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Kopfhörer #82: Die fabelhafte Welt der Maria

Von Reinhold Gruber, 17. Februar 2022, 18:27 Uhr
Eine fabelhafte Songwriterin, deren Überzeugung und Liebe für die Musik in jedem Ton zu hören ist: OSKA. Bild: Hanna Fasching

Wenn die Liebe zur Musik in jedem Lied spürbar ist, ist man dabei, das neue OSKA-Album zu hören.

Maria Burger ist OSKA und als solche schreibt die Waldviertlerin Lieder, die so reich an Natürlichkeit und Charme sind, dass sie eine magische Anziehungskraft entfachen. Ihr erstes Album „My World, My Love, Paris“ ist eine in 12 Songs gegossene Liebeserklärung an die Kraft von Musik, mit der sich Geschichten und Botschaften so fabelhaft erzählen lassen. Ein Gespräch über Familie, die Liebe zur Musik und den Vorteil, eine Nachzüglerin zu sein.

Als Songwriterin sind Sie ein Talent. Wissen Sie, woher diese Gabe kommt?

Ich liebe es einfach Songs zu schreiben. Das kommt daher, weil ich in einer Familie aufgewachsen bin, mit einer Mama, die diese Liebe zu Liedern extrem hat. Wir haben in unserer Kindheit viel Musik gehört. Die Mama hat uns viele Lieder vorgespielt und darüber geredet, über die irischen Balladen und die Folk-Songs. Nachdem alles in Englisch war, hat sie uns auch erzählt, worum es da geht. So bin ich mit dieser Liebe zur Musik großgeworden.

In diesem Verständnis haben Sie ihr erstes volles Album auch dazu genutzt, Ihre ganze Bandbreite als Künstlerin zu zeigen. Wie leicht fiel Ihnen die Songauswahl?

Es ging schneller, als bei der EP „Honeymoon“ im Vorjahr, als ich lange gebraucht habe, um meinen Sound zu finden. Beim Album wusste ich schon mehr, aber es sind in den letzten zwei Monaten noch viele Lieder neu entstanden. Ich hatte einen Drang, dass ich noch diesen Moment einfangen möchte, indem ich mich jetzt gerade befinde, und nicht nur alte Lieder darauf packen. Das war mir sehr wichtig.

Aber es finden auch Lieder auf dem Album Platz, die älter sind.

„Hallucinating“ habe ich vor vier Jahren geschrieben, aber es war mir immer klar, dass dies das letzte Lied meines ersten Albums sein soll. Für den Opener habe ich lange gebraucht, der hat mir gefehlt und ich habe ihn erst einen Monat vor der Albumabgabe geschrieben.

Im angesprochen Eröffnungssong „Too Nobody“ findet sich all das, was Sie musikalisch ausmacht. Die akustische Gitarre am Beginn, der starke Folk-Einfluss, der in Beats und Sound übergeht...

Ja. Das war mir auch vom Thema her wichtig, weil es darum geht, was ein Song wert ist. Es ist dieses Gefühl, dass Musik am Fließband produziert wird, doch dabei sollte man sich darauf konzentrieren, worum es wirklich geht. Um die Musik und um die Liebe dazu.

Es wird nicht nur am Fließband produziert, sondern auch gehört. Nach ein paar Sekunden muss ein Song schon wirken, sonst hat er keine Chance für die Spotify-Playliste, von der ein Künstler finanziell gar nichts hat. Sie sind eine Künstlerin, die durch die Mama kennengelernt hat, dass sich Lieder auch langsam entfalten können, ihren Raum brauchen. Kann man sich da in der Überzeugung als Musikschaffende völlig vom Geschäftszweig Musik und seinen Mechanismen abkoppeln?

Ich glaube, dieses Problem gab es immer schon. Es gibt mit „Everything Is Free“ einen Song von Gillian Welch, in dem es darum geht, dass Menschen aus einem inneren Drang heraus Lieder schreiben und sich dabei der Gefahr aussetzen, ausgebeutet zu werden. Ich glaube, die zwei Lager, die Künstler und die Labels, gab es stets.Taylor Swift hat ein Lied veröffentlicht, das zehn Minuten lang ist und in die Charts kam. Sie hat ihr Album neu aufgenommen, weil sie die Masterrechte nicht mehr hatte. Ich finde das super, weil sie sich gegen diese Maschinerie stellt. Grundsätzlich ist es natürlich schwierig, mit diesen Marktgesetzen umzugehen, vor allem, wenn man anfängt. Und man ist ein wenig Teil des Geschäfts. Die größeren Künstler haben mehr die Macht, da etwas zu verändern. Viele machen das auch. Ich habe das Gefühl, dass vielleicht etwas passiert, vielleicht auch nicht. Die Probleme gab es immer, aber es hat sich jetzt verändert.

Der Wert von Musik, der Wert eines Albums war aber früher deutlich höher als heute, oder?

Meine Liebe zum Album kommt sicher vom Aufwachsen mit jener Musik, zu der Zeit das Album noch so einen Stellenwert hatte.

Haben Sie das Gefühl, dass es ausreicht, 12 Seiten von sich zu zeigen, um neue Hörerschichten zu erobern?

Das wird sich herausstellen. Ich freue mich aufs Livespielen. Ich glaube aber schon, dass man die Menschen erreichen kann. Es gibt genug Leute, die ein Album kaufen wollen, um ihre Lieblingskünstler zu unterstützen.

Ihnen geht es in der Musik um Menschen, um Beziehungen, aber auch um die Welt, wie wir damit umgehen, dass wir dem Planeten mehr rauben als dass wir ihm geben. Wie sehr muss es Ihnen unter den Fingernägeln brennen, dass sie all diese Themen ansprechen?

Es brennt mir schon lange unter den Fingernägeln, aber es war für mich jahrelang so schwierig, das in Songs zu verarbeiten. Es geht um das Wie. Mir war schon wichtig, dass ich nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daherkomme und alles schlechtmache. Ich bin auch Teil des Ganzen. Deshalb ist der Titelsong des Albums „My World, My Love, Paris“ auch so wichtig für mich, weil er genau das anschneidet. Ich habe den Song Anfang der Pandemie geschrieben, war in Irland und bin kurz vor dem Lockdown wieder nach Österreich zurückgekommen. Zu dieser Zeit herrschte überspitzt gesagt so eine Weltuntergangsstimmung. Also habe ich mich auf dieses Szenario eingelassen. Wie würde ich mich fühlen, wenn jetzt die Welt untergehen würde? Welche Gespräche würde man führen? So habe ich mir die Geschichte von einem Liebespaar ausgemalt, das auf einem Boot hinausfährt und dieses letzte Gespräch führt. Und sich fragt: Hätten wir etwas anders machen können? In Anlehnung an den Song von Edith Piaf „Non, je ne regrette rien“ frage ich, ob wir dann auch dastehen und sagen „ich bereue nichts“. Oder müssen wir gemeinsam sagen: „Sorry, my world, my love, Paris“. Paris steht für diesen schönen Planeten, auf dem wir leben und auf den wir nicht gut aufpassen. Da hatte ich das Gefühl, dass ich mich miteinbeziehe. Diese Verantwortung im Kollektiv war mir wichtig. Aber Verantwortung beginnt im Kleinen, in der Familie. Und oft hat man das Gefühl, dass man alleine nicht viel verändern kann.

Sie verwenden nicht den Zeigefinger, aber es ist gefährlich, dass man nicht wie eine Besserwisserin daherkommt. Denn wir sind alle Teil des Problems, aber auch Teil der Lösung. Wie schaffen Sie es, sich da nicht auf die eine oder die andere Seite ziehen zu lassen?

Ich weiß es nicht. Das ist eine Frage, mit der ich mich total beschäftige. Mir fällt es auch leichter darüber zu schreiben, wenn es nicht meine Perspektive ist, sondern halt die Geschichte eines Liebespaares. Es ist schwierig, da die Balance zu finden.

Nachdem Ihre Musik so einen Wohlfühlcharakter hat, könnte man darüber die Texte vergessen, die aber bei Ihnen mindestens so wichtig sind. Können Sie damit leben, wenn Menschen sagen, dass sie Ihre Musik mögen, aber nicht genau wissen, worüber sie singen?

Der Beruf, Songs zu schreiben, ist so etwas Schönes, weil du gefühlt nichts Böses machen kannst, außer du willst. Ich möchte den Menschen mit meinen Liedern ein schönes Gefühl vermitteln. Wenn Sie nicht alles verstehen, ist es auch okay. Dass jemand anderer aus einem Song etwas anderes zieht als ich, dann ist es etwas Schönes. Es beeinflusst mich nicht beim Schreiben, weil ich es für mich mache. Seit 15 Jahren sitze ich da und überlege mir Texte, lasse mich auf Geschichten ein.

Was bedeutet Erfolg für Sie?

Ich habe zwei Ziele. Ich möchte einen Song schreiben, der richtig gut ist (lacht), also in dem Sinn, dass ich später einmal zurückschauen und sagen kann: Ja, der Song war echt gut. Und das zweite Ziel ist, davon leben zu können. Dass ich keine Existenzangst haben muss. Dass es mein Beruf ist. Das wäre für mich Erfolg, wenn ich das machen kann und nicht Angst haben muss, dass ich auf der Straße lande. Ich muss kein Superstar werden und ich muss auch nicht gefeiert werden. Für mich ist es cool, wenn Menschen sagen, dass sie Lieder von mir schön finden.

Wie sehr freuen Sie sich jetzt auf die Konzerte, was ja in den vergangenen zwei Jahren nur sehr eingeschränkt möglich war?

Ich freue mich extrem drauf. Ich habe Glück gehabt, dass ich das Album jetzt veröffentliche, wo vieles wieder möglich scheint. Es wäre extrem schlimm für mich gewesen, wenn ich ein Album herausgebracht und es nicht live präsentieren hätte können. Da habe ich vom Timing ein Glück gehabt. Ich weiß, wie mein Jahr aussehen wird, und ich weiß, was für ein Privileg es ist, dass ich mein Album live vorstellen kann.

Bleibt zum Ende noch eine Frage: Warum gibt es auf dem Album mit „Helplessly Hoping“ eine Coverversion von Crosby, Stills & Nash? War das die Lieblingsnummer Ihrer Mama?

Nein, da Lied habe ich irgendwann entdeckt. Das begleitet mich schon seit Jahren. Und dann hatte ich schon auch die Idee, dass ich mit meinen vier Geschwistern ein Lied auf dem Album singen möchte. Weil es ein Lied ist, dass mehrstimmig funktioniert und darauf basiert, ist es „Helplessly Hoping“ geworden - und das ist sehr schön für mich.

Wie stolz ist man in der Familie auf Sie?

Ich bin ja die Jüngste. So ein Hippie meine Mama auch ist, dann wollte sie doch mit fünf Kindern natürlich, dass jeder einen guten Beruf hat und gut im Leben dasteht. Ich habe schon das Gefühl gehabt, dass ich als Nachzüglerin Musik machen durfte, weil ich habe so ein Netz an Menschen, die mich auffangen würden, wenn es nicht funktionieren täte. Meine Geschwister freuen sich voll und meine Mama freut sich auch. Ich glaube, es freuen sich alle, weil Musik jedem Einzelnen von uns so wichtig ist. Dass ich das auch zu meinem Beruf mache, macht für alle Sinn.

OSKA „My World, My Love, Paris“ (Nettwerk)

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Autor
Reinhold Gruber
Lokalredakteur Linz
Reinhold Gruber

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