Vom kleinen Gangsterboss zum Führer-Monster

"Ich! Ich!! Ich!!!", zischt Arturo Ui als allzu wahres Gangster-Schreckgespenst. Mit seiner Historienfarce "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" hat Bertolt Brecht 1941 eine Parabel auf die Machtergreifung Hitlers vorgelegt. Bei der Premiere am Freitag im Linzer Schauspielhaus blieb einem das Lachen im Hals stecken. Immer enger zieht Regisseur und Schauspielchef Stephan Suschke die Schlinge des Unbehagens, immer schriller werden die Klänge zwischen den 14 Szenen, angesiedelt im Gangstermilieu des von der Wirtschaftskrise gebeutelten Chicagos Ende der 20er Jahre.

Der Karfiol-Trust will mehr Geld. Dogsborough soll es verschaffen. Der, obwohl bekannt als Anstandsmann, schluckt den Köder: eine Reederei zum Schnäppchenpreis – und Teil des Trusts. Gangsterboss Ui kommt hinter den "fischigen" Deal. Der Rest ist "das Gangsterstück, das jeder kennt" über Manipulation und Machtmissbrauch.

Egomane im Machtrausch

Momme Röhrbeins Bühnenbild lebt von seiner schwarzen Leere, wie eine kalte, neblige Nacht, durchschnitten von grellem Licht. Aus dieser Gangster-Unterwelt bahnt sich Arturo Ui seinen Weg an die Macht, den Christian Taubenheim meisterhaft beschreitet. Vom sich devot anbiedernden Kriecher über den stotternden Schauspielschüler, der alles Pathos dieser Welt von Vasilij Sotke aufsaugt, bis er seine Kunst zum Fürchten beherrscht: Als Egomane im Machtrausch brüllt er von der in die Höhe fahrenden Hebebühne auf sein Volk in Cicero (Österreich) herab.

Bis dahin ist der Speicher (Reichstag) abgebrannt, alle Zeugen und Gegner sind (mund-)tot gemacht. Jeder im Ensemble meistert mehrere Rollen: Uis Handlanger Klaus Müller-Beck (Giri) und Julian Sigl (Givola), den eingeschüchterten Fish gibt Tim Weckenbrock aus dem Schauspielstudio, wie auch Ludwig Brix und Friedrich Eidenberger. Lutz Zeidler ist ein feiger, an den Rollstuhl gefesselter Dogsborough, Christian Higer der hellsichtige, ermordete Dullfeet, Alexander Hetterle Uis Brutalo-Leutnant Roma. Als Dullfeets Witwe hält Ines Schiller einen eindringlichen Monolog, bevor sie überläuft. Auch mehrfach im Einsatz: Markus Pendzialek, Christian Strasser und Alexander Julian Meile.

Fazit: Ein bitterböser Theaterabend mit einem spielfreudigen Ensemble und einem brillanten Christian Taubenheim als Ui.

Bis 15. 6., Karten: (0)732/7611 -400, www.landestheater-linz.at

 

Zum Stück

Bertolt Brechts Historienfarce „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ entstand 1941 unter dem Eindruck von Hitlers Aufstieg. Die Hauptfiguren haben historische Vorbilder (u. a. Adolf Hitler für Arturo Ui, Dogsborough für Reichskanzler Paul von Hindenburg, weiters finden sich Hermann Göring, Ernst Röhm, Joseph Goebbels und Engelbert Dollfuß). Inspiriert haben Brecht auch sein Exil in den USA und dessen Gangstermilieu. Uraufgeführt wurde das Stück erst 1958 in Stuttgart, zwei Jahre nach Brechts Tod.