Unterhaus stimmte für Brexit-Verschiebung
LONDON. Das britische Unterhaus hat am Mittwochabend mit knapper Mehrheit für eine weitere Verschiebung des Brexit gestimmt. Die Abstimmungen über alternative Brexit-Pläne werden zunächst nicht fortgesetzt.
Der erste Teil des dafür notwendigen Gesetzes wurde mit 315 zu 310 Stimmen angenommen, weitere Abstimmungen sollten nach 21.00 Uhr Ortszeit (22.00 Uhr MESZ) folgen. Das Gesetz soll einem ungeordneten EU-Austritt einen Riegel vorschieben.
Das Parlament hatte sich mehrmals gegen einen "No Deal" ausgesprochen. Allerdings kam im Unterhaus weder eine Mehrheit für den von Premierministerin Theresa May ausgehandelten Austrittsdeal mit der EU noch für eine Alternative zustande.
Durch den Gesetzesbeschluss wird eine Teilnahme Großbritanniens an der Europawahl Ende Mai wahrscheinlicher. Brexit-Minister Stephen Barclay betonte aber nach der Abstimmung, dass London kein automatisches Recht auf eine Verschiebung des Austritts über den 12. April hinaus habe.
Vorerst keine Abstimmungen über Alternativen
Die Abstimmungen über alternative Brexit-Pläne werden zunächst nicht fortgesetzt. Ein Antrag, die Abstimmungen am kommenden Montag fortzusetzen, hat am Mittwochnachmittag im Londoner Unterhaus keine Mehrheit gefunden. Da Befürworter und Gegner je 310 Stimmen erhielten, entschied Parlamentspräsident John Bercow die Frage mit seinem Votum. Zur Begründung sagte Bercow, wichtige Entscheidungen sollten nur mit einer Mehrheit getroffen werden. Bei den zwei bisherigen Alternativ-Abstimmungen hatte das Parlament alle Optionen abgelehnt.
Das Votum erfolgte nach einem ersten Treffen von Premierministerin Theresa May mit Oppositionsführer Jeremy Corbyn, bei dem über einen Kompromiss im Brexit-Streit beraten wurde. Am Donnerstag sollten sich Vertreter der beiden großen Parteien laut BBC zu einem weiteren Gespräch treffen.
Gespräche über Brexit-Kompromiss
May kam am Mittwoch mit dem Labour-Chef zusammen, um einen chaotischen EU-Austritt ohne Abkommen am 12. April zu verhindern. Damit scheint nun ein "weicher Brexit" wahrscheinlich. Aus Protest dagegen traten zwei Staatssekretäre zurück.
Corbyn sagte nach dem ersten Treffen mit May am Mittwoch laut einem Bericht der Zeitung "Daily Mirror", das zweistündige Gespräch sei "sehr gut" verlaufen. Ein Sprecher Corbyns sprach von "konstruktiven Erkundungsgesprächen". Es sei ein Arbeitsprogramm zusammengestellt worden, anhand dessen die beiden Seiten nun "den Spielraum für eine Einigung" erörtern könnten.
Ein Sprecher Mays sprach ebenfalls von konstruktiven Gesprächen, in denen sich beide Seiten flexibel gezeigt hätten. Die BBC berichtete, dass Vertreter von Tories und Labour am Donnerstag die Gespräche fortsetzen sollen.
May will neuen Aufschub beantragen
May hatte am Dienstagabend eine Kehrtwende vollzogen und erstmals einen Schritt auf Corbyn zu gemacht, nachdem sich in den Tagen zuvor im Parlament keine Mehrheit für eine der möglichen Brexit-Varianten gefunden hatte. Sie wolle mit dem Oppositionschef nach einem gemeinsamen Plan suchen, um die EU auf "geordnetem Weg" verlassen zu können, sagte May. Corbyn erklärte, er sei "sehr gerne" dazu bereit.
Zugleich kündigte die Premierministerin an, einen erneuten Aufschub über den 12. April hinaus bei der EU zu beantragen. Durch einen "möglichst kurzen" Aufschub solle das Parlament die Zeit bekommen, doch noch ein Austrittsabkommen zu beschließen. "Mit einem Abkommen auszutreten ist die beste Lösung", sagte May.
Für viele ein rotes Tuch
Corbyn ist für viele Politiker der konservativen Regierungspartei ein rotes Tuch. Er gehört zum linken Labour-Flügel. 2015 kandidierte er mit sozialistischen Positionen für das Amt des Parteichefs und wurde überraschend gewählt.
May sagte vor ihrem Treffen mit Corbyn, sie stimme mit dem Oppositionsführer beim Brexit "in etlichen Bereichen" überein. Es gehe darum, eine Lösung zu finden, für die es eine Mehrheit im Unterhaus gebe. Den Verbleib in einer Zollunion mit der EU schloss May ausdrücklich nicht aus.
Eine Zollunion über den Brexit hinaus ist eine Kernforderung von Labour. Auch bei der Unterhaus-Abstimmung über Brexit-Alternativen am Montag war der Vorschlag für eine Zollunion unter den Varianten mit den meisten Unterstützern.
Zahlreiche Tories empört
May hat solche Forderungen bisher abgelehnt. Entsprechend empört reagierten zahlreiche Tories nun auf ihr Gesprächsangebot an Labour. Der Staatssekretär für Wales, Nigel Adams, und der Brexit-Staatssekretär Chris Heaton-Harris erklärten am Mittwoch ihren Rücktritt.
Adams bezeichnete Mays Kehrtwende in einem Brief an die Premierministerin als "schweren Fehler". Es sei klar, dass Großbritannien nun "in der Zollunion enden" werde. "Das ist nicht der Brexit, der meinen Wählern versprochen wurde", schrieb Adams.
Heaton-Harris schrieb an May, er könne eine weitere Brexit-Verschiebung "einfach nicht unterstützten." May wolle die EU offensichtlich nicht ohne Abkommen verlassen, fügte der Tory-Abgeordnete hinzu, der als Parlamentarischer Staatssekretär unter Brexit-Minister Stephen Barclay für die Vorbereitungen auf einen ungeordneten Brexit zuständig war. Diese Haltung mache seinen Job in der Regierung "irrelevant". Mit den beiden Staatssekretären sind in den vergangenen zwölf Monaten bereits 36 Regierungsmitglieder zurückgetreten, fast alle im Streit um den Brexit.
Merkel und Juncker mahnten
Barclay erklärte, May wolle "ohne Vorbedingungen" mit Corbyn verhandeln. Falls es nicht zu einer Einigung komme, wolle die Regierung in den kommenden Tagen wieder das Parlament über Brexit-Alternativen abstimmen lassen. Diese Abstimmungen seien für die Regierung dann "bindend", sagte Barclay. Im "nationalen Interesse" werde May akzeptieren, "wofür das Parlament gestimmt hat".
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnten erneut zu einem geordneten Brexit. Merkel sagte, sie werde "bis zur letzten Stunde" für einen Brexit mit Abkommen kämpfen. Auch Juncker betonte in Brüssel, er werde "bis zum letzten Augenblick" für einen geregelten EU-Austritt Großbritanniens kämpfen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) rief zum Daumendrücken für Premierministerin May auf, damit sie vielleicht doch noch einen Ausweg zur Vermeidung eines "Hard Brexit" finde. Auf die Frage nach einer möglichen Fristerstreckung sagte er nach dem Ministerrat in Wien, dies sei angesichts des unveränderten Chaos in London "pure Spekulation".
Der britische Notenbank-Chef Mark Carney hält allerdings einen Chaos-Brexit für wahrscheinlich. Das Risiko sei "beunruhigend hoch", sagte Carney im Sender Sky News. Obwohl das britische Parlament und die Regierung gegen einen EU-Austritt ohne Abkommen seien, könne dies noch "aus Versehen" passieren. Die Behauptung der Brexit-Hardliner, die wirtschaftlichen Folgen abfedern zu können, sei "absoluter Blödsinn".
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Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2224. Die Staaten der Erde haben sich längst den Vereinten Planeten angeschlossen. Mit Ausnahme Grossbritanniens, das immer noch nicht weiss, wie man sich von der Europäischen Union trennen soll........
Und wer fragt die EU, ob sie das britische Kasperltheater nach Belieben mitspielen mag?
Was soll eine Verschiebung bewirken..lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.
Eine Verschiebung soll einen Trennung mit Abmachungen bewirken.
Ein No Deal kann auch ein Schrecken ohne Ende bringen.
Wer in einen finsteren Wald ohne Licht geht, der weiss nicht, was mit ihm dort geschieht. Das ist ein harter Brexit.
Wen in diesem Wald noch der Wolf haust oder die Identitären.