Wie ein skrupelloser Familien-Clan Millionen Amerikaner süchtig machte
Mit dem starken Schmerzmittel Oxycontin trieb ein US-Pharmaproduzent Hunderttausende Menschen in den Tod. Die neue Netflix-Serie "Painkiller" erzählt die tragischen Ereignisse nach.
Die Opioid-Epidemie hat in den USA in den vergangen zwei Jahrzehnten zu fast einer halben Million Toten geführt. Opioide sind zum Teil synthetisch hergestellte Arzneimittel mit unter anderem schmerzlindernden Eigenschaften. Sie bergen jedoch auch enorme Abhängigkeitsrisiken und hohes Missbrauchspotenzial.
In "Painkiller" erzählt Regisseur Peter Berg die Anfänge der Gesundheitskrise, die Ende der 90er-Jahre ihren Ausgang nahm. Die sechsteilige Miniserie basiert auf dem gleichnamigen Buch von Barry Meier und dem im "The New Yorker" erschienenen Artikel "The Family That Built an Empire of Pain“ von Patrick Radden Keefe. Im Zentrum der Netflix-Serie steht der Chef von Purdue Pharma, Richard Sackler (Matthew Broderick). 1996 hatte die Firma ein bahnbrechendes Medikament auf den Markt gebracht, ein Opiumderivat namens Oxycontin. In aggressiven Marketingkampagnen wurde das hochwirksame Schmerzmittel als revolutionär für die Behandlung chronischer Schmerzen angepriesen.
Oxycontin entwickelte sich zu einem der größten Bestseller in der Geschichte der Pharmaindustrie und generierte Einnahmen in der Höhe von rund 35 Milliarden Dollar. An die Eigentümer-Familie sollen in einem nicht näher genannten Zeitraum zwischen zwölf und 13 Milliarden Dollar ausgeschüttet worden sein, ging aus einem Bericht hervor. Der Name Sackler prangte an Museen, Universitäten und Krankenhäusern auf der ganzen Welt.
"Einer der schlimmsten Fehler"
Die dramatischen Folgen für Millionen Amerikaner versuchte Purdue Pharma allerdings zu vertuschen. Das übermäßige Verschreiben sowie der unerlaubte Verkauf der Schmerzmittel führte dazu, dass in Nordamerika die Zahl der Menschen, die an Opioid-Überdosen sterben, in die Höhe schnellt. Purdue wird vorgeworfen, mit Oxycontin ein Wegbereiter der Epidemie und Drogenkrise gewesen zu sein. David Kessler, damaliger Vorsitzende der US-Arzneimittelbehörde FDA, erklärte die Zulassung des Schmerzmittels später zu einem "der schlimmsten medizinischen Fehler“.
Städte, Gemeinden, US-Bundesstaaten, Indianer-Nationen, Krankenhäuser und andere Parteien in den USA reichten insgesamt mehr als 2600 Klagen gegen Purdue ein. 2019 meldete das von Richard Sackler geführte Unternehmen Insolvenz an. Der Skandal hat den lange vor allem für sein Mäzenatentum bekannten Familien-Clan schwer in die Kritik gebracht. Große Museen wie das Metropolitan Museum in New York, die Tate Modern in London und der Louvre in Paris beendeten die Zusammenarbeit mit der Familie.
Im Oktober 2020 schloss das Purdue einen umstrittenen Vergleich mit der US-Regierung, der ein Volumen von 8,3 Milliarden Dollar hat, unterm Strich jedoch viel geringer ausfallen dürfte. Purdue hatte im September 2019 Gläubigerschutz beantragt - Kritiker sahen darin ein Manöver, um sich aus der Verantwortung zu ziehen. Der Insolvenzplan sah vor, dass die Firma in eine Stiftung überführt wird und künftige Einnahmen zur Linderung der Schmerzmittelkrise verwendet werden. Die Sacklers sollten keine Kontrolle und gleichzeitig Immunität vor zukünftigen zivilrechtlichen Forderungen haben. Im Dezember 2021 kippte jedoch ein New Yorker Gericht diesen Deal. Die Familie Sackler werde sich nun "dem Schmerz und der Zerstörung" stellen müssen, die sie verursacht habe, sprach der Generalstaatsanwalt des Bundesstaates Connecticut, William Tong, damals von einem "Sieg für die Gerechtigkeit". Der Konzern kündigte darauf Berufung an.
Zu Beginn jeder Episode von "Painkiller" kommen wahre Betroffene zu Wort - Menschen, die Töchter und Söhne an Oxycontin verloren haben und deren Leben von der Sackler-Droge zerstört wurden.
Amischmarrn.