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Zehn Euro auf Blackjack Venus

Von Stefanie Sourlier, 02. Juni 2016, 00:04 Uhr

Einzig die Sonntage seien etwas gar einsam als Stadtschreiberin, wurde ich gewarnt, wenn alle anderen beim Pärchenbrunch, Familienausflug oder Sonntagsbraten weilen.

Ich aber finde die Sonntage in Wels super, im Maresi-Hochhaus ist es fast gespenstisch ruhig, und man kann Reisen in die Vergangenheit unternehmen, ins Kaiserpanorama oder auf die Trabrennbahn.

Die Welser Trabrennbahn feiert nächstes Jahr ihr 125-jähriges Jubiläum. Ich gehe über den riesigen Messeparkplatz, Wels hat in dieser Weite etwas von einer amerikanischen Vorstadt, früher fanden hier Viehversteigerungen statt, freitags ist Bauernmarkt, daneben die Skaterhalle, Hausfassaden und Fabriken, eine alte Aufschrift "Diamant", links das Welldorado-Schwimmbad und die Traunauen. Das erste Rennen ist bereits in vollem Gange, am Rand der Rennbahn stehen die Traberfans und Spieler und vergewissern sich, ob sie aufs richtige Pferd gesetzt haben. Es ertönt dramatische Musik, dann fliegen die Pferde vorbei. Man kann ihre Hitze spüren, das Schnauben und Traben im aufstiebenden Sand. Im Gegensatz zum Galopprennen mit Jockeys wird beim Trabrennen das Pferd von einem Fahrer auf einem Gestell mit zwei Rädern gelenkt, so wird auch deutlich, dass dieser Sport aus den altgriechischen und römischen Wagenrennen entstand. Pferderennen sind mir aus der Literatur als Zeitvertreib der Aristokratie bekannt, hier ist dies jedoch eher ein bodenständiges Vergnügen für Familien, Rentner, Wett- und Pferdebegeisterte.

Die Namen der Pferde erinnern an Westernfilme, Casinos in Las Vegas oder Popstars aus den Achtziger Jahren. Aus einem Lautsprecher ertönt die Stimme des Kommentators aus dem Richterturm: "Zuvorderst sehen Sie Oklahoma Venus, knapp dahinter Esther Mo, auf der Innenseite My fair Lady, Power Strizzi greift von außen an, Power Strizzi überholt, Oklahoma Venus läuft in die Zielgerade ein." Das Siegerpferd und die Fahrerin posieren für die Kamera, das tänzelnde Pferd trägt eine schwarze Maske wegen des Sandes und rote Ohrenschoner. Ich bekomme ein paar Empfehlungen und schließe eine Platzwette auf Blackjack Venus ab. Diese macht immerhin den dritten Platz, ich habe gewonnen. Es sind zwar nur die zehn Euro, die ich zuvor gesetzt hatte, da Blackjack Venus eine Favoritin war. Bei den folgenden Rennen setze ich je fünf Euro auf die Außenseiterinnen Lilly Ass und MS Birgit, leider ohne Erfolg.

Die Windböen von der Traun und der Geruch von feuchtem Sand erinnern an einen Tag am Strand mitten in Wels. Der Präsident der Welser Trabrennbahn zeigt mir den Richterturm, die Ställe und die Wettbüros und erzählt mir einiges über die Geschichte des Trabrennsports, beispielsweise dass dies die erste olympische Disziplin war, in der Frauen antreten durften, allerdings nicht als Fahrerinnen, sondern als Besitzerin des Pferdes. Im Sekretariat holt ein Gewinner mehrere Umschläge mit Preisgeld für seine verschiedenen Pferde ab. Vieles hat sich seit 124 Jahren kaum verändert, auch wenn die Traberzucht professionalisiert wurde und die Wetten international übertragen werden, ich könnte also auch aus Zürich das Wettgeschehen verfolgen und mitbieten. Am 11. Juni ist schon das nächste Rennen, und ich kann mein Glück erneut versuchen.

 

Die Schweizerin Stefanie Sourlier bloggt unter welserstadtschreiberin.wordpress.com

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