Make the Fake: Borg-Schüler lauschen dem Speaker, der auf Fakes vertraut
RIED. Strategieberater Christoph Zulehner hielt einen ungewöhnlichen Vortrag vor Jugendlichen.
Sie stehen ein, zwei Jahre vor der Matura – jene Sechst- oder Siebtklassler des Borg Ried, die zwei Stunden lang den Worten Christoph Zulehners lauschen. Der Unternehmensberater, Strategieexperte, Buchautor ("Make the Fake") und Speaker hat dieser Tage vor rund 180 Borg-Schülerinnen und -Schülern gesprochen und ihnen erklärt, "warum Erfolg die Täuschung braucht" und warum es künftig nicht darauf ankommt, alles zu wissen, sondern gut vernetzter Experte zu sein.
Er verblüfft zu Beginn mit einer Geschichte aus der Zeit, als er 18 Jahre alt und noch Krankenpflegeschüler war. Sein erster Nachtdienst im Krankenhaus – ein dramatischer Notfall mit einer Patientin, seine Reanimationsmaßnahmen, alleine, bis das Medinzinerteam kommt. Die Patientin überlebt und sagt später: "Dank Ihrer Kompetenz hab ich überlebt!"
Hier knüpft Zulehner an, gibt zu, dass er noch gar kein kompetenter "Experte" gewesen sei, aber gehandelt habe. Er war quasi ein "Faker", also einer, der vorgibt, etwas zu sein, das er noch gar nicht ist... Genau darauf will der Rieder hinaus. Er unterscheidet zwischen Hochstapler und "Faker" und macht klar: "Ein Faker ist kein Hochstapler, kein Betrüger!"
Zulehner visualisiert, illustriert, er macht an Beispielen deutlich, dass man nur durch das eigentliche Tun zu einem jener "Experten" wird, die sich auf ihr spezielles Wissen und Können konzentrieren und die sich mit anderen "Experten" gut vernetzen. Manchmal müsse man eben dieses "Expertentum" vorschützen, um einen Schritt nach vorne zu machen. Wie jener vermeintliche Autoverkäufer, der Christoph Zulehner vor Jahren ein Auto so eindrucksvoll vorgestellt hatte, sodass er einen Neuwagen kaufte. Der junge Mann hatte "gefaked", denn er war nur der Lehrling, der in der Mittagspause, als die Chefs nicht da waren, die Stellung gehalten hatte...
Mit den von Donald Trump geprägten "Fake News" habe sein Plädoyer für "Fakes" nichts zu tun, beteuert Zulehner. Die Schüler – anfangs irritiert über den Zugang zum Kern seiner Botschaft – erkennen nach und nach, worauf er hinauswill. Nächstes oder übernächstes Jahr müssen sie die "Experten" sein. Bei der Matura.
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Wenn ich mir all die Faker, wie sie Zulehner beschreibt in Vorstellungsgesprächen vor Augen führe, und diese dann nach einer gewissen Zeit im Unternehmen dann realisieren, sie sind doch nicht so gut, wie sie vortäuschen (=fake), wer hat den Schaden? Der Faker zieht jedenfalls weiter...
Meines Erachtens ist es grob fahrlässig, Botschaften wie "Faken ist kein Betrug und ist eine unabdingbare Notwendigkeit Erfolg zu haben" auf junge Menschen loszulassen.
Kann lediglich nur dazu dienen, sich intensiv und kritisch mit diesen Inhalten auseinanderzusetzen, was ich mir vom Lehrkörper auch erwarte.
Nach wie vor zählen selbstbewusstes und authentisches Auftreten im Geschäftsleben am meisten. Alles andere wird relativ rasch durchschaut. Das weiß Zulehner wahrscheinlich auch selbst als langjähriger Faker.
So ungewöhnlich ist das Vortäuschen von Expertentum nicht. Wer kennt sie nicht, diese Dampfplauderer, diese Allerbestern, Allergrößten? Die, sobald die vorgetäuschte Fassade bröckelt, ein Aufräumkommando brauchen oder befördert werden und dann dort ihr Unwesen treiben, das das einfache Volk dann mit Fachkompetenz und Mühe ausbügeln darf. Aber ich gehe davon aus, dass man den ganzen Vortrag hören muss, um die Gedankengänge hinter diesem Zugang halbwegs vernünftig zu finden. Nichts für ungut, aber so wie diese Philosphie hier beschrieben wird, stellen sich mir die Nackenhaare auf.