Vom Wetter und der Nationalelf leergefegt
War es der Europameisterschaft, dem heißen Wetter, der Noch-Vorsicht des Publikums oder der Ansage, auch neue Musik für Cembalo zu spielen, geschuldet, dass am Montag beim Recital des iranisch-amerikanischen Cembalisten Mahan Esfahani gerade einmal 18 Personen im Brucknerhaus saßen?
Schwer zu beantworten, aber alle, die ein kühles Bad oder die Nationalelf vorgezogen haben, haben sich viel entgehen lassen. Denn für Esfahani ist zeitgenössische Musik nicht bloß lästige Pflicht, sondern auf derselben Ebene wie Renaissance und Barock, um mit Tönen selbst in Spannung zu geraten und diese auf das Publikum zu übertragen.
Elektroakustische Welten
Zwischen Thomas Tallis’ virtuosem Felix namque und Orlando Gibbons g-Moll-Pavane fügte sich die wahrscheinlich allererste Komposition für Cembalo und Elektronik höchst homogen ein. Das Konzert für Cembalo und Magnettonband des Komponisten Josef Tal bleibt vom formalen Konzept am klassischen Vorbild orientiert, ersetzt aber das Orchester durch elektroakustische Klänge. Ganz anders mit der Klangwelt von Cembalo und Elektronik geht Oscar Jockel um. In dem uraufgeführten Stück "honig.meer.licht" fügt sich das Instrument mit schier endlosen Trillerkaskaden in einen elektroakustischen Klangteppich ein. Ebenfalls an diesem Abend uraufgeführt hat Esfahani das Stück "Les lotophages" des koreanischen Komponisten Jinwook Jung. Dabei arbeitete er mit kleinen Motiven, die in ihrer Knappheit beeindruckten.
Als Draufgabe gab es dann noch die ausgedehnte "Overture to Orpheus" des niederländischen Komponisten Louis Andriessen. (wruss)
Fazit: Auch für den kleinen Kennerkreis musizierte Mahan Esfahani das Programm mit absoluter Hingabe und technischer Perfektion. Besser und spannender kann ein Fußballspiel keinesfalls sein.