Zehn Jahre nach Libro-Pleite Haftstrafen für die Ex-Chefs
WIENER NEUSTADT. Im Jahr 2001 ist die Buch- und Papierhandelskette Libro in die Insolvenz geschlittert. Am Dienstag wurden vier Verantwortliche, unter anderen die Ex-Manager Rettberg und Knöbl, zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Der ehemalige Vorstandschef Andre Rettberg muss nun insgesamt vier Jahre und zwei Monate in das Gefängnis, sollte die gestrige Verurteilung von dreieinhalb Jahren rechtskräftig werden. Er war bereits 2006 wegen versuchter betrügerischer Krida zu drei Jahren Haft verdonnert worden, davon acht Monate unbedingt. Diese Strafe hat er aber noch nicht angetreten.
Nun wurden Rettberg und drei andere Angeklagte wegen Untreue und Bilanzfälschung schuldig gesprochen. Betroffen sind auch Ex-Finanzchef Johann Knöbl (vier Jahre), der frühere Libro-Wirtschaftsprüfer Bernhard Huppmann und Ex-Aufsichtsratschef Kurt Stiassny (jeweils drei Jahre, davon eines unbedingt).
Freigesprochen wurde der ehemalige Aufsichtsrats-Vizepräsident Christian Nowotny. Die Verteidiger aller vier Verurteilten haben gegen die Strafhöhe berufen und Nichtigkeitsbeschwerden angekündigt. Damit sind die Schuldsprüche nicht rechtskräftig. Vom Vorwurf des schweren Betrugs wurden alle fünf freigesprochen.
Die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagten vorgeworfen, die Libro-Bilanz rechtswidrig für den Börsegang geschönt zu haben. „Dass Rettberg eine Bilanz nicht lesen konnte, davon ging der Senat nicht aus“, sagt die Richterin Birgit Borns.
Der Schöffensenat bezifferte im Urteil den in der Bilanz 1998/99 ausgewiesenen Gewinn als um 133 Millionen Schilling (9,67 Millionen Euro) zu hoch. Die Ex-Manager hätten eine „gemäß Aktiengesetz verbotene Sonderdividende“ von 440 Millionen Schilling an die Zwischengesellschaft UDAG verfügt. Borns: Zwar könne eine Sonderdividende fremdfinanziert werden, allerdings „muss ein Gewinn vorliegen“.
Auf die Strafhöhe haben sich laut der Richterin die bisherige Unbescholtenheit und die lange Verfahrensdauer mildernd ausgewirkt. Alleine wegen letzterem Umstand seien die Strafen um 18 Monate herabgesetzt worden. Als strafverschärfend wurden die Begehung mehrerer Taten und die hohen Schadensbeträge gewertet.
Die Angeklagten verfolgten die Urteilsverkündung im Landesgericht Wiener Neustadt mit steinernen Mienen. Richterin Borns bedankte sich bei den Ermittlungsbehörden für das „gründliche Vorverfahren“. Das sei so gewesen, wie man es sich als Richter wünsche.