"Wenn das dein Hund ist, denkst du gleich anders"
SANKT WOLFGANG/MONDSEE. Christian Stoxreiter ist über Nacht zum Helden geworden. Zumindest für jene, deren Herz für Tiere schlägt. Andere wiederum sehen das, was der Leiter des Sonderdienstes Drohnen vom Abschnittsfeuerwehrkommando Mondsee und seine Kameraden am Dienstag getan haben, als "großes Theater nur wegen eines Hundes". Fest steht: Stoxreiter und seine Kollegen haben ein Leben gerettet. Gemeinsam mit den Bergrettern aus St. Gilgen holten sie Border Collie "Gaia" nach einer Nacht im Steilgelände zurück auf sicheren Boden.
Die emotionale Geschichte beginnt am Neujahrstag: Eine tschechische Familie – Vater, Mutter und ihre dreijährige Tochter – hat Silvester im Salzkammergut verbracht und will im neuen Jahr gleich hoch hinaus. Mit der Bahn fahren die drei am Nachmittag zur Schafbergalm, dort nimmt die Tochter Familienhündin "Gaia" an die Leine. Doch "Gaia" ist schnell abgelenkt: Einige Gämsen haben sich in 1400 Metern Seehöhe versammelt, tapsen gemeinsam durch den Schnee und präsentieren sich den vielen Touristen bereitwillig als Fotomotiv.
Übungen machten sich bezahlt
Die Hündin ist aufgeregt, reißt sich von der Leine los, jagt den Gämsen hinterher– und stürzt über eine Felswand. Obwohl ihr Fall 70 Meter tief ist, überlebt sie ihn: Die Familie hört ihren Hund noch bellen. Die Suche auf eigene Faust verläuft ergebnislos, am nächsten Morgen rücken Bergretter aus St. Gilgen samt Hundeführern aus. Mit dabei ist auch das Abschnittsfeuerwehrkommando Mondsee und deren Sonderdienst Drohnen. "Wir haben den Dienst erst im März vergangenen Jahres gegründet und uns mit den Bergrettern in Mondsee und St. Gilgen zu gemeinsamen Übungen getroffen. Das hat sich ausgezahlt", sagt Leiter Stoxreiter. Von Winkl fahren die Feuerwehrleute auf der Forststraße so weit wie möglich bergwärts und starten von dort den ersten Suchflug: "Ich muss ehrlich sagen, wir haben uns nicht darauf eingestellt, einen lebenden Hund zu finden", sagt Stoxreiter. Doch die Bergretter, die für die Suche in das steile und lawinengefährdete Gelände aufsteigen, entdecken Hundespuren. "Sie gingen teilweise nach oben, teilweise nach unten. Wir haben sie mit den Drohnen abgeflogen und plötzlich den Kopf der Hündin entdeckt, den sie neugierig aus einem Gebüsch gestreckt hat", sagt der Mondseer Feuerwehrmann.
Nur leichte Verletzungen
"Gaia" reagiert panisch auf die Bergretter, schnappt nach ihnen, lässt sich aber von einem Suchhund, der mitaufgestiegen ist, schnell beruhigen. Mit Verletzungen an der linken vorderen Pfote und am Auge kann sie – einmal in den Armen der Bergretter, einmal selbstständig – den Abstieg antreten. "Wenn du die Freude des Mädchens siehst, weil ihr Hund plötzlich doch zurück ist, erübrigen sich alle weiteren Fragen", so Stoxreiter.
Auch jene nach der Rechnung, die nach Einsätzen immer wieder gestellt wird. "Zum Hundesuchen rücken wir normal nicht aus. Aber das war eine Tierrettung. Wir kommen auch, wenn ein Kalb in eine Jauchegrube fällt. Das wird nicht verrechnet." Es sei kein Mensch gewesen, der derartig aufwendig gerettet wurde, aber: "Wenn das dein eigener Hund ist, denkst du anders. Da bist du sicher auch wahnsinnig dankbar", sagt Stoxreiter. Der Sonderdienst Drohnen der Mondseer hatte seit März 2023 bereits 14 Einsätze: Drei Menschen konnten gefunden werden – und ein Hund.