Pioniere: Wie die Goiserer Österreichs erste Pensionsversicherung gründeten
BAD GOISERN. Bad Goisern feiert 150 Jahre Arbeiterbildungsverein: Die visionären Ideen des "Bauernphilosophen" Konrad Deubler und seiner Mitstreiter wirken bis heute nach
Es war am 26. Juli 1868, als beim Kirchenwirt in Bad Goisern Konrad Deubler, Josef Peer und andere Goiserer beisammensaßen und etwas Unerhörtes wagten: Sie gründeten den Arbeiterbildungsverein.
Was heute nach Vereinsmeierei klingt, war vor 150 Jahren ein geradezu historischer Schritt. Erst seit wenigen Monaten war es dank eines neuen Gesetzes überhaupt möglich, Vereine zu gründen. Der Arbeiterbildungsverein in Goisern war vermutlich der vierte in ganz Österreich – und einer der erfolgreichsten. Unter anderem aus den Arbeiterbildungsvereinen sollte sich später die SPÖ entwickeln.
Ursprünglich als Filiale des Hallstätter Vereins initiiert, hatten die Goiserer schon zu Weihnachten 240 Mitglieder. Und bald mehr als die "Mutter" in Hallstatt, von der sie sich ein Jahr später lösten.
Ab dann ging es Schlag auf Schlag. "Bereits in der dritten Sitzung im November 1868 wurde ein Konsumverein gegründet", sagt Reinhard Winterauer, ehemaliger Bürgermeister und Landes- sowie Bundesgeschäftsführer der SPÖ. Damit sollten alle Goiserer Zugang zu Lebensmitteln erhalten. Fünf Jahre später gründete der Arbeiterbildungsverein einen Spar- und Kreditverein. "Damit konnten die Arbeiter ihre Ersparnisse anderen für Investitionen bereitstellen", sagt Winterauer. Auch eine Kranken- und eine Feuerversicherung gehen auf den Verein zurück.
Die bemerkenswerteste Gründung ist aber die Pensionsversicherung, die 1885 ihre Tätigkeit aufnahm. Einzahlen konnten alle Bewohner des Salzkammergutes, die jünger als 48 Jahre waren. Ab dem 50. Lebensjahr gab es dann eine monatliche Rente.
Treibende Kraft dahinter war eine schillernde Persönlichkeit: der "Bauernphilosoph" Konrad Deubler. Der Müller, der nebenbei das Gasthaus Wartburg betrieb, war in den 1850er-Jahren mehrere Jahre im Gefängnis gewesen, weil er aufklärerische und religionskritische Bücher verbreitet hatte. Der Freidenker war offen für neue Erkenntnisse und besaß mehr als 100 Bücher, damals eine enorme Anzahl.
Er besuchte mehrmals den Philosophen Ludwig Feuerbach in Nürnberg, der seinerseits später mehrere Monate in Bad Goisern verbrachte. Deubler errichtete später ihm zu Ehren die "Feuerbach-Villa" in Goisern.
"Die Idee ist bis heute aktuell"
Im Arbeiterbildungsverein wurden bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten regelmäßig Vorträge gehalten, in der Bibliothek konnten Mitglieder Bücher ausborgen. Die Gewerbetreibenden unterstützten die Ideen der Arbeiter. "Damit gab es hier bereits vor 150 Jahren eine Art Sozialpartnerschaft", sagt Winterauer.
Auch wenn es heute bis auf die Feuerversicherung keinen der Vereine mehr gibt, wirken die visionären Ideen bis heute nach, sagt der Goiserer Historiker Michael Kurz: "Die Idee, die eigene Bildung selbst in die Hand zu nehmen und auch als Erwachsene weiter zu lernen, ist heute noch hochaktuell."
Das Jubiläumsfest
Drei Tage lang wird das 150-Jahr-Jubiläum des Arbeiterbildungsvereins im Festsaal Bad Goisern jeweils ab 19 Uhr gefeiert. Heute hält Historiker Michael Kurz einen Vortrag, bei Diskussionen sind morgen Noch-SP-Bundesparteichef Christian Kern und am Samstag Landesrätin Birgit Gerstorfer zu Gast.
Geniale Vordenker!
Als es noch eine Arbbeiterbewegung gab! heute bewegt sich bei den sogenannten Vetretern der Arbeiter höchstens noch das Konto