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Die erste Adresse, wo Gott in Frankreich  lebt

Von Hannes Fehringer, 18. April 2015, 00:04 Uhr
Die erste Adresse, wo Gott in Frankreich  lebt
Mont Saint Michel ragt aus dem Meer. Es ist eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Frankreichs. Bild: Reuters

"Gärtner" Claude Monet wurde berühmt, weil er die Blütenpracht bei seinem Landhaus in Giverny malte. Der französische Lebensgenuss mit Camembert und Calvados ist besonders in der Normandie zuhause.

Bis auf die Gartenarbeit und die Malerei tauge ich zu nichts", gestand der französische Maler Claude Monet. Seine "Restbegabung" reichte trotzdem für ein geniales Lebenswerk aus. Die Modelle, die sich vor seiner Leinwand ins Sonnenlicht streckten, hat er selber gepflanzt, gedüngt und gegossen.

Die Heidenarbeit, die der Mann mit breitkrempigem Hut und weißem Rauschebart an den unzähligen Beeten verrichtet hat, erledigt heute eine Heerschar an Gärtnern in dem Landhaus in Giverny. Viele Besucher bevölkern die Wege und japanischen Brücken über die Teiche, wo sich Seerosen wie Teppiche ausbreiten. Monet hat das alles selbst angelegt. Die Räumlichkeiten und das Mobiliar verraten, dass hier Bonvivants wohnten, bis Monet 1928 starb. Allein 200 Gemälde von Seerosen hat Monet angefertigt, zuletzt kam eines dieser Werke um 40 Millionen Euro bei einer Auktion unter den Hammer.

Billiger sind die Abbildungen seiner Impressionen auf Servietten und Handtüchern. Die Nachdrucke werden als Dutzendware in den Souvenirläden in der Ortschaft verkauft. Die Häuser sind in Steinbau errichtet, der Efeu rankt sich üppig über das Gemäuer. Das Landleben haben auch Monets Künstlerfreunde genossen: Im Hotel Baudy, in dem Paul Cézanne mit Monet parlierte, bereitet der Chef de Cuisine Gerichte zu, die auch schon die Impressionisten à la carte bestellten.

Gebäude ohne Wasserwaage

Nicht weit entfernt liegt Rouen, die Stadt mit ihren typischen Fachwerkbauten. Die Wasserwaage hat wohl nicht zum Werkzeug der Zimmerleute und Maurer gehört. Die Gebäude leben vom Augenmaß, das wie die Natur selbst auch manche Schieflage duldet. In einer unscheinbaren Kammer des Fremdenverkehrsamtes stehen Apparaturen und Blechkästen. Damit wird in der Nacht aus dem Fenster die Kathedrale mit Lichteffekten bestrahlt. Das Gotteshaus, das 1944 schwer von Bomben zerstört wurde, beherbergt eine Statue der Jeanne d’Arc – in mächtigen Sarkophagen ruhen die normannischen Herzöge in der Krypta.

UNESCO-Weltkulturerbe

Die Herrschaft der Normannen führt auch nach Caen, das auf Wilhelm den Eroberer zurückgeht, der 1087 im Kloster Saint Gervais bei Rouen starb. Was der Bastard (wie man damals uneheliche Kinder nannte) in seiner Geschichtsträchtigkeit bewirkte, zeigt ein fast 1000 Jahre alter "Comic-Strip". Die Kunststickerei des "Wandteppichs von Bayeux" ist 70 Meter lang und 50 Zentimeter hoch, UNESCO-Weltkulturerbe und zeigt den Aufstieg Wilhelms, dem es als letzten normannischen Herrscher gelang, England zu erobern. Das Heldenepos wurde von Näherinnen in Leinen gestickt, 400.000 Besucher werden jährlich auf einem schmalen Gang im Gänsemarsch um das filigrane Textil hinter Panzerglas geführt. In der Gruft der Klosterkirche ruhen die Gebeine Wilhelms, belehrt die Reiselektüre. Die örtliche Stadtführerin flüstert einem aber das Geheimnis zu, dass von dem mächtigen Normannen nur noch ein Oberschenkelknochen vorhanden sei.

Helden werden auch in Deauville abgebildet, aber nicht auf Stickereien und auch nicht auf Marmortafeln. Der Ort am Meer hat sich mit seinen Festivals des amerikanischen und asiatischen Films in der Welt des Glitzers und Glimmers einen Namen gemacht. Finanziert wurde das Filmfest zunächst mit Hilfe der lokalen Casino- und Hotelkette Groupe Lucien Barrière, auch die Stadt unter dem damaligen Bürgermeister Michel d’Ornano investierte in das Projekt. Das Risiko hat sich bezahlt gemacht, denn der "Prix de Jury" hat es zu den gefragtesten Trophäen unter Regisseuren geschafft. Viele Stars auf dem roten Teppich ziehen heutzutage Touristen an. Stolz hat Deauville seinen eigenen "Walk of Fame" geschaffen: Umkleidekabinen mit den Namen von Weltstars säumen den Sandstrand. Wer will, kann in der Kabine als "Mr. Steven Spielberg" in die Badehose schlüpfen.

Soldatenfriedhof des D-Day

Wenn die Brandung in Deauville an den Strand schwappt, dann bleibt in Erinnerung, dass nur wenige Kilometer entfernt vor 71 Jahren das Meerwasser von Blut wie aus einem Schlachthaus gefärbt war. In Colleville-sur-Mer reihen sich in einem endlosen Spalier Tausende Marmorkreuze der gefallenen US-Soldaten, die am "D-Day" am 6. Juni 1944 zur Befreiung Europas von der Nazi-Tyrannei an Land stürmten. Jedes Kreuz und vereinzelt ein Davidstern erinnert an einen Mann, der an der Küste der Normandie starb. Private Roy U. Talhelm war einer der jüngsten Soldaten, der in der fürchterlichen Schlacht fiel. Er starb mit 17 Jahren. Der Freiwillige hatte seine Papiere gefälscht, damit er in die US-Army aufgenommen wurde.

Der Soldat Ryan hieß Niland

Aus einem anderen Kriegsdrama hat der Namenspate der Umkleidekabine in Deauville einen Hollywood-Blockbuster gemacht: Preston und Robert Niland fielen innerhalb von 24 Stunden bei der Invasion in der Normandie, ihr Bruder Edward wurde als Kampfpilot im Pazifik vermisst. Daraufhin veranlassten die US-Militärs, den letzten der vier Brüder, Frederick "Fritz" Niland, von der Front heimzuholen – das Vorbild für Steven Spielbergs "Der Soldat James Ryan".

Die Besucher verlassen den Friedhof in Colleville-sur-Mer schweigend, tief beeindruckt von der Dokumentation bei der Gedenkstätte. Nichtsdestotrotz wendet man sich – der französischen Lebensart gemäß – wieder den angenehmen Dingen des Lebens zu.

Im malerischen Saint Malo belohnt man sich nach der Besichtigung der mächtigen Festungsanlagen am besten in einem der Bistros. Dort gibt es die besten Schnecken, die man genussvoll mit dem Stocher aus dem Gehäuse spießt und mit Zitronensaft beträufelt.

Calvados, der Whisky aus Äpfeln

Für eine weitere Köstlichkeit der Normandie muss man ein wenig ins Hinterland fahren. In Pont-l’Évêque, wo auch ein grandioser Camembert aus Kuhmilch hergestellt wird, befindet sich die Destillerie Père Magloire. In den Kellern reift in Eichenfässern der weltbekannte Apfelbranntwein Calvados. Kellermeister Jean-Luc Fossey vertraut bei der Herstellung nur seiner Nase: "Kein Computerprogramm, nur der Geruchssinn verrät, wie der Calvados zu behandeln ist", sagt er. Der Geschmack auf der Zunge und auf dem Gaumen lässt vor dem geistigen Auge die Obstgärten erblühen. Ein Motiv, das gut vor die Staffelei des Maître Claude Monet gepasst hätte.

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