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Schmuggler und Schwärzer

Von Roman Sandgruber, 02. Juli 2011, 00:04 Uhr
Geschichteserie Schmuggler
Bild: OÖN-Grafik

Auch wenn Oberösterreich seit dem EU-Beitritt und der EU-Erweiterung keine Außengrenzen mehr hat, ist der Schmuggel nicht zur reinen Geschichte geworden. Früher war Schmuggel nicht nur an den Staatsgrenzen, sondern auch im Landesinneren ein wichtiges und einträgliches Geschäft.

Das Wort „Schmuggler“ ist international bekannt. Höchstwahrscheinlich hat jeder in seinem Leben schon einmal geschmuggelt. Sind es in unseren Tagen wohlfeile Mitbringsel und wertvolle Souvenirs, die von Fernreisen stammen, oder Zigaretten und Alkohol, die kofferraumweise über die Grenze gelangen, und natürlich Drogen, Geld, Menschen, die weltweit geschmuggelt und geschleppt werden, so waren es in früheren Zeiten Salz und Zucker, Tabak und Spielkarten, Mehl und Wein, Kaffee und Saccharin, Bata-Schuhe und ganze Viehherden, natürlich Gewehre und andere Waffen, aber auch Luther-Bibeln und sonstige verbotene Bücher, deren Schmuggel an den Grenzen zu einem gefährlichen Geschäft wurde.

Bezogen auf die Wirtschaftsleistung war Schmuggel früher sicher viel verbreiteter als heute. Zollbetrug war eines der häufigsten und am strengsten bestraften Vergehen zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert.

Die Strafen waren drakonisch, von der Beschlagnahme der „Kontrabande“ und Verhängung von Haftstrafen bis zum Rudern auf den Galeeren.

Zollgrenzen gab es im alten Oberösterreich nicht nur zu Bayern, sondern bis 1803 auch zu Passau und bis 1818 auch gegenüber Salzburg. Bis 1775 waren die Landesgrenzen zur Steiermark und zu Böhmen Zollgrenzen, im letzteren Fall wieder ab 1918. Aber es gab auch viele Zoll- und Mautstellen mitten im Land, wo abkassiert wurde, so dass Schmugglerei und Schwarzhandel an allen Orten und Ecken blühen konnte: an den zahllosen Straßen-, Weg-, Brücken- und Flussmauten und an der Verzehrungssteuerlinie zwischen Linz und dem umgebenden Land.

Diese Linzer Verzehrungssteuerlinie, die zwischen 1829 und 1921 bestand, war äußerst unbeliebt: Es wurde streng kontrolliert. Man durchstieß sogar die in die Stadt gebrachten großen Heu- und Strohfuhren mit einer Eisenstange.

1848 waren die Wiener und die Linzer Verzehrungssteuer ein Hauptpunkt der bürgerlichen Empörung. Dass man 1921 endlich davon abging, war nicht nur die Angst vor einer neuerlichen Revolution, sondern die Erfindung einer neuen, viel ergiebigeren Steuer, der Umsatzsteuer, die nunmehr auf alle Waren und Bewegungen gelegt wurde. Schmuggler gab es in allen Gesellschaftsschichten. Mut und eine Portion Abenteuerlust gehörten ebenso dazu wie die unermessliche Armut, die in den meist strukturschwachen Grenzregionen herrschte. Es war dieser gelegentliche Ein- und Ausfuhrschmuggel von Gebrauchsgütern und Lebensmitteln, mit dem sich in den Grenzgebieten viele kleine Leute ein Nebeneinkommen machten. Daneben gab es den bandenmäßigen und bewaffneten Großschmuggel entlang der nur schwer überschaubaren Waldgrenzen. Dort bildeten sich durch einen gemeinsamen Kampf gegen die Obrigkeit und die diese repräsentierenden „Grenzer“ und „Überreiter“ miteinander verschworene Gruppen, die sich einen eigenen Sozialkodex entwickelten und sich den zum Grenzdienst befohlenen ortsfremden Finanzern gegenüber überlegen fühlten. Wenn eine Mutter sagte: „Kinder betet heute, die Buben sind wieder unterwegs“, dann wussten wir, sie waren auf Schmuggeltour, weiß ein Nebelberger von den einstigen Schmugglertaten zu erzählen. Das Dreiländereck zwischen der kaiserlich-österreichisch-böhmischen und der königlich-bayerischen Grenze im nördlichen Mühlviertel war ein Eldorado für Schmuggler und Schwärzer.

Schmugglerschlacht

Die „Lackenhäuser“, berichtet Berta Ransmayer im Jahr 1913 im 3. Bändchen der „Beiträge zur Landes- und Volkskunde des Mühlviertels“ aus dem Dreiländereck Bayern, Südböhmen und Mühlviertel, seien nicht nur wegen ihrer groben und derben Art überall gefürchtet gewesen, sondern hätten es wegen des Schmuggelns auch zu einer gewissen Berühmtheit gebracht. Ein Bericht des Landgerichts Schlägl aus dem Jahr 1828 beschreibt sie „als verwegene Grenzbewohner, die in bedeutenden Rotten, voll bewaffnet, die Wälder durchziehen und gelegentlich schon Gendarmen erschossen haben.“ Eine solche „Schmugglerschlacht gab es im Jänner 1827, wobei eine bewaffnete Gruppe von 16 Mann mit beladenen Zugschlitten beim Ort Frauenberg mit offener Gewalt gegen die königlich bayerische Gendarmerie auftrat und den Stationskommandanten Fröhlich tötete. Solch organisierter Schmuggel in Banden erforderte ein Netz von Kontakten: Bandenführer, Träger, Hausierer, Schleichhändler, Hintermänner und Sympathisanten wirkten zusammen. Einige Kaufleute sollen es durch den Vertrieb des Schmuggelguts zu erheblichem Reichtum gebracht haben, etwa Matthias Rosenberger (1775–1848), der Erbauer des Rosenbergergutes in Lackenhäuser, bei dem auch Adalbert Stifter öfter zu Gast war.

War ein Schwärzerzug geplant, wurde zuvor der Besitzer des Rosenbergergutes verständigt. Auch ein anderer Mühlviertler Handelsherr lebt als Schmuggler in Geschichte und Sage fort: Der Leinenhändler Johann Paul Löffler vom Löfflerhof zu Hinterweißenbach, der sogar einen Gewehrschmuggel in die Türkei organisiert haben soll. Besonders beliebt als Schmuggelwaren waren Salz, Tabak, Wolle und Seidenwaren. Aber auch Vieh und das nach 1900 aufgekommene und in Österreich extrem teure Saccharin wurden in Masse geschmuggelt.

In der Zwischenkriegszeit wurde sowohl über die deutsche wie über die tschechische Grenze viel geschmuggelt. Frauen, die zu einer Wallfahrt nach einem grenznahen Marienort pilgerten, kamen dick beleibt zurück, unter ihrer Tracht dicke Wickel von geschmuggeltem Brünner Tuch oder böhmischem Leinen. Das billige Schweizer Saccharin wurde eingegossen in Wachskerzen aus Maria Einsiedeln nach Österreich gebracht. Junge Ferkel, die mit Schnaps betäubt waren, wurden in Heuwagen versteckt über die bayerische Grenze geschmuggelt.

In der Zeit von 1933 bis 1938 gab es den politisch organisierten Schmuggel des Dritten Reichs. Das nationalsozialistische Deutschland versuchte nach 1933 Österreich nicht nur mit der Tausendmark-Sperre wirtschaftlich in die Knie zu zwingen, sondern auch mit einem groß angelegten Schmuggel von Zigaretten und Rauchtabak.

Verfolgungsjagden

„Nach 1945 schmuggelten wir Jungen“, erzählte Adolf Salzinger aus Julbach: „Ich bin 1939 geboren, ‚drent‘ waren die Amerikaner und ‚herent‘ die Russen. Meistens im Winter schmuggelten wir Jugendlichen, denn mit den Schiern waren wir schnell, da fuhren wir querfeldein. Die Amerikaner jagten uns oft, wenn wir mit den Rucksäcken losfuhren. In den Rucksäcken hatten wir das Salz, mein Vater, der war von Breitenberg, der hatte alles organisiert. Wenn wir bereits ‚herent‘ bei den Russen waren, konnten sie uns nichts mehr tun.“

Ein reger Schmuggel entstand auch von den USIA-Geschäften der sowjetischen Besatzungsmacht in Urfahr über die Brücke nach Linz. In den USIA-Geschäften konnte man billig einkaufen, vor allem Süßwaren, Zigaretten und Alkohol, aber auch technische Artikel wie Schreibmaschinen oder Fotoapparate, wodurch dem österreichischen Staat nicht nur Steuern entzogen wurden, sondern auch der Linzer Handel empfindlich konkurrenziert und geschädigt wurde. Allein im Jahr 1953 wurden in Oberösterreich rund 90 gröbere Fälle des Schmuggels von USIA-Waren vor Gericht verhandelt und Strafen und Beschlagnahmen in Höhe von etwa 3,5 Mio. S ausgesprochen. Beschlagnahmt wurden unter anderem 5 LKW, 2 PKW, 1 Jeep, 15000 kg Zucker, 700 l Weingeist... Die schweren Gefechte und die kleinen Schlauheiten, die sich einst zwischen Zöllnern und Schmugglern abspielten, sind heute noch Gegenstand von Mühlviertler Volkssagen.

Ursprung: Schmuggler, Schwärzer, Pascher

Das Wort „smuggel“ ist in den germanischen Sprachen, im Deutschen, Holländischen und Englischen, erst seit dem 17. und 18. Jahrhundert belegt. Das dänische und norwegische „smugle“ und „smogla“ bedeutet so viel wie „verstecken“. In der heutigen Bedeutung gibt es das Wort erst ab dem Zeitpunkt, als mit der Herausbildung der modernen Staaten der Schmuggel zu einem hoheitlichen Problem wurde. Ob „Schwärzen“ aus der Gaunersprache stammt, wo die „Schwärz“ für Nacht gebraucht wird, oder von den angeschwärzten Gesichtern, ist nicht entscheidbar. „Paschen“ bedeutet ebenfalls, etwas verbotener Weise über die Grenze zu bringen.

Im Grenzabschnitt zwischen Kohlstatt und Fuchsödt gab es acht Schutzhütten für die Zöllner, im Volksmund „Aufseherhütte“ genannt. Die Hütte in Hanging ist Teil eines Museumsprojektes in Kollerschlag, in dem die Geschichte des Grenzlandes und des Schmugglerwesens dokumentiert werden soll.

Der Schmugglerschreck aus dem Mühlviertel

Franz Holzer, der als Gefällsinspektor Mitte des 19. Jahrhunderts im Oberen Mühlviertel arbeitete, brachte es in seiner Karriere bis zum Direktor des Hauptzollamtes in Wien. Seine Erinnerungen wurden 1961 von seinem Enkel Rudolf Holzer veröffentlicht: „Hinterweißenbach, unweit der böhmischen Grenze, an den Ausläufern des Böhmerwaldes, war ein äußerst günstiger Punkt für Schleichhandelsunternehmungen. Ein vom Bruder des Franz Löffler betriebenes großes Geschäft mit Kolonialwaren lieferte dazu eine besondere Handelsumschlaggelegenheit. Die beiden Herren hatten längst meine Aufmerksamkeit erregt. Da aber ein großer Teil der Bevölkerung von ihnen abhängig war, die Gebrüder überdies bei allen Behörden in Ansehen und Beziehung standen, war mein Vorhaben mit Schwierigkeiten verbunden. … Dass ich mich für die Herren interessierte, erweckte ihre Aufmerksamkeit für mich.

Von einem Maurer, der im Hause Löffler gearbeitet hatte, empfing ich allerlei Andeutungen über ein geheimnisvolles Gewölbe. In einem Gespräch mit Herrn Löffler äußerte ich sarkastisch: ich würde, ließ ich mir einmal ein Haus bauen, auch einen geheimen Raum nach einem gewissen Plan errichten. Nun beschrieb ich selben genau nach den mir von dem Maurer gemachten Andeutungen. Die Wirkung meiner Worte bot selbst mir eine Überraschung. Löffler wurde leichenblass, sah mich starr an und sagte im weggehen: „Herr, Sie verstehen Ihr Geschäft!“ … Bis zu meinem Abgang vom Posten Leonfelden am 30. April 1844 hatte ich mehr als 500 Gefällsübertretungen erhoben und ich weiß nicht mehr wie viel Schmuggler verhaftet!“

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