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Mehr als Sushi und Sumo

Von Christine Zeiner, 15. August 2016, 00:04 Uhr
Mehr als Sushi und Sumo
Die Mode der Lolitas wurde in Japan weiterentwickelt und gehört dort zum Alltagsbild dazu. Bild: Zeiner

Auf dem jährlichen "Japan-Tag" in Düsseldorf präsentiert sich die drittgrößte japanische Gemeinde Europas in ihrer Vielfalt. Die Veranstaltung ist auch Treffpunkt für Fans von japanischen Comics und Zeichentrick.

Das kalte Wasser tut gut. Draußen ist es heiß geworden, die Sonne knallt auf das Düsseldorfer Rheinufer. Im Toilettenraum eines Cafés wasche ich mir die Hände und das Gesicht. Neben mir steht eine junge Frau und wickelt eine pechschwarze Bandage von ihrem Handgelenk. Sie wickelt und wickelt und flucht dabei leise vor sich hin – einfach die Hände waschen ist nicht möglich.

Ich schaue sie an: Sehr kurzer Rock, schwarze Kniestrümpfe und eine lange, schwarze Mähne. "Ich bin Babydoll", sagt sie. "Sucker Punch. Die Bandage gehört dazu. Das Schwert liegt draußen bei meinem Freund."

Sucker Punch. Aha. Zurück am Tisch hole ich mein Handy hervor und suche "Sucker Punch": Es handelt sich um einen Film, der auch in Japan spielt. An diesem Tag sieht man Dutzende junge Frauen in – für den Laien – ähnlichen Kostümen. Kurz und knapp gehalten ist ein Gutteil davon. Manche der Kostümierten sind mit Plüschohren ausgestattet oder mit Hörnern. Einige tragen phantastisch-große Waffen.

Alle haben eine Verbindung zu Japan. Es ist schließlich "Japan-Tag" in Düsseldorf. Jedes Jahr findet diese Veranstaltung am Rheinufer der Hauptstadt von Nordrhein-Westfalen statt. In Düsseldorf mit seinen fast 630.000 Einwohnern lebt Deutschlands größte und Europas drittgrößte japanische Gemeinde. Mehr als 7.000 Japaner sind hier in "Japans Hauptstadt am Rhein" gemeldet.

Mitte des 19. Jahrhunderts hatte der Düsseldorfer Unternehmer Louis Kniffler das preußisch-japanische Handelshaus in Japan gegründet. In den 1920er- Jahren war noch Hamburg der wichtigste Platz für die deutsch-japanischen Handelsbeziehungen in Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich immer mehr japanische Unternehmen in Düsseldorf an.

Die Nachfrage nach Erzeugnissen der Schwerindustrie war in Japan groß – das Ruhrgebiet, Heimat von Kohle und Stahl, befindet sich nur wenige Kilometer entfernt. Nach und nach kamen japanische Handelshäuser, die ihrerseits Waren verkaufen wollten. 1971 eröffnete schließlich die erste japanische Schule in Düsseldorf. Und auch die japanischen Restaurants und Supermärkte sind laut dem Wirtschaftsminister Nordrhein-Westfalens, Garrelt Duin, "gar nicht mehr wegzudenken aus Düsseldorf".

An der Uferpromenade des Rheins drängen sich die Massen. 750.000 Besucherinnen und Besucher sind zum heurigen Japan-Tag in die Stadt gekommen. Ein Pavillon reiht sich an den nächsten. Japanische Unternehmen präsentieren sich, es gibt Sushi und Nudeln, in einem der Zelte sind Pflanzen ausgestellt. "Ikebana" heißt die japanische Blumensteckkunst. In einem anderen Zelt kann man an einem "Schnellkurs Japanisch" teilnehmen. Ein paar Meter weiter gibt es japanische Bücher zu kaufen, japanische Secondhand-Kleidung, Bilder und Geschirr. Kampfsport-Gruppen zeigen ihre Techniken. Kalligrafen schreiben zur Erinnerung an den Japan-Tag Wörter wie "Frieden", "Leben" oder "Gesundheit" und notieren dazu, was das in der Schönschrift Geschriebene heißt. Und wer möchte, kann sich in einer zeitaufwendigen Prozedur in einen Kimono kleiden lassen. Die Temperaturen schrecken offensichtlich kaum ab: Der Andrang ist enorm.

Kleine Kraniche und Frösche

Etwas schneller bekommt man einen Platz im Origami-Zelt. Wie man kleine Kraniche und Frösche faltet, zeigt den Besuchern unter anderem Eva, die an der Uni Düsseldorf Japanologie studiert. Japanische Zeichentrickfilme seien der Auslöser für das Interesse an dem Land gewesen – genauer gesagt: Die kritischen Kommentare ihrer Mutter zu dieser Art der Unterhaltung hätten dazu geführt, sich als Jugendliche die Filme anzusehen. Nach und nach aber habe sie mehr über Kultur, Geschichte und Sprache Japans erfahren wollen. Heute beschäftigt sie sich wissenschaftlich damit.

Im Origami-Zelt teilt Eva eine Anleitung aus. Wie oft man den Bogen Papier knicken muss, um am Ende ein erkennbares Tier zu haben, ist beeindruckend. Eva erzählt die Geschichte von Sadako Sasaki – jenes Mädchen, das in Folge des Atombombenabwurfs auf Hiroshima an Leukämie erkrankte. Während der Krankenhausaufenthalte stellte Sadako weit mehr als 1000 Kraniche her. Sadako hatte von der Legende gehört, wonach die Götter jenen einen Wunsch erfüllten, die 1000 Origami-Kraniche falten würden. Das Mädchen hoffte, auf diese Weise geheilt zu werden.

Manga und Anime

Vor dem Zelt ist es mit der besinnlichen Stimmung schnell vorbei. Hunderte Fans von japanischen Comics ("Manga") und Zeichentrickfilmen ("Anime") tummeln sich, verkleidet wie eine Manga- oder Anime-Figur, auf der Rheinpromenade. "Cosplay" wird das genannt.

Ein paar Meter weiter freut sich eine junge Frau darüber, dass man sie ansieht. "Ich bin ein Pokémon", sagt sie. Und ihr? "Kleine Dämonen."

Nicht alle sind von den kostümierten Besucherinnen und Besuchern angetan. Die Vielfalt japanischer Kultur habe sich mit all dem Cosplay "schon sehr auf die Popschiene eingeengt", sagt beispielsweise ein Düsseldorfer, der mit einer Japanerin verheiratet ist. "Deswegen muss man nicht gleich aufschreien – aber die Entdeckung anderer japanischer Kultur hält sich damit zunehmend in Grenzen." Das sieht eine weitere Besucherin, Frau eines Japaners, ähnlich.

Pause von dem Trubel verschafft ein Ausflug in den Stadtteil Niederkassel. Dort steht das "EKÖ-Haus", das japanische Kulturzentrum, mit japanischen Gärten, einem buddhistischen Tempel und einem Haus in traditionellem Baustil mit traditionellem Teeraum. Bis zum angekündigten Höhepunkt des Japan-Tages ist ohnehin noch Zeit. Um 23 Uhr soll es mit dem Feuerwerk losgehen, für das eigens die Feuerwerkskünstler Hideki Kubota und Katsunari Mukai nach Düsseldorf gekommen sind. Das diesjährige Motto: "Bäume, Blumen, Tiere –die Welt der Natur".

Informationen unter: japantag-duesseldorf-nrw.de; Nächster Japan-Tag: 20. Mai 2017

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