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Deutschland steigt nach Kernkraft auch aus der Kohle aus

10. Juni 2018, 11:52 Uhr
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Ein Kohlekraftwerk in Neurath (Nordrhein-Westfalen) Bild: Reuters

BERLIN. Der Großteil der deutschen Atomkraftwerke ist bereits abgeschaltet, jetzt hat sich Berlin ein noch ehrgeizigeres energiepolitisches Ziel gesetzt: Um die Emissionen in Zeiten des Klimawandels zu senken, soll in absehbarer Zeit auch kein Strom aus Kohle mehr fließen.

Am vorigen Mittwoch hat die deutsche Regierung eine Kommission für den Kohleausstieg eingesetzt. 31 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Umweltverbänden und Wissenschaft sollen schon bis Ende dieses Jahres ein Enddatum für den Kohleausstieg festlegen. Das dürfte wohl frühestens 2030 sein. Umweltschützern kann es nicht schnell genug gehen, während Wirtschaft und Landespolitiker bremsen. Die Unternehmen fürchten um eine stabile Stromversorgung, die Ministerpräsidenten um Arbeitsplätze in Bergbau und Kraftwerken.

Trotz der unzähligen Windräder, Solar- und Biogasanlagen, die im Zuge der "Energiewende" in Deutschland errichtet wurden, ist die Kohle bei der Elektrizitätsgewinnung immer noch die Quelle Nummer eins. 2017 stammten 22,5 Prozent des Stroms aus Braunkohle und 14,1 Prozent aus Steinkohle. Steinkohle wird zum größten Teil importiert, die allerletzten heimischen Zechen machen Ende dieses Jahres dicht. Bei Braunkohle ist Deutschland dagegen Selbstversorger.

Mit rund 170 Millionen Tonnen im Jahr ist Deutschland nach Regierungsangaben das größte Braunkohleförderland der Welt. Anders als die Steinkohle braucht der Braunkohlebergbau keine staatlichen Subventionen. Die Vorräte beziffert das Wirtschaftsministerium auf fünf Milliarden Tonnen. Laut Bundesverband Braunkohle waren 2017 rund 20.900 Menschen in den Braunkohlerevieren beschäftigt. Direkt und indirekt dürften sogar 70 000 Arbeitsplätze von der Braunkohle abhängen, schätzt der Verband.

Beim Wort Kohleausstieg schrillen daher in den Bergbauregionen die Alarmglocken. Es gibt im Westen Deutschlands das große rheinische Braunkohlerevier (Nordrhein-Westfalen), im Osten das Mitteldeutsche Revier (Sachsen-Anhalt/Sachsen) und die Lausitz (Sachsen und Brandenburg). Im dünn besiedelten Osten wäre der Verlust von tausenden von Arbeitsplätzen besonders schmerzhaft. Finstere Erinnerungen werden wach an die Zeit der deutschen Wiedervereinigung und den Zusammenbruch der DDR-Industrie vor fast 30 Jahren.

Ein harter Strukturbruch wie 1990 dürfe sich keinesfalls wiederholen, mahnte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und forderte für den Ausstieg eine Schonfrist von 20 Jahren. Sein Brandenburger Amtskollege Dietmar Woidke (SPD) beschwor die Gefahr einer ökonomischen und sozialen Krise herauf. Aber auch der Westen warnt: Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte, es sei ausgeschlossen, bis 2030 den Energiebedarf der stromintensiven Industrie durch Wind und Sonne zu decken.

Bei keinem anderen Energieträger entstehen pro Kilowattstunde Strom so große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) wie bei der Braunkohle. Deutschland sieht sich gerne als Vorreiter beim Klimaschutz, hat aber Mühe, dieser Rolle gerecht zu werden. Das nationale Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren, wird das Land verfehlen.

Deshalb drängen Umweltschützer zur Eile. Der Chef des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Hubert Weiger, verlangte, die Kohlekraftwerke mit dem höchsten CO2-Ausstoß bis 2020 abzuschalten. Die Energieversorgung sei nicht in Gefahr, weil Deutschland immer noch große Mengen Strom exportiere. Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte, die dreckigsten Kraftwerke sofort stillzulegen, Greenpeace pocht auf einen vollständigen Kohleausstieg bis 2030.

Unkenrufe, dass mit dem Atomausstieg in Deutschland die Lichter ausgingen, haben sich nicht bewahrheitet. 2017 kamen nur noch gut 11 Prozent des Stroms aus AKWs, dagegen schon 16 Prozent aus Windrädern und 6 Prozent aus Solarzellen, Tendenz stark steigend. Schwierig wird es bei "Dunkelflauten", wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Nach Ansicht der Industrie werden konventionelle Kraftwerke als "Sicherheitsnetz für die Energiewende" daher weiter benötigt. Nach einem Ausstieg aus Kohle und Kernkraft bliebe dafür nur noch das Erdgas - mit Gasimporten vor allem aus Russland.

 

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21  Kommentare
21  Kommentare
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jheubler (921 Kommentare)
am 11.06.2018 13:41

Viele hier machen einen sehr beliebten Fehler: Sie erklären, was alles NICHT geht, statt sich um das zu kümmern, was geht.

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Orlando2312 (22.320 Kommentare)
am 10.06.2018 21:12

So wie immer. In Österreich wird gequasselt und in Deutschland gehandelt.

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Maireder (2.427 Kommentare)
am 10.06.2018 21:56

@Orlando2312
Dank unserer Wasser- und Speicherkraftwerke ist DE mit uns nicht zu vergleichen. Unsere Strom-Grundversorgung bewältigen die Donaukraftwerke, die den Strom aus volatilen Erzeugern wie Wind und Solar ausgleichen können. Wenn im Winter die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, kommen die auf “stand by” Kohle- und Gaskraftwerke mit einer effektiven Abgasreinigungsanlage zum Einsatz.

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Orlando2312 (22.320 Kommentare)
am 10.06.2018 22:19

Das ist mir schon klar. Es geht aber darum, dass man die lokale Situation versucht zu verbessern. Und da finde ich den Ansatz der Deutschen wirklich gut.

Bei uns wird eine Ewigkeit herumgeeiert. Dann erzählt man uns, wie super wir ja eh schon sind. Dann werden die Ziele nach unten nivelliert. Und ja, was soll das kleine Österreich global schon bewirken, und, und, und, und.....

Warum haben wir nicht die Power, so wie die Deutschen uns ein ambitioniertes Ziel zu setzen. Ich habe Angst um meine Kinder, und ich habe noch viel mehr Angst um deren Kinder. Wir haben nur diese eine Welt, und wer immer das vergeigt ist egal, denn die Anderen purzeln mit in den Abgrund.

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Maireder (2.427 Kommentare)
am 10.06.2018 22:46

Sie haben ja auch recht, dass wir global unseren Beitrag gegen den CO2 Ausstoß in OE nachhaltig reduzieren müssen, auch als kleines Land. Jetzt folgt kein ABER. Ich habe selbst 5 Enkelkinder und möchte denen eine lebenswerte Heimat überlassen. Habe auch damals als jetzt ExSozi gegen Zwentendorf gestimmt. Schönen Abend noch.

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Maireder (2.427 Kommentare)
am 10.06.2018 20:56

Nach dem heutigen Stand der Technik ist ein kompletter Ausstieg aus dem Kohle- und Atomstrom in DE nicht möglich, auch wenn man doppelt so viele Solar- und Windkraftwerke baut. Für Zweifler an dieser Aussage verweise ich einen auf YT bereitgestellten Beitrag von Prof. Werner Sinn “Wie viel Zappelstrom verträgt das Netz”

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Istehwurst (13.376 Kommentare)
am 10.06.2018 17:23

Blödsinn

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jago (57.723 Kommentare)
am 10.06.2018 16:43

Die Warmluft*) wird das Energieproblem lösen!

*) neben alle Mikrophone der Schwätzer eine Absauganlage aufstellen und schwupps ist das das Energieproblem bis 2099 gelöst.

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franck (6.819 Kommentare)
am 10.06.2018 15:25

Es wäre wichtig, dass alle G20 sagen, wir stehen zum Pariser Klimaabkommen und werden es umsetzen. Deutschland importiert billige chinesische Braunkohle in rauen Mengen.
2008 starben laut der International Mining Fatality Database weltweit mindestens 12.000 Menschen in Kohlebergwerken, die Dunkelziffer der Opfer muss aber als weit höher eingestuft werden. Die gefährlichsten Kohleminen der Welt befinden sich vermutlich in China und Indien.

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HQ9plus (1.823 Kommentare)
am 10.06.2018 19:59

Zu viele müssen ihr Leben für Kohle, diesen ohnehin schmutzigsten Energieträger lassen. Es ist beschämend, dass dies immer noch passiert.

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u25 (4.955 Kommentare)
am 10.06.2018 14:13

Passt genau zu den Millionen Elektroautos

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( Kommentare)
am 10.06.2018 13:34

Schön das die deutschen damit endlich anfangen. Bringt jedoch nichts wenn die meisten Ländern der Welt Umweltschutz ignorieren. Da müssen endlich mehr nachziehen

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pepone (60.622 Kommentare)
am 10.06.2018 13:55

Smoker

Trump zieht eh nach , er hinkt sogar mit dem Fuß grinsen grinsen

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franck (6.819 Kommentare)
am 10.06.2018 15:29

Vorreiter der Alternativenergiegewinnung werden in den nächsten Jahren Vorteile haben.

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pepone (60.622 Kommentare)
am 10.06.2018 13:05

Gut so , da werden sich viele Familien im Ausland freuen dass die Deutschen nicht mehr die Luft und Lungen der Einheimischen verpesten werden.
Außerdem auch die vielen Regionen in D wo GEWALT-Absiedlung stattfand.

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( Kommentare)
am 10.06.2018 12:54

Gut so, Steinkohle kommt inzwischen aus sehr prekären Verhältnissen aus Afrika, Südamerika usw. Auch Australien hätte beinahe das Great Barriere Reef für einen Kohlehafen gefährdet.
Aber auch die "heimische" Braunkohle ist ein unverhältnismäßig starker CO2-Emittent und so Übertage-Abbaugebiet auch keine landschaftliche Schönheit (obwohl manche unken, dass Windparks hässlicher wären).

Klar ist: Für sonnen- und windarme Zeiten müssen Reservekapazitäten bereitgehalten werden. Die trägen Kohle- und Atomkraftwerke mit tagelangen Regelzeiten sind ungeeignet, da musste schon bisher oft Windparks, Solarkraftwerke und auch österreichische Wasserkraft vom Netz genommen werden, um keine Überproduktion zu erwirtschaften.

Hier werden oft Gaskraftwerke als Brückentechnologie genannt (Timelkam und Melach sind dafür teuer an D. vermietet!), bis Stromspeicher, wie Wasserstoff oder Speicherkraftwerke (Kaprun, geplant: Molln, Ebensee) bereitstehen.
Wichtig: Netzausbau Nord-Süd!

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sol3 (13.727 Kommentare)
am 10.06.2018 12:02

Mit Merkel zum Entwicklungsland!

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demokrat (800 Kommentare)
am 10.06.2018 13:31

??????????????????????????

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max1 (11.582 Kommentare)
am 10.06.2018 14:50

Könnte so werden. Es gibt ja Nachbarn die bei den Flauten aushelfen, mit Atomkraftwerken und hohen Preisen.

Der politische Wille und technische Machbarkeit sind eben zwei paar Stiefel.

Frackinggas als Ersatz kommt ja ebenfalls in Frage.

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Karlchristian (4.584 Kommentare)
am 10.06.2018 19:10

Da werden dann im Winter bei -20und bedecktem Himmel die Luftwärmepumpen glühen

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HQ9plus (1.823 Kommentare)
am 10.06.2018 20:04

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe sit eine Geschichte der Zerstörung.
Nicht Entwicklungsland sondern lebensfeindliche Wüsten mit und ohne Asphalt statt blühender Landschaften wurden aufgrund des Verkehrs geschaffen.

Der Verkehr ist eine Hauptursache für klimaschädliche Emissionen, alle Freihandelsabkommen vermehren den Verkehr.

Wenn um den halben Erdball herum ein Trumm um ein paar Cent billiger produziert werden kann und der Transport viel zu billig ist, da die ökologischen Kosten nicht eingerechnet werden müssen. Müssen sie aber in Zukunft.

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