Seit 25 Jahren Arbeit am laufenden Band
Das Linzer Kino "Cinematograph" feiert Jubiläum und die Kunst des analogen Kinos
Die Obere Donaulände in Linz ist westlich des Römerbergtunnels auf den ersten Blick vieles, nur kein Paradies für Nostalgiker. Die Autos brettern rein in die Stadt oder raus Richtung Wilhering.
Wer aber in das Haus Nr. 51 geht, kann eines der schönsten Geräusche hören: das beruhigende Rattern eines 35-Millimeter-Projektors. Im "Cinematograph" – Österreichs einziges Kino, das nur historische Streifen via entrolltes Filmmaterial auf die Leinwand wirft – gibt es genauer gesagt zwei solcher 70 Jahre alten Maschinen.
Denn Inhaber Georg Kügler arbeitet hier sogar noch im "Überblendbetrieb". Die erste Hälfte des Films ist in Projektor 1 eingelegt, die andere in Projektor 2. Der 64-Jährige bezieht die Werke von Archiven und darf sie deshalb nicht zusammenkleben. Damit sich die Kino-Magie bei Werken von Chaplin oder mit Laurel und Hardy ohne Zwangspause entfaltet, muss er schnell sein. "So hab ich immer viel zu tun", sagt der Linzer, der seit 25 Jahren trainiert.
Im Winter 1993 startete sein Kino mit dem Film "Adel verpflichtet". Seither zeigt er stets zwischen November und April Produktionen aus den Jahren 1895 bis 1950.
Ein Konzept, das große Umbrüche überdauerte. Kügler sah die Linzer Kinos Central und Apollo zusperren, wie das neue Paschinger Megaplex mit einem IMAX-Saal aufrüstete und alle übrigen Häuser neue Projektoren anschafften, weil es die neuesten Filme nur digital gibt – auf Festplatte. "Mir war immer klar: Digital mach ich nicht mit", sagt Kügler, der sogar die Leinwand für seinen 35-Sitze-Saal selbst gebaut hat. "Jetzt fängt sie an, etwas durchzuhängen. Das ist doch eine Bosheit!", sagt er und lacht. Genauso laut wie über den Umstand, dass "seine" Gegend als eine der Rebellion gegen Virtuelles betrachtet wird. Bei ihm gibt es Kino wie vor Jahrzehnten, im "Laufhaus" daneben ist Sex – anders als im Netz – noch persönliches Geschäft. "Ja, das ist schon sehr witzig", sagt er nickend.
Während er voller Energie durch das heute denkmalgeschützte, 400 Jahre alte Haus führt, das er gekauft und hergerichtet hat, folgt ihm Hund Axel. Die Gemächlichkeit des 14-jährigen Tieres passt zur gediegenen Atmosphäre, zu der antike Stücke wie eine auf 100 Jahre geschätzte Registrierkasse und Kino-Devotionalien beitragen. Kügler weiß: "Früher habe ich den Film verkauft, heute das Erlebnis." Weitermachen will er bis zum 70er. "Dann würde es mich freuen, wenn ein Kulturverein übernimmt. Sonst laufe ich noch als mein eigenes Gespenst herum."
Am 31. 12. gibt es im Cinematograph einen Silvester-Film, 19 Uhr, alle Infos und Saison-Programm: cafecinematograph.at