Was das Abschmelzen der Arktis mit der voestalpine zu tun hat
LINZ. Bei der 25. Hauptversammlung der voestalpine ging es nicht nur um Wesentliches.
Den Tenor gab Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger vor. Der Chef des Interessenverbandes der Anleger ist traditionell der erste, dem bei der Hauptversammlung der voestalpine in der Fragestunde das Wort erteilt wird. Er nannte die Aktionärsversammlung die "feierliche Zeugnisverteilung" für den Vorstand des Unternehmens.
Rasinger vergab für das Vorjahr "einen Vorzug" – allerdings gab es nicht lauter Einser: Rund um die Kostenüberschreitung des Eisenschwamm-Werkes in Texas beurteilte der professionelle Besucher der Hauptversammlungen börsenotierter Unternehmen in Österreich die Kommunikationspolitik als "holprig". Er gehe aber davon aus, dass bei dem Projekt mit der nötigen Sorgfalt vorgegangen worden sei.
Vorstandschef Wolfgang Eder hatte zuvor in seinem gut einstündigen Vortrag die mehr als 800 erschienenen Aktionäre über das abgelaufene Jahr und seine wesentlichen Ereignisse informiert. Dabei ging er auch auf die massiven Verteuerungen bei der Eisenschwamm-Anlage in Corpus Christi in Texas ein: Er verwies darauf, dass das Werk immer in Dollar gerechnet wurde und sprach von einer Erhöhung von 742 Millionen Dollar auf "etwas über eine Milliarde Dollar".
Keine Wetterkapriolen in Kapfenberg
Die Darstellung in Euro – von 550 Millionen auf 1,1 Milliarden – unterließ Eder. Der Vorstandschef präsentierte eine Analyse des Baubooms in Texas des Unternehmensberaters McKinsey. Die Stadt Corpus Christi sei mit ihrem Großraum mit 300.000 Einwohnern mit Linz vergleichbar. Der Ballungsraum am Golf von Mexiko habe innerhalb weniger Jahre Investitionen von 40 Milliarden Dollar zu verkraften gehabt. "Stellen Sie sich vor, das passiert in Linz", fragte Eder rhetorisch. Die daraus resultierende Verknappung und Verteuerung von Arbeitskraft und Material habe man zum Projektstart 2012 nicht ahnen können, so Eder.
Darauf Bezug nehmend, sagte Rasinger zur im Herbst anstehenden Entscheidung, wo der Nachfolger für das alte Edelstahlwerk im steirischen Kapfenberg errichtet werden soll: "In Kapfenberg sind derart unberechenbare Wetterverhältnisse wie in Texas oder ein ungeahnter Bauboom nicht zu erwarten." Applaus des Publikums.
Schon die zweite Wortmeldung eines Aktionärs widmete sich aber den wirklich essentiellen Dingen: Dieser kritisierte, dass im Vorjahr das Essen ausgegangen sei und es um 13.55 Uhr nur noch "Würstel ohne Brot" gegeben habe. Seine mehrfachen, schriftlichen Bitten um Stellungnahmen seien vom Unternehmen ignoriert worden. Eders Antwort: "Wir freuen uns, die größte Hauptversammlung in Österreich zu sein. Es tut mir leid, wenn die Versorgung nicht geklappt hat und in der Kommunikation mehrere Knoten waren."
Wenig später wurde kritisiert, dass es in diesem Jahr vor dem Beginn "nicht einmal ein Kipferl gab". Der Aktionär war in Wien in den von der voestalpine zur Verfügung gestellten Bus gestiegen und hatte auf ein Frühstück gehofft. Auch dass es heuer keine Vorspeise gab, wurde kommentiert. Die Menüfolge: Kalbsragout, Schweinsbraten oder Gemüselasagne, danach Kuchen oder Nussschnecken.
Ein Aktionär wollte wissen, ob das Abschmelzen der Arktis für die voestalpine nicht neue Geschäftschancen bedeute? Immerhin würden so Bodenschätze zugänglich. Eder ging auch darauf geduldig ein: "Wir planen keine Rückwärts-Integration und beteiligen uns nicht an Erz- oder Kohleminen." Die Dividende von 1,10 Euro wird am 17. Juli überwiesen.
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Mit Verlaub, dieser Artikel hat wenig Nutzwert. Wir erfahren hier, dass manchen Aktionären das Essen bei der Veranstaltung sehr wichtig ist. Naja, das gehört dann eher unter "Society" und nicht unter "Wirtschaft".
Irgendwelche wirtschaftlich relevante Tatsachen sucht man fast vergeblich, ausser jener, dass die Corpus-Christi-Eisenschwamm-Anlage sehr viel teurer wurde. Das ist relevant. Irgendwelche kompetente Gedanken dazu kommen Redakteurin Brandstätter dazu aber leider auch nicht.
Mir schon. Z.B. dieser: Es ist völlig egal, ob das Werk in Euro oder Dollar abgerechnet oder dargestellt wird (in Dollar schaut die Kostenüberschreitung weit besser aus, weil der Dollar in der relevanten Zeit gegen den Euro stark gewonnen hat), relevant ist, wie diese Kosten zu bezahlen sind. Und die voest muss die Kosten mit Euro bezahlen und zwar mit jenen Euro, die sie für ihre Produkte erlöst. Wenn der Dollar steigt und die voest nicht zusätzlich Währungs/Wechselkurs-Absicherungsgeschäfte
abgeschlossen hat, so müssen die Dollar-Kosten mit den verdienten Euros bezahlt werden, egal, in welcher Währung das Projekt nun dargestellt wird. Der "Dollar-Schmäh" ist also ein Marketing-Gag, damit alles schöner ausschaut.
Solche und ähnliche Gedanken würde ich in der Berichterstattung erwarten, die Kipferl und Brote sind mir zumindest völlig wurst. Oder Powidl, wie der Kanzler sagen würde.
Falls die Wirtschaftsredakteure der O.Ö. Nachrichten sich manchmal selbst Gedanken zu diversen Wirtschaftsthemen machen, gelingt es ihnen, diese vor uns Lesern recht gut zu verbergen. Dafür speisen sie uns mit Trivialitäten ab. Auch die diversen Kommentare sind sowohl zeilenanzahlmässig, als auch von der Gedankentiefe her oft recht bescheiden geraten.
Natural Hedging, also wenig Problem.
Sie liegen ziemlich falsch! Das Werk in Texas wird (vermutlich) als Auslandstochter abgerechnet/bilanziert und muss so seinen Deckungsbeitrag abliefern.
Nachdem ausserdem ein Grossteil - ich glaube 60% - des HBI sowieso im Dollar-Raum verkauft/verwertet wird, schaut das alles bilanzmässig noch einmal ein bisserl anders aus, als es der gemeine OÖN-Leser zu wissen glaubt.
Das Werk selbst soll sich übrigens innerhalb von 10 Jahren abbezahlt (amortisiert) haben - auch nicht schlecht!
Naja, dass der Kapitän ein "richtiger Kapitän" ist, kommt aus dem Artikel doch heraus. Die zurückhaltende Verehrung der Redakteurin ist zwar lesbar aber sie ist professionell verfasst.
"Es ist völlig egal, ob das Werk in Euro oder Dollar abgerechnet oder dargestellt wird"
"Und die voest muss die Kosten mit Euro bezahlen und zwar mit jenen Euro, die sie für ihre Produkte erlöst."
Nein, eben nicht, es gibt viele Erlöse in USD, weil der EUR nur eine lokale europäische Währung ist.
Das Theater, das einige Journalisten und Aktionäre bezüglich Wechselkurs aufführen, zeugt von deutlichem Unwissen, welches man mit einem einzelnen gezielten Interview beseitigen hätte können.