Stefanie Reinsperger: Das Kraftwerk
Den Domplatz zu Salzburg kennt Stefanie Reinsperger seit früher Kindheit. Da tollte sie, "Jeeedermaann" brüllend, wild herum. Weil die Schauspielerei schon immer ihres war.
Vergangenes Jahr erfüllte sich der Jedermann-Traum der mittlerweile vom Publikum und Kritik gefeierten 30-jährigen Niederösterreicherin. Man hatte ihr die Buhlschaft angetragen – der neue Jedermann Tobias Moretti hatte von seinem Mitspracherecht bei der Besetzung der Buhlschaft vehement nachgeholfen. Jene Rolle, die so klein ist, dass sie bei anderen Stücken kaum Erwähnung finden würde. Beim Jedermann ist das anders. Wer ist die Buhlschaft, wie sieht sie aus, was hat sie an?
Mit Stefanie Reinsperger sah die Buhlschaft optisch endlich anders und damit auch anders erotisch aus. Ihre Engagement wurde als Statement gesehen, denn Reinsperger unterscheidet sich in ihrer schönen, körperlichen Robustheit von den meisten ihrer Vorgängerinnen. Doch gerade dieser Umstand hätte die auf der Bühne als wahres Kraftwerk, als Bauchspielerin agierende, um ein Haar dazu animiert, der ersten keine weitere Saison in Salzburg folgen zu lassen: "Beschreibungen über den Köper von Schauspielrinnen und Schauspielern haben bei Kritiken nichts verloren. So etwas belastet", sagte sie später.
Stefanie Reinsperger wuchs als Tochter zweier Mitarbeiter das Außenministeriums in Belgrad und London auf. Schon dort besuchte sie Schauspielschulen. Ferngesehen wurde in der Familie Reinsperger nur sonntags. Das Credo der Eltern an die beiden Töchter: "Wir haben einen Garten, wir haben Spielzeug, ihr habt einander. Macht was draus!" Reinsperger machte, spielte, spielte, spielte, absolvierte später das Reinhardt-Seminar. Engagements in Düsseldorf, dem Burg- und Volkstheater und – seit vergangener Spielzeit – beim Berliner Ensemble folgten. Es regnete Auszeichnungen, etwa 2015, als sie vom Fachblatt "Theater heute" zur besten Schauspielerin und zur besten Nachwuchsschauspielerin des Jahres erkoren wurde. Weitere werden folgen, denn diese Begabung ist nicht aufzuhalten. Das weiß inzwischen Jedermann.