Drum prüfe, wer sich bindet
Die Premiere hätte für die EU diese Woche nicht besser laufen können. Laut Bloomberg überstieg die Nachfrage nach der ersten grünen Anleihe der EU das Angebot um mehr als das Zehnfache. Das aufgelegte Volumen betrug 12 Milliarden Euro. 135 Milliarden Euro hätten platziert werden können. Dabei ist die Ausstattung des Papiers auf den ersten Blick alles andere als attraktiv: Für eine Laufzeit von 15 Jahren erhalten die (institutionellen) Anleger gerade einmal 0,4 Prozent Verzinsung. Verglichen mit einer zehnjährigen deutschen Bundesanleihe, die derzeit mit minus 0,13 Prozent Rendite gehandelt wird, wird die Nachfrage verständlich. Beide Staatsanleihen haben mit dem "AAA"-Rating die beste Bonität.
Das Beispiel zeigt das Dilemma, in dem die Vermögensklasse Anleihe seit Jahren steckt. Denn nicht nur die Zinsen auf Girokonten und Sparbüchern sind im historischen Tief, sondern auch jene von Anleihen. Eine Anleihe ist im Gegensatz zu einer Aktie Fremdkapital. Im konkreten Fall der EU-Ökoanleihe geben Anleger der Union quasi einen Kredit, um in ökologische Projekte zu investieren. Im Gegenzug erhalten sie einmal im Jahr einen Kupon, also die Zinsen. Die Ausschüttung unterliegt der Kapitalertragssteuer, sofern es sich nicht um KeSt-befreite Wohnbauanleihen handelt. Eine solche mit Fokus auf grünes Bauen hat soeben die Hypo OÖ begeben. Sie hat eine Laufzeit bis 2033 und einen Stufenzins beginnend bei 0,75 und endend bei 1,25 Prozent.
Am Ende der Laufzeit wird die Anleihe getilgt. Das bedeutet, die Anleger bekommen ihr Geld zum Kurs von 100 zurück. Die Nullzinsen haben auch die Kurse der Anleihen stark steigen lassen. Hohe Kaufkurse machen Anleihen in der Anschaffung teuer und drücken die Rendite. Wer über 100 erwirbt, nimmt automatisch einen Kursverlust zu Laufzeitende in Kauf.
Charakteristisch für Anleihen sind lange Laufzeiten, üblicherweise zehn Jahre. Über diesen Zeitraum sind die Konditionen fix. Steigt währenddessen die Inflation, werden Zinsen und Kapital aufgefressen. Im aktuellen Umfeld besteht die Gefahr, dass Anleger weniger Geld bekommen, als sie eingezahlt haben. Da gewinnt sogar das Sparkonto: Es hat auch keine Verzinsung, aber man kann jederzeit auf das Geld zugreifen.
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