Erstochener Amtsleiter: Lebenslange Haft für Angeklagten
FELDKIRCH. Der 35-jährige Soner Ö. ist am Mittwoch am Landesgericht Feldkirch wegen Mordes am Leiter der Sozialabteilung der BH Dornbirn zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Votum der Geschworenen fiel einstimmig aus.
Angesichts der "äußerst brutalen, rachsüchtigen und heimtückischen Tat" sei kein anderes Strafmaß möglich, sagte Richter Martin Mitteregger. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der zum Tatzeitpunkt alkoholisierte und unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln stehende Ö. hatte den damals 49-jährigen Sozialamtsleiter am 6. Februar 2019 in dessen Büro erstochen. Zuvor und auch am Tattag war der 35-Jährige wegen noch nicht erfolgter Geldleistungen aus der Grundversorgung mehrmals vorstellig geworden. Der in Vorarlberg aufgewachsene Ö. war Anfang 2019 illegal nach Österreich eingereist und hatte um Asyl angesucht. Der erstochene Sozialamtsleiter hatte zehn Jahre zuvor - in anderer Funktion und nach der 15. Verurteilung Ö.'s - ein Aufenthaltsverbot gegen den Mann erlassen. Der 35-Jährige beteuerte bis zuletzt, bei der Tötung hätte es sich um einen "Unfall" gehandelt. Er habe den Mann nicht umbringen wollen.
<< Video zum Prozess
Staatsanwältin und Vertreter der Privatbeteiligten einig
Zuvor hatten Staatsanwältin Konstanze Manhart und die beiden Vertreter der Privatbeteiligten eine Verurteilung wegen Mordes gefordert. Die Verteidigung ihrerseits meldete zum wiederholten Male Zweifel am Tötungsvorsatz ihres Mandanten an.
Manhart führte Aussagen von Ö. an und fragte in Richtung der Geschworenen: "Kann irgendein vernünftig denkender Mensch das glauben? Die Antwort lautet Nein". Wer einen solchen Stich wie der Angeklagte setze, dem gehe es gerade darum, sein Opfer zu töten. Im Rechtsstaat Österreich sei kein Platz für Selbstjustiz, für blutige Rache.
Die Anwälte Stefan Denifl und Nicolas Stieger, die die Familie des Opfers vertreten, argumentierten mit den Aussagen der Gutachter, die jenen des Angeklagten in entscheidenden Punkten widersprachen. "Es handelt sich um einen Mord, der unter niedrigen Beweggründen begangen wurde", sagte Denifl. Stieger betonte, dass es in diesem Fall "keine andere Lösung als Mord" gebe. Der Angeklagte habe versucht, die Schuld auf sein Opfer abzuschieben, das sei "unfassbar". Ein Unfall sei auszuschließen, Ö. habe dem Sozialamtsleiter den Hals aufgeschnitten "wie bei einer Schlachtung". Der 35-Jährige werde "die Höchststrafe erhalten müssen", forderte er.
Verteidiger verwies auf attestierte Persönlichkeitsstörung
Ö.s Verteidiger Ludwig Weh und Stefan Harg zeichneten ein anderes Bild von ihrem Mandanten. Er habe das Recht, "als Mensch wahrgenommen zu werden", auch müsse seine Tat in einem Gesamtzusammenhang gesehen werden. Einen Verurteilung wegen Mordes dürfe nur erfolgen, wenn jeder Zweifel ausgeschlossen werden könne, dass Ö. aus Vorsatz gehandelt habe. Harg betonte, dass der 35-Jährige - hätte er sich rächen wollen - "das früher und nicht so planlos" getan hätte. Darüber hinaus verwies Harg auf die attestierte Persönlichkeitsstörung von Ö., die einen besonderen Milderungsgrund darstelle.
Der Angeklagte selbst beteuerte neuerlich, dass ihm die Tat leidtue und er niemals die Absicht gehabt habe, "ein Leben zu nehmen". Wenn er es könnte, würde er den Getöteten zurückholen, "ich schwöre es". Abschließend stellte der 35-Jährige fest: "Natürlich muss ich bestraft werden. Ich habe einen Riesenfehler gemacht. Ich bin einfach ausgerastet. Mehr kann ich nicht sagen". Mit einem Urteil war in den Nachmittagsstunden zu rechnen.