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Österreich und Ungarn: Ziemlich beste Freunde

Von Alfons Krieglsteiner, 11. Juni 2016, 00:04 Uhr
Ziemlich beste
Ungarns Fußball-Legende Ferenc Puskas (1927–2006) Bild: dpa

LINZ. Vor dem Länderspiel: Historiker Roman Sandgruber über eine Völkerverbindung mit vielen Höhen und Tiefen.

Österreich und Ungarn – das hat Tradition. Bei Kaiserin Sisi sollen die guten Beziehungen besonders innig gewesen sein: Ihr wurde ein völkerverbindendes G’spusi mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Gyula Andrássy nachgesagt.

Schon vor dem 1. Weltkrieg begannen auch die Beziehungen auf dem grünen Rasen. Gegen keine andere Nation hat das österreichische Team öfter gespielt als gegen Ungarn. Die nächste Partie steigt bei der EM am Dienstag in Bordeaux. Egal, wie’s ausgeht: "Die Ungarn werden auch weiter unsere Lieblingsnachbarn bleiben", sagt der Linzer Historiker Roman Sandgruber.

 

OÖNachrichten: Lieblingsnachbarn? Gar so beliebt waren die Ungarn anfangs ja nicht.

Roman Sandgruber: Nein, denn ursprünglich sind sie als Invasoren gekommen. Sie waren ein Reitervolk aus den Steppen, überrannten im Jahr 907 die fränkischen Truppen bei Pressburg und stießen auf ihren Raubzügen bis Frankreich vor. Erst 955 konnte sie Kaiser Otto der Große in der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg schlagen. Danach wurden sie nach Osten zurückgedrängt, bis sie sich im heutigen Ungarn niederließen und den christlichen Glauben annahmen.

Später wurden uns die einstigen Feinde sympathisch. Was machte diesen Wandel möglich?

Wie so oft ging das über Handelsbeziehungen. Schon im Hochmittelalter exportierte Ungarn viele Güter ins damalige Deutsche Reich. Besonders gefragt waren die in der Puszta gezüchteten Ochsen, die auf speziellen Triebstrecken – zum Beispiel der heutigen "Ochsenstraße" in Leonding – bis an den Rhein transportiert wurden. Wein, Getreide, Wolle und Metalle kamen über die Donau.

Wie haben sich die Habsburger Ungarn "einverleibt"?

Ursprünglich wäre ja Österreich fast zu Ungarn gekommen. In den 1470er-Jahren hatte der von den ungarischen Ständen gewählte König Matthias Corvinus den Habsburger Friedrich III. aus Wien vertrieben. Friedrich fand in Linz Asyl. Doch die Herrscherhäuser einigten sich durch gegenseitige Heiraten. 1526 fiel der ungarische Herrscher Ludwig bei Mohacs gegen die Türken, daraufhin ging ein Teil des Landes an die Habsburger, der Großteil an die Osmanen.

Wie lange blieben die Türken?

Bis Ende des 17. Jahrhunderts. 1683 wurden sie vor Wien geschlagen, drei Jahre später eroberte Prinz Eugen Budapest für die Habsburger. Die osmanische Herrschaft brachte den Ungarn einen wirtschaftlichen Niedergang, unter den Habsburgern ging es wieder bergauf. Allmählich konnten die Ungarn staatliche Gleichberechtigung erringen, im Vergleich zu den slawischen Völkern genossen sie viele Vorrechte, die 1867 mit der Gründung der k.&k.-Monarchie "amtlich" wurden.

Was war der Tiefpunkt in den gegenseitigen Beziehungen?

Die blutige Niederschlagung der Revolution von 1848 durch Kaiser Franz Joseph, die nur mit russischer Unterstützung möglich wurde. Daher die traditionelle Abneigung der Ungarn gegen die Russen. Ab 1867 entstand dann infolge der florierenden Wirtschaft, aber auch unter dem Einfluss von Kaiserin Sisi eine Ungarn-Euphorie. Ungarische Themen dominierten die Operetten. Darin drückte sich die ganze Romantik aus, die wir mit unseren Nachbarn, ihrem Land und ihrer Küche verbinden.

Wie war das Verhältnis mit den Ungarn im 20. Jahrhundert?

Es blieb freundschaftlich, obwohl Ungarn 1921 das Burgenland an Österreich verlor. Im 2. Weltkrieg war Ungarn ein Vasallenstaat der Nazis, nach dem Krieg kamen die Russen. Nach dem Volksaufstand 1956 flohen 200.000 Ungarn nach Österreich, sie wurden mit offenen Armen aufgenommen. 20.000 blieben. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 ist Ungarn wieder westlich orientiert. Unter der Regierung Orban sind die politischen Beziehungen belastet – die zwischenmenschlichen aber nicht.

 

 

bilder_markus
   Bild: privat

In aller Freundschaft

Nein, ein großer Fußballfan sei er nicht, sagt Valentin Habsburg-Lothringen (32), der Ururenkel des letzten Kaisers von Österreich-Ungarn. Wenn die Fußball-Teams der beiden einstigen Völker der k&k-Monarchie am Dienstag in Bordeaux in der Vorrunde der Europameisterschaft aufeinandertreffen, werde er „wohl eher zufällig“ den Fernseher einschalten.

Das Ergebnis sei zweitrangig: „Hauptsache, dass die Mannschaften respektvoll miteinander umgehen und es auf dem Feld zu keinen ,Reibereien‘ kommt.“ Sein Herz schlägt für beide – Österreicher und Ungarn: „Uns verbindet eine bewegte Geschichte, an der meine Familie entscheidend mitgewirkt hat.“ Eine Nebenlinie der Habsburger ist bis heute in Ungarn daheim.

Valentin Habsburg leitet mit seinem Vater Markus die „Kaiservilla“ in Bad Ischl, die seit Jahren zu einer Lieblingsdestination ungarischer Gäste avanciert ist. Auch das ist ein Zeichen dafür, wie sehr man in Ungarn die gemeinsame Vergangenheit zu schätzen weiß. (kri)

 

 

Österreich - Ungarn auf der Hütte
Bild: privat

Österreich - Ungarn auf der Hütte

Seit 1. Mai betreiben die beiden Ungarn Balázs Fojtyik und seine Partnerin Katalin Borbély als Pächter die Grünburger Hütte. Derzeit sind die beiden Gastronomen im Euro-Fieber. „Wir haben eine Leinwand in der Hütte aufgestellt“, sagt Borbély. Dem Match Österreich gegen Ungarn am kommenden Dienstag fiebern sie entgegen. „Für Ungarn war es schon Glück, dass sie sich qualifiziert haben“, sagt Borbély. Sie tippt auf einen 1:0-Sieg Österreichs.

 

 

Zwei Herzen in einer Brust
Bild: mini

Zwei Herzen in einer Brust

Dreimal trug Peter Orosz unter Teamchef Erwin Koeman das ungarische Teamdress. Sein Geld verdient der 34-jährige Stürmer seit 15 Jahren als Legionär in Österreich. Mit Red Bull Salzburg schnupperte er sogar Champions-League-Luft. In Oberösterreich war er für Pasching, Vorwärts Steyr und Vöcklamarkt aktiv, ehe er in die Landesliga zu Oedt wechselte. „Meine Sympathien liegen bei 60:40 für Ungarn“, räumt er ein. Dem österreichischen Team traut er aber um einiges mehr zu.

 

 

Mit Geschichten über Puskás aufgewachsen
Philip Brunnader

Mit Geschichten über Puskas aufgewachsen

Er weiß mehr über Ferenc Puskás als über Hans Krankl. Und trotzdem wünscht sich Philip Brunnader am Dienstag einen Sieg der österreichischen Nationalmannschaft über die Ungarn.

Seine Mutter ist Ungarin, die sich während eines Praktikums Mitte der 70er-Jahre in einen Steirer verliebte. Die beiden ließen sich in Wien nieder. Philip Brunnader ist der Sohn der beiden, der heute die Kommunikationsflüsse im Linzer Landestheater koordiniert.

Als er ein Kind war, erzählte ihm sein Onkel die großen Legenden und kleinen G’schichterln über die Goldene Elf Ungarns der 50er-Jahre. Das einst beste Nationalteam der Welt trainierte in Budapest 300 Meter neben dem Haus seiner Großeltern.

Es sei spannend und ein Glücksfall zugleich, dass die beiden Mannschaften das Auftaktspiel der Gruppenphase gegeneinander bestreiten, „würden sie im Viertelfinale aufeinander treffen, stünde fest, dass der Verlierer nach Hause fahren muss, da ist es mir so lieber.“ So haben Österreich und Ungarn die Chance aufs Achtelfinale, „egal, wie das Spiel ausgeht“. Auf einen 2:1-Sieg der Österreicher tippt er dennoch. (pg)

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