Mountainbikerin ist heute Österreichs Medaillenhoffnung

Beim WM-Zeitfahren der Herren von Rattenberg nach Innsbruck rückte gestern die Sonne das Inntal toll ins Bild. Österreich wird bei den Rad-Titelkämpfen in Tirol von seiner schönsten landschaftlichen Seite gezeigt. Doch kommt man im heimischen Verband vor den heutigen Straßenrennen der Junioren (9 und 14.30 Uhr/live auf Eurosport) auf den Nachwuchs zu sprechen, wird es schnell schattig. "Wie andere auch haben wir Schwierigkeiten, junge Leute zu finden, die Potenzial haben", klagt Österreichs Verbands-Generalsekretär Rudolf Massak.

Dabei ist es erst drei Jahre her, dass ein heimischer Junior im kanadischen Richmond eine Sternstunde feierte. Der Osttiroler Felix Gall holte damals für die Fachwelt überraschend Gold auf der Straße. Doch auch damit ist der Weg hinauf ins Profitum noch lange nicht geebnet. Gall kämpfte danach mit zahlreichen Rückschlägen, nun bei der Heim-WM ist der heute 20-Jährige im U23-Rennen am Freitag aber einer der großen Hoffnungsträger.

Ausgerechnet bei den Titelkämpfen zu Hause macht aber nun kein gutes Bild, wenn, wie im Zeitfahren der Juniorinnen am Montag passiert, nicht einmal eine heimische Starterin ins Rennen geschickt werden kann. "Wir können niemanden aus dem Hut zaubern", gibt Massak zu.

Weltmeisterin sattelt um

Was so aber auch nicht stimmt. Denn heute bei den Juniorinnen packt der ÖRV mit der Tirolerin Laura Stigger sogar eine Mountainbikerin aus. Eine hochtalentierte obendrein, ist die 18-Jährige doch zweifache Weltmeisterin in dieser Sparte. Sie bekommt mit der Linzerin Tina Berger-Schauer (RC Dana Pyhrn-Priel), die heuer in Österreich viele Erfolge feierte, Hannah Streicher (NÖ) und Katharina Kreidl (T) drei Helferinnen zur Seite gestellt, eine Überraschung ist nicht ausgeschlossen. Die schwierige 71,7-km-Strecke von Rattenberg über die Steigungen nach Gnadenwald und auf der Olympia-Runde nach Igls (insgesamt 975 Höhenmeter) kommt ihr entgegen. Beim Burschenrennen danach dürfen der Waldinger Jakob Reiter und Martin Messner ins Rennen gehen.

Stiggers Beispiel sollte in Zukunft öfters Schule machen. "Wir müssen weg von der Spezialisierung in zu frühem Alter. Die Kinder sollen vor allem auf dem Mountainbike das technische Rüstwerkzeug bekommen", sagt Oberösterreichs Landespräsident Paul Resch. Denn obendrein sei die Straße wegen des großen Verkehrsaufkommens ein Hemmschuh für viele Eltern, ihre Kinder zum Radsport zu schicken.

Andere Nationen machen es seit Jahren vor, wie es gehen könnte. So ist in Belgien und Holland der Nachwuchs im Querfeldein-Radsport vielseitig und weg von der Straße aktiv. Später könnten die Talente immer noch zur Königsdisziplin wechseln.

Die Schule von Thomas und Co.

In Großbritannien trägt ein zur Jahrtausendwende ausgetüfteltes Nachwuchsprogramm auf der Bahn längst Früchte. Der Tour-de-France-Gewinner von 2012, Bradley Wiggins, der von heuer, Geraint Thomas, sowie der frischgebackene Vuelta-Sieger Simon Yates entstammen diesem. "Bahntraining liefert beste Grundlagen für Straßenfahrer", sagt der britische Erfolgscoach Rod Ellingworth. Auch der gestrige Gewinner des Zeitfahrens, der Australier Rohan Dennis, lernte sein Handwerk auf der Bahn.

In Österreich fehlt es an wirklichen Initiativen. Infrastruktur wie das Ferry-Dusika-Stadion wäre vorhanden. Wenngleich sich Tempomacher wie Resch mehr Pumptracks wünschen würde. Auch den Traum von einer Rad-Bahn im oberösterreichischen Zentralraum hat er noch nicht aufgegeben. "Wir haben uns in Deutschland zahlreiche Anlagen angeschaut. Es scheitert eigentlich nur am politischen Willen", sagt der Welser.

So ist man weiterhin auf Überraschungserfolge wie den von Gall 2015 angewiesen. Zufriedenstellend ist das bei einer Heim-WM natürlich nicht.