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"Am Ende sind wir nur die Initialzündung"

Von Reinhold Gruber, 29. Dezember 2018, 00:04 Uhr
"Am Ende sind wir nur die Initialzündung"
Sonja Tomandl erfuhr in Ruanda viele Geschichten von Frauen, die durch CARE eine Chance im Leben erhalten. Bild: CARE

WIEN/LINZ. Die gebürtige Linzerin Sonja Tomandl hat in Ruanda hinter die Kulissen der Arbeit von CARE geblickt und viel mitgenommen.

Die studierte Humanbiologin Sonja Tomandl war und ist immer am Menschen interessiert. Die 48-jährige Linzerin, die nach ihrem Studium in Wien geblieben ist, arbeitet für die private Hilfsorganisation CARE und war in dieser Funktion im Herbst in Ruanda. Dort machte sie sich ein Bild vom Projekt Yeiss, das jungen Menschen eine Perspektive im Leben geben will. "Hinter den Zahlen stehen Menschen mit ihren Geschichten, von denen ich einige kennen lernen durfte", sagt Tomandl. Was sie alles sonst noch aus Afrika mit nach Hause genommen hat, hat sie im Interview erzählt.

 

OÖNachrichten: Was bringt Sie dazu, sich in den Dienst anderer Menschen zu stellen und dafür in Gegenden zu fahren, die nicht unbedingt erste Adresse sind?

Sonja Tomandl: Ich arbeite bei CARE in der Kommunikation, und da ist es wichtig, auch zu sehen, worüber wir berichten. Denn nur so kann es authentisch sein. Es gibt unterschiedliche Programme in unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlichen Situationen, die aber alle eines vereint: Die Menschen stehen im Mittelpunkt, und man holt sie mit Unterstützung und Hilfe dort ab, wo sie leben.

Ist es als Frau leichter oder schwerer, Zugang zu den Menschen zu finden?

Es kommt darauf an, wen man anspricht. In Ruanda hat es sich gut getroffen, dass in dem Projekt vor allem Frauen unterstützt werden. Das macht es für eine Frau aus Europa etwas leichter. Dazu kommt, dass in Ruanda mehr als die Hälfte der Regierung weiblich ist, was bewirkt, dass die Frauen ein Einkommen haben, dadurch gestärkt und dann auch respektiert werden. Diese Veränderung passiert in der männerdominierten Gesellschaft, bei der eine Frau weniger wert ist als ein Mann, weil sie weg heiratet und folglich dem Dorf nicht mehr zur Verfügung steht. Das Bild beginnt sich langsam zu drehen. Aber das dauert seine Zeit.

Welche Lebensgeschichten haben Sie in Ruanda kennengelernt?

Mir ist zum Beispiel eine junge Frau in Erinnerung geblieben, die die Jüngste in ihrer Familie war und praktisch verstoßen wurde, weil sie ein uneheliches Kind bekam und alleinerziehende Mutter war. Sie war als Tagelöhnerin am Existenzminimum und zudem auch sexueller Gewalt ausgesetzt. Seit sie in eine Kooperative aufgenommen wurde, in der Erspartes von allen Mitgliedern zusammengelegt und dann wieder investiert wird, hat sich ihr Leben verändert.

Inwiefern?

Sie kann sich jetzt ein Heim mit ihrem Sohn leisten, unterstützt ihre Eltern und ist froh, dass sie nun von ihrer unmittelbaren Umgebung respektvoll behandelt wird.

Sind es Geschichten wie diese, die Ihre Arbeit sinnstiftend machen?

Ja, sicher. Wir reden immer über Zahlen. Aber zu sehen, dass dahinter Menschen stehen, für die sich durch unseren Einsatz wirklich viel verändert hat, ist eine schöne Erfahrung. Da jemand anderer an sie glaubt, glauben sie selbst plötzlich auch an sich. Am Ende sind wir nur die Initialzündung.

Was hat Ruanda mit Ihnen persönlich gemacht?

Was mich sehr berührt hat, war die Offenheit der Menschen gegenüber Neuem. Sie kennen keine Vorurteile, strahlen Freude und Zufriedenheit aus. Jene, die ich kennengelernt habe, sind mir glücklich vorgekommen, zufrieden mit dem, was sie haben. Sie sind sehr herzlich und diszipliniert, womit ich nicht gerechnet hätte.

Was haben Sie nach Österreich mitgenommen?

Bewusster zu leben. Ich habe zwei Kinder, denen ungefragt alle Möglichkeiten offenstehen. Ihnen zu vermitteln, dass das nicht überall auf der Welt selbstverständlich ist, hat sich seit Ruanda verstärkt.

 

CARE will Junge aus der Armut holen

Das Projekt, das Sonja Tomandl in Ruanda besucht hat, trägt den Namen Yeis (Youth Employability in the Informal Sector) und ist langfristig und nachhaltig angelegt.

Damit hilft CARE, die Armut von jungen Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren zu verringern, die im sogenannten informellen Wirtschaftssektor arbeiten. Damit ist Straßenverkauf, Feldarbeit und Hilfsarbeit gemeint. Sie arbeiten dort ohne Schutz und ohne Rechte.

Informelle Beschäftigung ist in Ruanda weit verbreitet. Besonders junge Menschen, die von formellen Erwerbstätigkeiten ausgeschlossen sind, arbeiten im informellen Sektor, wo ihre Löhne sehr niedrig sind. Außerdem verdienen Frauen bedeutend weniger als Männer.
An die 70 Prozent der Menschen, die in Ruanda so arbeiten, sind Frauen. Deshalb liegt der Fokus des Projektes auf der Stärkung und Förderung der Frauen, was auch im Sinn der Regierung und Bestandteil des Regierungsprogrammes ist.

Betreut werden diese Programme von lokalen Organisationen. Sie sind es denn auch, die am besten wissen, wer welche Unterstützung braucht.

Mit dem Projekt hilft CARE mit zwei lokalen Partnern mehr als 9300 Menschen, wovon 7000 Frauen sind. Ziel ist es, deren technische, finanzielle und unternehmerische Fähigkeiten auszubauen. Sie werden ermutigt, sich zusammenzuschließen.

 

Zur Person

Sonja Tomandl, 1970 in Linz geboren, wuchs als Tochter eines Eisenbahners – Vater Erich war Jurist bei den ÖBB – und einer OP-Schwester – Mutter Hildegard arbeitete im Krankenhaus der Elisabethinen – auf dem Froschberg auf.

Das jüngste von drei Kindern – Bruder Erich und Schwester Susi – besuchte die Unterstufe des BRG Hamerlingstraße und dann das BORG Honauerstraße, wo Tomandl, die den musischen Zweig besuchte, auch maturiert hat.

Das Studium der Humanbiologie führte sie nach Wien, wo sie ihren Mann Dietmar Feistel – einen Vorarlberger aus Bregenz – kennen- und lieben lernte. Gemeinsam hat das Paar einen Sohn (18) und eine Tochter (16).

Seit 2012 arbeitet Tomandl bei CARE in der Abteilung Kommunikation und Marketing/Fundraising. Um über die Aktivitäten besser berichten zu können, bedeutet dies auch hin und wieder Reisen in die Einsatzgebiete von CARE. Zuletzt war Ruanda Tomandls Ziel.

 

 

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2  Kommentare
2  Kommentare
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meinereiner (161 Kommentare)
am 30.12.2018 02:08

Mich würde interessieren, wie lange sich Frau Tomandl in Ruanda aufgehalten hat !

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Luftschlossgefahr (2.533 Kommentare)
am 30.12.2018 01:10

https://oe1.orf.at/artikel/372657

Um das Bild von Ruanda als Vorbild noch zu ergänzen, hier ein Link zum Anhören. Unglaublich, weil sie schafften, was in Österreich absolut undenkbar ist.

Wir sollten unseren Politikern richtig Mut machen und ihnen für Plastikverbotsgesetze den Rücken stärken. Für eine saubere Umwelt, das ist die Mühe wert.

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