Das Kind einer Dynastie, das zur "Grande Dame" des Publikums wurde
Die Schauspiellegende Christiane Hörbiger starb gestern im Alter von 84 Jahren in Wien, ihr Schaffen für Fernsehen, Film und Theater umfasste knapp sieben Jahrzehnte
Es gibt Schauspielernde, die so lange Teil der Kultur waren, dass man meinen könnte, sie wären es für immer. Christiane Hörbiger gehörte zu ihnen. Gestern starb die Wienerin im 85. Lebensjahr. Erst am 13. Oktober hatte die Tochter des berühmten Schauspiel-Ehepaares Paula Wessely (1907–2000) und Attila Hörbiger (1896–1987) ihren 84. Geburtstag gefeiert.
Hörbiger galt schon zu ihren Lebzeiten als darstellerische Legende. Aber nicht deshalb, weil sie aus der wohl berühmtesten österreichischen Dynastie dieser Zunft abstammt. Die Tante des früheren "Jedermanns" Cornelius Obonya (53), Sohn ihrer älteren Schwester, der Burgtheater-Doyenne Elisabeth Orth (86), war eine Vielarbeiterin von unglaublicher Disziplin. Zu ihrem 80er war sie noch Star mehrerer TV-Produktionen ("Die Professorin", "Muse des Mörders", "Einmal Sohn, immer Sohn").
Eine ORF-Bilanz zu ihrem 75er belegte das Gefühl, dass Hörbiger nicht allein wegen ihrer beliebten TV-Serie "Julia – Eine ungewöhnliche Frau" (1998-2003) Dauergast in Österreichs Wohnzimmern war, mit beeindruckenden Fakten: 50 Produktionen mit der "Grande Dame des Fernsehens" erreichten jeweils eine Million Menschen.
Wer sich mit der Darstellerin unterhielt, die in knapp 130 Film- und TV-Produktionen (darunter "Das Erbe der Guldenburgs", ihr TV-Durchbruch) mitwirkte, spürt schnell, dass ihre wichtigste Rolle im Privaten lag – jene als Mutter.
Auf die Frage, worauf sie im Leben ganz besonders stolz sei, sagte sie im OÖN-Interview: "Dass aus meinem Sohn etwas geworden ist. Ich war alleinerziehende Mutter." Ihr einziges Kind, der Drehbuchautor und Regisseur Sascha Bigler (54), kam 1968 in Zürich zur Welt. Der Vater, Journalist Rolf R. Bigler, mit dem Hörbiger in zweiter Ehe verheiratet war, starb 1978.
Nach Zürich hatte die Schauspielerin, die stets perfekt geschminkt und frisiert das Image der Grande Dame auch äußerlich pflegte, jener Bereich ihrer Karriere gebracht, den das Audiovisuelle – man denke an ihre Rollen in "Schtonk!" (1992) oder "Der Besuch der alten Dame" (2008) – beinah überschattete: die Bühne.
In Zürich lebte Hörbiger damals, weil sie 1966 Wien verlassen hatte, auch um den ewigen Vergleichen mit ihrer Familie zu entgehen, zu der auch Schauspiel-Schwester Maresa (77) gehört. Von 1967 bis 1985 war Hörbiger am Schauspielhaus Zürich engagiert. Jahrzehnte danach betonte sie gerne, dass sie ihre dortige Rolle der Elisabeth in "Maria Stuart" stolz mache.
Wirkt Hörbigers Film- und TV-Laufbahn wie ein glattes Dauerengagement, offenbart ihr Wirken am Theater die Unwägsamkeit ihres Berufs. Zürich war Hörbigers zweites professionelles "Refugium" außerhalb Wiens. Ihr Bühnendebüt als Recha in "Nathan der Weise" am Burgtheater wurde 1959 von der Kritik vernichtet.
Zwei Jahre danach wechselte sie an die Städtischen Bühnen in Heidelberg (D). Über Salzburgs Festspiele, wo sie 1961 als Lottchen in "Der Bauer als Millionär" erstmals neben ihrer Mutter auf der Bühne stand, kehrte sie an "die Burg" zurück. Der neue Auftritt als Recha glückte. Für das Familienschicksal "Schauspiel" hatte sie sich erst 1955 entschieden. Wie von den Eltern gewünscht, absolvierte sie erst eine Zuckerbäckerlehre. Die Mutter wollte, dass sie das Reinhardt-Seminar besuchte, sie brach jedoch ab – für den Film. 1956 gab sie ihr Debüt als Mary Vetsera in "Kronprinz Rudolfs letzte Liebe". Eine Vorausdeutung für ihre Karriere zwischen Kamera und Bühne? Hörbigers kultiviertes Wesen, ihre Begeisterung sowie ihre Resolutheit schimmerten in jeder Rolle durch. "Sie muss gut sein, das suchen wir Schauspieler", sagte sie.
Die Popularität, die diese Suche mit sich brachte, störte 2019 ihr Wahlkampfvideo für Sebastian Kurz (ÖVP), in dem sie SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner über Gebühr angriff. So wie Publikumslieblinge nicht unsterblich sind, sind sie auch eines nicht: unfehlbar.
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