Bettina Erl: Die Vorbeterin
Es war am 5. Mai, da stieg Bettina Erl auf ein Podium, schritt zielstrebig auf ein Mikrophon zu und sagte: „Ich lade alle hier Anwesenden zum gemeinsamen, stillen Gebet ein.
Es war am 5. Mai, da stieg Bettina Erl auf ein Podium, schritt zielstrebig auf ein Mikrophon zu und sagte: „Ich lade alle hier Anwesenden zum gemeinsamen, stillen Gebet ein.“ Die etwa 200 Menschen unter ihr senkten ihr Haupt und taten, was ihnen angeboten wurde. Unter den Betenden waren Christen, Moslems und Angehörige der Sikhs. Später wird sie über diese zwei Minuten sagen, dass sie ein „sehr schönes Gefühl dabei hatte“.
Mehrere Monate hatte die Vorbereitung auf das multikulturelle Gebet im 12. Wiener Gemeindebezirk – einem Bezirk, dessen Migrantenschar ein buntes Menschen- und Glaubensbild widerspiegelt – gedauert. Immer wieder hat sie „vorgebetet“, was ihr vorschwebt.
Bettina Erl aus Vorchdorf hat soeben das achte Semester ihres Theologiestudiums beendet. Sie kann sich vorstellen, einmal Pastoralassistentin zu werden, „oder eben mit Migranten in ihren verschiedenen kirchlichen Bereichen zu arbeiten“. Das sei auch der Sinn ihres Bet-Projektes gewesen: Verständnis dafür haben, was andere Menschen glauben, es kennen zu lernen, es zu tolerieren. Wenn Bettina Erl selber in sich geht und betet, dann, um darin eine Art Zuflucht zu finden. Eine Möglichkeit, etwas zu überdenken, an den Gott, an den sie glaubt, weiterzugeben, neue Gedanken und Wege zu finden.
Was in Wien großen Anklang gefunden hat, wird demnächst auch in anderen Bezirken der Bundeshauptstadt sowie in Vorchdorf und Kirchdorf an der Krems angeboten. Ob sich Bettina Erl auch vorstellen könnte, Priesterin zu werden, wenn es denn schon möglich sei? „Jede Frau sollte das Recht dazu haben. Ich selbst fühle mich dazu aber nicht berufen.“
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