Linzer Musiktheater.
1 Was ist für Sie das Besondere an dieser letzten Opernkomposition Giuseppe Verdis?
Verdi öffnet mit diesem Stück über den letzten Ritter neue Wege, was auch heißt, dass er andere schließt. Es geht um weit mehr, als dass „ein unglaublich dicker Mensch versucht, sich zwei Frauen gleichzeitig anzunähern“. Wir dürfen auch nicht vergessen: als das Stück geschrieben wurde, stand die industrielle Revolution vor den Toren. Falstaff war aufgrund seiner Lebensart von seiner Umgebung unverstanden, total isoliert, mittellos. Ich werde meine Inszenierung mit einer Behauptung starten. Mehr verrate ich nicht.
2 Falstaff vor den Schloten?
Lachen Sie nicht, wir haben tatsächlich überlegt, Schlote anstatt des Waldes zu nehmen!
3 Warum besetzen Sie Falstaff nicht aus dem Ensemble, sondern mit einem Gast?
Federico Longhi wurde mir von Riccardo Muti empfohlen. Er hat ein phantastisches Darstellungspotential, entspricht auch vom Aussehen her dem, wie wir Falstaff erwarten. Er ist ein Gewinn!