Ausgereifter Stromer mit hohem Nutzwert
Clemens Schuhmann fuhr den Nissan Leaf.
Er ist das weltweit meistverkaufte E-Auto: Erst kürzlich wurde der 100.000ste Nissan Leaf ausgeliefert. Dieser Erfolg ist kein Zufall, denn der modern gezeichnete Japaner ist ein vollwertiges Kompaktauto mit hohem Nutzwert. Bis zu fünf Passagiere fahren völlig entspannt mit. Fürs Gepäck stehen im Heck zusätzlich 370 Liter Laderaum parat.
Die Bedienung ist watscheneinfach: Ein Knopf zum Ein- und Ausschalten – und der beleuchtete Dreh- und Drückregler stellt lediglich drei Modi zur Wahl: vorwärts, rückwärts, parken. Mehr braucht es nicht.
Der E-Motor leistet 80 kW (109 PS) und bewegt den 1,5 Tonnen schweren Fünftürer wie eine Flipperkugel – sofern nicht die Spaßbremse namens "Eco-Taste" gedrückt wurde. Damit erhöht sich zwar die Reichweite, aber das Auto fährt sich schaumgebremst.
Daher fuhr ich im Testbetrieb fast ausschließlich im Normal-Betrieb. Das heißt: Beim Ampelstart musste ich stets an eine Steinschleuder denken – selbst sportive Dieselautos waren auf den ersten Metern chancenlos.
Enormer Fahrspaß garantiert
Der enorme Fahrspaß wich jedoch stets der Sorge, überhaupt anzukommen. Denn auch beim Nissan Leaf ist die geringe Reichweite die Achillesferse: Der Prospekt spricht von 199 Kilometern – was reine Theorie ist. Der Bordcomputer zeigte bei voller Ladung 146 Kilometer an – was sich in der Praxis als deutlich zu hoch gegriffen erwies. Noch dazu im Winter.
Wird nämlich die Heizung eingeschaltet, sinkt die Reichweite im Display um 15 bis 20 Kilometer. Die Alternative? Sitz- und Lenkradheizung – sowie einen Pullover oder eine Jacke. Unterm Strich ist im Winter eine Reichweite von 80 bis 90 Kilometer realistisch. Ob’s im Sommer besser ist, ist fraglich. Denn auch die Klimaanlage wird viel Strom fressen...
Fazit: Der Leaf überzeugt mit einer kompletten Ausstattung bei moderatem Preis. Zu haben ist der Japaner ab 23.990 Euro. Dazu kommen monatlich mindestens 79 Euro für die Akkumiete. Oder man kauft den Akku gleich mit – und legt 29.290 Euro auf den Tisch. Der Nissan überzeugt auch mit hohem Nutzwert und guter Verarbeitung. Allerdings werden mit ihm nur jene glücklich, die nur Kurzstrecken fahren.
Wir haben unseren Leaf letzte Woche entgegengenommen und waren schon sehr gespannt auf das Fahrverhalten. Gelesen hatten wir ja schon viel (alles?) darüber, gefahren sind wir ihn jedoch nie.
Oft liest man, wie schwachbrüstig der ECO-Mode ist ("schaumgebremst" ist eh wahr) - aber: Das entspricht genau der Beschleunigung, die vorher unser 90 PS-Dieselkombi zu bieten hatte. Beim Kauf vor 10 Jahren meinten wir, der geht eh super, da brauchen wir nicht die 110 PS-Variante. Und genau dieser Meinung sind wir auch heute noch! Für die heute geltende Meinung, dass ein Auto unter 150 PS sowieso nix ist, außer eine lahme Ente, habe ich eine (für manche etwas weit hergeholte?) Theorie:
Nebst gekünsteltem Fun-, Party- & Shoppingwahn und sowieso allgemeiner Verblödung sehe ich ein weiteres Indiz zum steilen Abstieg unserer übersatten Gesellschaft hin zu einer entmündigten Ansammlung von hirntoten Konsum-Zombies mit Lemming-Allüren. Es untermauert einen konsequenten Gang, den in Richtung Untergang...