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Nicht ganz gleich, nicht ganz fair: Jeder US-Staat hat seine eigenen Wahlregeln

Von Thomas Spang, Washington, 06. November 2018, 00:04 Uhr
Nicht ganz gleich, nicht ganz fair: Jeder US-Staat hat seine eigenen Wahlregeln
Ein paar hundert Stimmen können die heutige Wahl entscheiden. Bild: APA/AFP/ROBYN BECK

Minderheiten sehen sich bei den heutigen Kongresswahlen gezielten Schikanen ausgesetzt.

Die extreme Polarisierung in den USA hat den Wahlprozess selbst erreicht. Während Donald Trump mit "maximalen Strafen" bei Wahlbetrug warnt, sehen sich Minderheiten bei den Zwischenwahlen zum Kongress am heutigen Dienstag gezielten Schikanen bei der Stimmabgabe ausgesetzt.

Der Präsident hat seine eigene Erklärung, warum er bei den Wahlen 2016 mehr als drei Millionen weniger Stimmen erhielt als Hillary Clinton: massiver Wählerbetrug. Er setzte eine Kommission ein, die den angeblichen Missbrauch aufdecken sollte. Statt des vollmundig angekündigten Berichts stellte die Kommission die Arbeit allerdings nach ein paar Monaten fast unbemerkt ein.

Der Grund liegt auf der Hand: Der Behauptung Trumps fehlte jede faktische Grundlage. Nicht viel anderes ließen Studien wie jene des Rechtsprofessors Justin Levitt von der angesehenen Loyola Law School erwarten. Unter 800 Millionen abgegebenen Stimmen zwischen dem Jahr 2000 und 2014 machten die Forscher genau 35 Betrugsfälle aus. Doch Trump tut auch vor diesen "Midterms" so, als handelte es sich um ein großes Problem. "Betrügt auf euer eigenes Risiko hin", twitterte er. "Foulspieler werden maximale Strafen erhalten – zivil- wie strafrechtlich".

Gegen die Demokraten

Der Präsident spiegelt damit die Haltung seiner Partei wider, die seit 2010 in 24 Bundesstaaten neue Bestimmungen erlassen hat, die angeblich die Integrität der Wahlen schützen sollen. Kritiker erkennen darin stattdessen den Versuch, die Stimmabgabe vor allem für Minderheiten und Studenten zu erschweren. Denn die wählen bevorzugt Demokraten.

In Georgia könnte das für die schwarze Gouverneurskandidatin Stacey Abrams ein Problem werden, die sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem republikanischen Rechtsaußen Brian Kemp liefert. Der Trump-Mann lehnte es ab, seine Rolle als Wahlleiter in Georgia wegen eines möglichen Interessenkonflikts durch seine eigene Kandidatur aufzugeben.

In seiner Behörde ruhten bis zum Einschreiten der Gerichte über Wochen 53.000 suspendierte Wahlanträge. Überwiegend von Afroamerikanern, die wohl meist seiner Konkurrentin Abrams ihre Stimme geben wollten. Kemp beruft sich auf ein von den Republikanern beschlossenes Gesetz, das eine Übereinstimmung der Angaben im Wahlregister auf Strich und Pünktchen mit der Schreibweise in der Datenbank der Sozialversicherungsbehörde oder des Straßenverkehrsamts verlangt.

Nicht minder empört reagierten die Ureinwohner in North Dakota auf eine neue Regelung in den Wahlgesetzen dort, die einen Lichtbildausweis mit Postanschrift verlangt. Die Ureinwohner haben in der Regel keine Straßenanschriften. Betroffen sind fünf Prozent der Wahlberechtigten des Bundesstaates, in dem die demokratische Senatorin Heidi Heitkamp um ihre Wiederwahl bangt.

In Florida sorgte Gouverneur Rick Scott dafür, dass ehemalige Strafgefangene nicht wählen dürfen. Davon betroffen sind eineinhalb Millionen Menschen, darunter ein Drittel Afroamerikaner. Da Wahlen im Sonnenstaat immer nur knapp entschieden werden, könnten Scott beim Rennen um den US-Senat und Ron DeSantis als Kandidat für seine Nachfolge als Gouverneur davon profitieren.

Video: Thomas Spang, USA Korrespondent

Jede Stimme ist wichtig

Drei von Dutzenden Beispielen, die das Wählen weder gleich noch fair machen. Jeder Bundesstaat hat seine eigenen Regeln, setzt seine eigenen Wahlmaschinen ein und macht eine Teilnahme an den Wahlen mehr oder weniger leicht. Wer am Wahltag nicht im Wählerverzeichnis steht, hat vielerorts Pech gehabt. Hinzu kommen Schikanen wie die ungleiche Verteilung der Wahllokale, was Menschen in ärmeren Wohngebieten mit höherem Anteil an Minderheiten benachteiligt.

Da an diesem Dienstag Dutzende Duelle bei den Kongress- und Gouverneurswahlen auf der Kippe stehen, könnte es auf ein paar hundert Stimmen mehr oder weniger ankommen. "Das ist ein sehr gefährliches Umfeld", sagt Rechtsprofessor Richard L. Hasen von der Universität von Kalifornien zu dem Vertrauensverlust in den Wahlprozess. "Die Leute haben verstanden, dass die gesetzten Regeln den Ausgang des Spiels wirklich verändern können."

Die Fakten zu den heutigen Midterm-Wahlen
Die Wahlbeteiligung entscheidet (rts) Bild: APA/AFP/ROBYN BECK

Warum die Wahl so wichtig für US-Präsident Trump ist...

Die Zwischenwahlen sind auch ein Stimmungstest über die Arbeit von US-Präsident Donald Trump. Und das, obwohl es nicht einmal um ihn direkt geht.

Was wird heute eigentlich gewählt?

Alle zwei Jahre wird bei den Midterms über den Kongress und ein Drittel des Senats abgestimmt. Konkret geht es also um 435 Sitze im Repräsentantenhaus und 33 Sitze im Senat. Gleichzeitig finden in vielen Bundesstaaten Gouverneurswahlen, die Wahlen zu den Verwaltungen der Bezirke und diverse Referenden wie etwa die Legalisierung von Cannabis statt.

Wer hat derzeit im US-Kongress das Sagen?

Im Repräsentantenhaus haben derzeit die Republikaner eine Mehrheit, 236 Sitze stehen ihnen, 193 den Demokraten zu. Im Senat haben die Republikaner nur einen hauchdünnen Vorsprung von einer Stimme. Dass es hier zu einem Wechsel kommt, scheint aber unwahrscheinlich: 24 Sitze, bei denen die Demokraten die Mehrheit haben, werden neu gewählt – aber nur neun von Republikanern.

Warum wird ausgerechnet an einem Dienstag gewählt?

Dass der Wahltag unter der Woche stattfindet, liegt an der Geschichte des Landes als religiöser Bauernstaat. Früher waren die Wahllokale teils mehr als eine Tagesreise entfernt und die Landesväter im 19. Jahrhundert fanden es unverantwortlich, dass Wähler am Sonntag die Kutschfahrt zum Wahllokal antraten.

Wann schließen die Wahllokale?

Vier Zeitzonen gibt es in den USA. Das bedeutet, dass es bei Schließung der Wahllokale um 18.00 Uhr kein richtiges Ergebnis gibt. In Europa liegen um 0.00 Uhr (Indiana, Kentucky) erste Auszählungen vor. Erst ab 6.00 Uhr, wenn auch in Alaska Wahlschluss ist, gibt es endgültige Ergebnisse.

Was kann Trump passieren?

Sollten die Demokraten das Repräsentantenhaus oder sogar auch den Senat bei den Midterms erobern, hat das weitreichende Folgen für den US-Präsidenten: Beide Kammern könnten dann Gesetzesprojekte von Trump blockieren und ein Veto gegen bestimmte Entscheidungen wie etwa gegen die Ernennung von obersten Richtern einlegen. Aber mehr noch: Schon mit einer einfachen Mehrheit im Abgeordnetenhaus könnten die Demokraten ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump anstrengen.

Welchen Einfluss hat die Wahlbeteiligung?

Üblicherweise geben nur vier von zehn US-Bürgern bei den Zwischenwahlen ihre Stimme ab. Schon wenige hundert Stimmen könnten die Wahl entscheiden. 

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