Coronapandemie brachte neue Form von Rassismus
BRÜSSEL/WIEN. Opfer sind laut Bericht der EU-Grundrechte-Agentur Chinesen und Menschen asiatischen Aussehens.
In Berlin gehen zwei Frauen auf eine Chinesin los. Sie beleidigen die 23-Jährige, bespucken sie, reißen sie an den Haaren, treten auf sie ein. Das Opfer trägt Kopfverletzungen davon und muss im Spital behandelt werden. Drei junge Männer attackieren in Sardinien einen 31-jährigen Kellner, der von den Philippinen stammt. Die Angreifer halten ihn für einen Chinesen, der "das Coronavirus in sich trägt". Sie schlagen ihrem Opfer ins Gesicht und fliehen.
Und aus Frankreich wird der Angriff auf eine 16-Jährige gemeldet. Die Jugendliche mit vietnamesischen Wurzeln wird auf dem Weg von der Schule beschimpft und gestoßen. Zuvor hat der Angreifer noch gefragt, ob sie Chinesin sei und das Virus eingeschleppt habe.
Das sind drei der schwersten rassistischen Angriffe, die die EU-Grundrechte-Agentur (FRA) in den letzten Monaten zusammengetragen hat. Kürzlich hat sie einen Bericht über die Auswirkungen der Coronakrise auf die Menschenrechtslage in Europa veröffentlicht. Und kommt darin zum Schluss: "Die Coronavirus-Pandemie hat eine Zunahme rassistischer und fremdenfeindlicher Vorfälle gegen Menschen (wahrgenommener) chinesischer oder asiatischer Herkunft ausgelöst."
Belästigung, körperliche Gewalt
Die Fälle umfassen verbale Beleidigungen und Belästigungen, körperliche Angriffe und Hasspostings im Internet. Und sie sind meist begleitet von Verdächtigungen, die Opfer hätten das Virus nach Europa gebracht. Wie groß das Ausmaß dieser neuen Erscheinungsform von Rassismus ist, lässt sich nur erahnen. Was publik wird, dürfte lediglich die "Spitze des Eisbergs" sein, schreiben die Berichtsautoren. Opfer würden sich nur selten an die Behörden wenden.
In den Niederlanden wurden 300 Frauen und Männer mit chinesischen Wurzeln befragt. Die Hälfte gab an, seit Ausbruch der Pandemie Erfahrung mit Rassismus gemacht zu haben. In der deutschen Stadt Tübingen ergab eine Umfrage unter chinesischen Studenten dasselbe Bild.
Auch in Österreich wurden mehr rassistische Verhaltensweisen, Aussagen und Übergriffe gegen Menschen aus Asien oder solche, die dafür gehalten werden, registriert. Das berichten Lukas Gottschamel vom Wiener Verein ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) und Daniela Grabovac von der steirischen Antidiskriminierungsstelle. Den Kontakt zu asiatisch aussehenden Menschen zu meiden oder sich ostentativ wegzudrehen – das sei vielfach beobachtet worden.
In einem Fall sei einer Kundin in einem Geschäft die Bedienung verweigert worden, erzählt Gottschamel. Und im Internet kämen "alle gängigen Verschwörungstheorien im Corona-Gewand daher", sagt er. Etwa die, dass China das Virus ausgesetzt habe, um die Weltherrschaft zu erlangen. Eine Prognose, wie lange diese Welle dauern werde, wagt Gottschamel nicht. "Solche Narrative sind langlebig", sagt er. Vor allem im Internet.
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