"Die Abwanderung passiert bei uns nur auf dem Papier"
BEZIRK SCHÄRDING. Drei von zehn der am stärksten vom Bevölkerungsrückgang betroffenen Gemeinden in Oberösterreich liegen im Bezirk Schärding.
Der ländliche Raum in Österreich ist in den vergangenen Jahren geschrumpft. Drei von zehn der am stärksten vom Bevölkerungsrückgang betroffenen Gemeinden in Oberösterreich liegen im Bezirk Schärding. Die Bürgermeister der Gemeinden Engelhartszell, Vichtenstein und Waldkirchen haben dazu Stellung genommen.
Ein Bevölkerungsrückgang um gut 14 Prozent in den vergangenen 15 Jahren – mit diesen Fakten wurde Martin Friedl, VP-Bürgermeister in Vichtenstein, konfrontiert. Der Ortschef hat eine relativ simple Erklärung für diese Zahlen: "Fast zwanzig Prozent unserer Einwohner waren deutsche Staatsangehörige, die ihren Hautpwohnsitz in Vichtenstein hatten. Auf Druck ihrer Heimatgemeinden gab es bei uns viele Ummeldungen in Zweitwohnsitze. Deshalb passiert die Abwanderung bei uns eigentlich nur auf dem Papier. Das trifft uns finanziell zwar hart, aber die Leute in Vichtenstein sind deswegen nicht weniger geworden. Auch die Bautätigkeit bei uns ist nicht schlecht."
Benachteiligte Region Donautal
"Die Leute flüchten ja nicht aus unserer Gemeinde, im Gegenteil, wir haben Gott sei Dank auch verstärkt junge Familien, die sich bei uns ansiedeln", sagt Herbert Strasser, VP-Bürgermeister der Gemeinde Waldkirchen am Wesen. "Aber es sind letztlich immer dieselben Themen – vom Geburtenrückgang bis zu den fehlenden Arbeitsplätzen –, die sich negativ auf die Bevölkerungsentwicklung auswirken. Wir leben im Donautal nicht zuletzt durch die Entfernung zu den Hauptverkehrsadern des Landes in einer wirtschaftlich benachteiligten Region. Da, wo wir sind, ist tatsächlich der oft genannte ,ländliche Raum‘, und der wird seitens der Politik leider nach wie vor stiefmütterlich behandelt." Ganz ähnlich sieht es auch Roland Pichler, VP-Bürgermeister in Engelhartszell. "Bund und Länder propagieren zwar immer, dass der ländliche Raum gestärkt werden muss. Das geht aber nur, wenn Betriebe angesiedelt werden. Es muss sich nicht alles auf Linz konzentrieren."
Dennoch hat Pichler in den vergangenen Jahren eine positive Veränderung bemerkt. "Viele Jugendliche denken schon um und wollen nicht nur gut verdienen, sondern mehr Lebensqualität. Deshalb kehren nach dem Studium einige wieder in ihre Heimat zurück." (BiEi, jsz, elha)
Diana Weidlinger, Journalistin aus Engelhartszell, die jetzt in Wien lebt: "Aus momentaner Sicht halte ich es für ausgeschlossen, wieder zurück nach Engelhartszell zu ziehen. Das liegt sowohl an der fehlenden Infrastruktur und dem kulturellen Angebot als auch an den besseren beruflichen Möglichkeiten in der Hauptstadt."
Roland Pichler, Bürgermeister der Gemeinde Engelhartszell: "Das Hauptproblem sind die Arbeitsplätze. Viele Engelhartszeller arbeiten im Zentralraum. Früher gab es wesentlich mehr Pendler, das ist vielen zu beschwerlich geworden und deshalb haben sie sich in Linz auch angesiedelt."
Walter Humer, Amtsleiter Waldkirchen am Wesen: "Ein Faktor ist sicher auch, dass die Uni-Städte die Studenten mit Förderung ködern, wenn sie dort ihren Hauptwohnsitz anmelden. Die jungen Waldkirchner kommen häufig an den Wochenenden nach Hause, aber als Einwohner werden sie in dieser Zeit leider nicht gezählt."