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Viel zu wenig Krebs-Früherkennung in Österreich

Von nachrichten.at/apa, 09. Oktober 2024, 20:41 Uhr
Expertentipps zur Vorsorge Mammographie
Brustkrebs-Früherkennung durch regelmäßige Mammographie () Bild: colourbox.de

WIEN. Jährlich erhalten in Österreich rund 40.000 Menschen eine Krebsdiagnose. Doch viel zu oft erfolgt das viel zu spät und erst in einem unheilbaren Spätstadium.

Bei Brustkrebs und Dickdarmkrebs nehmen viel zu wenige Menschen an den Früherkennungsuntersuchungen teil. In der Lungenkarzinom-Früherkennung ist Österreich im Vergleich zu anderen Ländern seit Jahren säumig, erklärten am Mittwoch Experten bei den Praevenire Gesundheitstagen in Eisenstadt.

Die moderne Medizin feiert gerade bei den Karzinomerkrankungen seit Jahren ständig Erfolge. Der Wiener Chirurg und Präsident der österreichischen Brust- und Darmkrebs-Studiengruppe (ABCSG) Michael Gnant: "Die gute Nachricht: Wir sind beim Brustkrebs ziemlich gut geworden." 95 Prozent der Frauen mit dieser Diagnose leben nach einem Jahr, 90 Prozent nach drei Jahren, 80 Prozent nach zehn Jahren. Die Brustkrebssterblichkeit ist in den vergangenen 25 Jahren um ein Drittel gesunken."

Mammografie: "Keiner geht hin"

Doch auch hier wären in Österreich Verbesserungen möglich. "Wir haben ein wunderbares Brustkrebs-Früherkennungsprogramm. Aber keiner geht hin. Nur 41 Prozent der (zur Mammografie; Anm.) eingeladenen Frauen nehmen das wahr. In den skandinavischen Ländern sind es 80 Prozent", kritisierte die Bundesleiterin der ÖVP-Frauen, Juliane Bogner-Strauss.

Im Burgenland wurde bereits vor vielen Jahren ein Dickdarmkrebs-Früherkennungs- und Vorsorgeprogramm etabliert. Doch bei den jährlichen Gratis-FIT-Stuhltests (Untersuchung auf Blut im Stuhl als Warnsignal; Anm.) betrug bisher die Rücklaufquote nur 36 Prozent. Trotzdem zeigte sich, dass man bei Darmspiegelungen nach FIT-Test-Verdacht deutlich mehr Karzinome auffinden kann.

Dr. Peter Schrenk

Leiter Brustkompetenzzentrum, KUK
Eine von acht Frauen erhält im Laufe ihres Lebens die Diagnose Brustkrebs. Damit es gar nicht erst soweit kommt, sprechen wir im Podcast mit Peter Schrenk, Leiter des Brustkompetenzzentrums am Linzer KUK.

"Dann ist Heilung nicht mehr möglich"

Weiterhin werden aber in Österreich die meisten Darmkrebs-Diagnosen viel zu spät gestellt. Statt bei breiter Beteiligung der Bevölkerung an der Koloskopie-Vorsorgeuntersuchung ab dem Alter von 45 Jahren alle zehn Jahre durch Entfernung von verdächtigen und noch gutartigen Darmpolypen Krebs überhaupt zu verhindern, stellt sich die Sachlage ganz anders dar. Die Wiener Expertin Katayoun Tonninger-Bahadori (Ärztekammer Wien): "Wir haben Koloskopie-Früherkennungs-Teilnahmeraten von 16 bis 33 Prozent. Zwischen 2017 und 2019 erfolgten in Österreich 60 Prozent der Darmkrebsdiagnosen erst in den Stadien III und IV." Dann ist eine heilende Behandlung zumeist nicht mehr möglich.

Immer mehr zu einem Skandal wächst sich in Österreich die Situation rund um den Killerkrebs Lungenkarzinom aus. Vor rund 20 Jahren zeigte eine erste große US-Studie, dass man mit einer jährlichen Low-Dose-Computertomografie unter langjährigen starken Rauchern durch frühere Erkennung von Bronchuskarzinomen die Sterblichkeit um 20 Prozent senken kann. Doch im Gegensatz zu Ländern wie den USA, Deutschland, Polen und Kroatien existiert in Österreich noch nicht einmal ein Pilotversuch zu diesem Thema. Dabei erkranken jedes Jahr (Neudiagnosen) rund 5.200 Menschen an einem Lungenkarzinom, etwa 4.000 der Betroffenen sterben.

"Würde sich auch wirtschaftlich rechnen"

Der Wiener Pneumologe Arschang Valipour (Klinik Floridsdorf): "Eine solche Low-Dose-CT-Früherkennungsuntersuchung dauert zehn Sekunden. Mittlerweile konnte mit solchen Programmen bei den Betroffenen die Gesamtmortalität (alle Ursachen; Anm.) bereits um 48 Prozent und die Lungenkrebs-Sterblichkeit um 45 Prozent gesenkt werden."

Durch die Versäumnisse in Österreich wird Lungenkrebs noch immer in 47 Prozent der Fälle im Spätstadium IV mit Metastasen und klassisch unheilbar diagnostiziert. 27 Prozent der Betroffenen erhalten diese Diagnose im Stadium III und mit sehr beschränkten Heilungsaussichten. Nur ein Viertel der Patienten hat das Glück - oft nur durch Zufall im Rahmen einer CT-Untersuchung mit anderem Grund -, mit einer Diagnose in den Stadien I und II gute Chancen auf Wiedergewinnung der Gesundheit zu bekommen."

Dabei würde sich eine Verschiebung des Anteils der Lungenkarzinom-Diagnosen vom Spätstadium in die Phasen mit Heilungschancen auch wirtschaftlich extrem gut "rechnen", abseits von Todesfällen und Leid. Eine belgische Studie hat die Behandlungskosten für einen Lungenkarzinom-Patienten im Stadium IV für ein Jahr mit rund 88.000 Euro berechnet. Im Stadium I lagen sie mit kurativem Behandlungsansatz für ein Jahr bei 11.400 Euro.

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4  Kommentare
4  Kommentare
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LiBerta1 (4.294 Kommentare)
am 11.10.2024 08:35

In unserem Gesundheitssystem reicht die Kapazität hinten und vorne nicht, um Menschen mit oft schwerwiegenden manifesten Symptomen zu diagnostizieren und zu behandeln. Man hört, dass es teilweise monatelange Wartezeiten gibt und Menschen sterben, bevor sie einen Behandlungstermin bekommen. Aber für Vorsorgeuntersuchungen ganz ohne Symptome gibt es genug Kapazität. Welche Logik steckt da dahinter?

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flicflac70 (49 Kommentare)
am 10.10.2024 17:06

Da hilft das beste Vorsorge-System nichts, wenn keiner hingeht, aber dann nachher jammern und klagen … Typisch Österreich! In anderen Ländern haben sie keine Voll-Kasko-Mentalität und kümmern sich selbst um ihre Gesundheit, bei uns wartet man auf die Beschwerden!

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NeujahrsUNgluecksschweinchen (30.425 Kommentare)
am 09.10.2024 21:25

Wir sind noch immer Totalschaden-Reparatur-Gesundheitssystem. Für Vorsorge und rechtzeitige Diagnosen ist hingegen kein Geld da, obwohl es - abgesehen vom Leid - wesentlich billiger wäre.

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tulipa (3.762 Kommentare)
am 10.10.2024 11:33

und dort wo es da ist (Brustkrebs-Screening, Darmkrebs-Screening) machen die Leute nicht mit, weil sie zu bequem, zu besserwisserisch oder zu feig sind.

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