Riccardo Zoidl greift heute bei der Rad-WM im Zeitfahren an
PONFERRADA. Während heute bei den Rad-Titelkämpfen die Herren um Medaillen fahren, ist die Disziplin in Österreich eine Seltenheit bei Rennen.
Bei großen Landesrundfahrten wie der Tour de France oder dem Giro d’Italia hat das Zeitfahren seinen Fixplatz. Auch bei den Weltmeisterschaften werden seit 1994, bei Olympischen Spielen seit 1996, in dieser Disziplin Medaillen vergeben. In Österreich fristet der Kampf alleine gegen die Uhr aber immer noch ein Schattendasein. "Heimische Fahrer haben fast keine Möglichkeit, wirklich in dieser Disziplin zu trainieren, weil es nur wenige Rennen gibt", sagt mit Riccardo Zoidl einer, der im Zeitfahren trotzdem seit Jahren zur Weltklasse gehört. Der Mühlviertler ist heute gemeinsam mit dem Vorarlberger Matthias Brändle rot-weiß-roter Vertreter bei der WM im spanischen Ponferrada (live auf ORF Sport Plus, ab 13.20 Uhr).
Die Erwartungen hat der WM-14. von Limburg nicht hoch angesetzt. "Ich habe mich diesmal nicht speziell vorbereitet", sagt der 26-Jährige. Doch nicht nur der Trainingsaufwand schreckt viele ab. Auch in punkto Material mangelt es an allen Ecken und Enden. Zoidl musste 2012 mit einem geborgten Lenker starten, da seiner nicht UCI-konform war. Heimische Teams verfügen meist über ein begrenztes Kontingent an Zeitfahr-Rädern. "Das ist eine Kostenfrage", sagt Wels-Sportchef Andreas Grossek.
Just im Zeitfahren haben Österreicher die bisher einzigen WM-Medaillen in Straßenbewerben der Allgemeinen Klasse geholt. Christiane Soeder-Richter erreichte 2008 Silber und ein Jahr davor Bronze, dazu gelang dem Vierer mit Johann Lienhart, Mario Traxl, Bernhard Rassinger und Helmut Wechselberger bei der Heim-WM 1987 in Villach ebenfalls der dritte Platz.
Zeitfahr-Veranstaltungen sind hierzulande dennoch Mangelware. "Der Aufwand in der Organisation
ist enorm. Es macht eigentlich nur mit einer totalen Streckensperre Sinn, und da müssen Behörden und Gemeinden mitspielen", sagt Walter Ameshofer, der mit Michael Rosenauer vom Lambacher Radclub alljährlich das Zeitfahren im Raum Offenhausen ausrichtet. Ein Dilemma. Viele Rennen seien im Graubereich anzusiedeln, weil Veranstalter auf nicht abgesperrten Kursen fahren lassen. Und damit selten Fahrer mit Rennlizenz teilnehmen, weil der Verband dies nicht duldet. Besserung ist in Sicht. "Es gibt Überlegungen, etwa bei der Oberösterreich-Rundfahrt einen Zeitfahr-Prolog einzubauen", weiß Ameshofer. Denn: "Diese Disziplin ist einfach spektakulär." Mit einer guten Platzierung kann Zoidl heute deshalb wohl nicht nur Werbung in eigener Sache machen.
Rad-WM in Ponferrada: Zeitfahren Damen (36,15 km): 1. Lisa Brennauer (D); 30. Martina Ritter; 32. Jacqueline Hahn (beide Ö).