"Altern" mit Elke Heidenreich: Klar, lustig und manchmal auch traurig
Das neue Buch der 81-jährigen Bestsellerautorin ist eine sehr persönliche, kluge Analyse über eine Lebensphase, in der auch Gelassenheit eine große Rolle spielt
Alle wollen alt werden, niemand will wirklich alt sein. "Dieser Widerspruch ist absurd, das Leiden daran real", schreibt die deutsche Autorin und Literaturkritikerin Elke Heidenreich (81) in ihrem neuen Buch "Altern" – und sie tut dies ohne Jammern, Klagen und Wehleidigkeit. Wer von ihr gut gemeinte Tipps erwartet, wird keine finden, dafür aber klare Ansagen: "Im Alter trägt man die Konsequenzen für alles, was man getan hat. Aber mit ihm kommt auch Gelassenheit, und man begreift: Das meiste ist vollkommen unwichtig. Man sollte einfach atmen und dankbar sein", schreibt Heidenreich. Sie sei eine sehr glückliche Alte – Glück heiße aber nicht, über Tische und Bänke zu springen. "Es ist eher eine zufriedene Heiterkeit – und schon gar nicht ist das Altern heutzutage eine Krankheit." Ja, und wie merkt man, dass man alt wird? Auch darauf hat die Autorin eine Antwort: "Die Brillen werden dicker. Man sitzt öfter beim Zahnarzt. Die Lieblingsjacke geht vorne nicht mehr zu. Man wiegt 70 statt 60 Kilo, obwohl man eher weniger isst. Die Schuhe werden bequemer."
Immer wieder blickt Elke Heidenreich in "Altern" auch auf ihr Leben zurück, mit dem sie im Großen und Ganzen zufrieden ist, obwohl sie von ihrer freudlosen Kindheit erzählt und von Schicksalsschlägen und Krankheiten nicht verschont wurde.
Lust am Leben nie verloren
Schon in jungen Jahren wurde ihr ein Lungenflügel entfernt, eine Krebserkrankung mit 60 Jahren hat sie überwunden, die Lust am Lieben und Leben aber niemals verloren. "Ich habe mich oft verliebt und hatte zwei gute Ehemänner. Leider war ich nicht immer so ganz treu, ich ließ mich in manchen Phasen meines Lebens hinreißen von Leidenschaften und Liebschaften." Ihr aktueller Partner ist der Hamburger Pianist Marc-Aurel Floros und um 27 Jahre jünger als sie. "Ich empfinde uns ältere, vergnügte Grauen heute oft fast als eine Art Avantgarde, weil wir genauso wenig mit achtzigjährigen Männern zusammenleben wollen wie offenbar achtzigjährige Männer mit alten Frauen."
Wie sie sich fit hält? "Ich sorge dafür, dass immer ein Hund da ist, mit dem ich zwei Stunden täglich spazieren gehe. Sport mache ich keinen mehr."
Buchtipp: Elke Heidenreich: "Altern," 112 Seiten, Verlag Hanser Berlin, 20,60 Euro.